Neue IADB-Kredite, neue Schulden, anhaltender Ausschluss
Fijáte 382 vom 4. April 2007, Artikel 3, Seite 4
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Neue IADB-Kredite, neue Schulden, anhaltender Ausschluss
Guatemala, 23. März. Neue Kredite in Höhe von US-$110 Mio. für das nationale Krankenhausnetz, für ein Justizprogramm und ein Entwicklungsprogramm für das Departement Petén sind es, die Guatemala bei der vom 16.-20. März im Land veranstalteten 48. Versammlung der Regierenden der Interamerikanischen Entwicklungsbank (IADB) abgestaubt hat. Zudem wurden US-$ 40 Mio. zur Kapitalanreicherung der Ländlichen Entwicklungsbank (Banrural) zu Gunsten von vermehrten Kleinkrediten und US-$10 Mio. für die Banco Agromercantil zur Unterstützung von Kleinen ExporteurInnen zugesagt. Anstelle eines erhofften Schuldenerlasses, für den Guatemala die Kriterien nicht erfüllt, wurde dem Land der Zugang zu günstigeren Kreditkonditionen gewährt und zahlt zukünftig 4,5% anstelle von 6% Zinsen für Darlehen über US-$ 100 Mio. Demgegenüber wurden Bolivien, Guyana, Haiti, Honduras und Nicaragua Schulden von insgesamt US-$ 4,39 Mrd. erlassen. Der Star dieser Tage, die anwesende Präsidentin Chiles, Michelle Bachelet, sagte eine bilaterale Unterstützung Guatemalas in Sachen Sicherheit und ein in voraussichtlich drei Monaten zu unterschreibendes Freihandelsabkommen zu und regte für die zentralamerikanische Region die Einrichtung eines Fonds für technologische Innovation an, der mit US-$ 400 Mio. aus Chile und 800 Mio. von der IADB gefüllt wird. Unterdessen wählte Deutschland Guatemala als Pilotland für die Schaffung eines Marktes für ökologische Brennstoffe wie Ethanol und Biodiesel aus und will dabei mit technischer Beratung wie finanzieller Unterstützung zur Seite stehen, berichtete der Finanzminister Hugo Beteta. Guatemala ist das fünfte Zuckerexportland und verfügt über sechs Raffinerien, die täglich 720´000 Liter Ethanol produzieren. Laut Beteta hat Brasilien bereits Investitionsinteresse angemeldet, um Guatemala als Ethanol-Produktions- und Exportdrehscheibe in Richtung USA zu nutzen. Die IADB zieht nun nach und wird US-$ 400´000 in Machbarkeitsstudien für kleine und mittlere Wasserkraftwerke finanzieren. Und der Delegierte der Europäischen Kommission in Guatemala kündigte an, dass diese € 5 Mio. für Sonnenenergieprojekte in ländlichen Gegenden ausgeben wird. Auch China will nicht hintanstehen. So wurde auf der Versammlung dessen Antrag diskutiert, sich als Aktionär an der IADB zu beteiligen. Immerhin wurde nun ein Memorandum aufgestellt, dass der formale Gesprächsprozess diesbezüglich aufgenommen wird. Eine andere Initiative hingegen erntete geteilte Meinungen: Die Bank des Südens, ein Vorhaben, das von Venezuelas Präsident Hugo Chávez als Gegengewicht zu den Finanzinstitutionen aus Washington (Weltbank und Internationaler Währungsfond) angekündigt wurde. Während Brasiliens Planungsminister Paulo Bernardo Da Silva berichtet, sein Land habe dem Projekt "seine Solidarität ausgedrückt" und sich mit dieser Haltung zu Argentinien, Bolivien, Ecuador und wahrscheinlich Nicaragua gesellt, nahm der mexikanische Aussenminister Ernesto Derbez die Gegenposition ein und ist der Ansicht, dass die Länder, die die Idee unterstützen, "nicht von Integration sprechen können", da es "ein politisches Projekt" eines Regierenden sei, womit er auf Chávez anspielte. Der aus Kolumbien stammende Präsident der IADB, Luis Alberto Moreno, übte sich indes in Diplomatie mit seinem Kommentar, dass das Fördern oder Aufhalten der Bank des Südens "eine souveräne Entscheidung der Länder ist, die sie gründen wollen". Auch wenn die Bank die IADB nicht ersetzen will, wird sie doch enormen Druck auf die Zinssätze ausüben und die interessierten oder auch bedürftigen Länder werden mehr als eine Bankoption für ihre Darlehensanfragen haben. Die Bank des Südens geniesst dabei den Pluspunkt, konkret zur lateinamerikanischen Integration beizutragen - halten doch die USA 30% der IADB-Aktien. Nach oben |
Auch das in Lateinamerika leidliche Thema der Notwendigkeit, die Steuereinnahmen zu erhöhen und zu garantieren, blieb nicht unerwähnt. Die designierte Präsidentschaftskandidatin für das Encuentro por Guatemala, Rigoberta Menchú, die in ihrem Beitrag in einem Kolloquium die Einmischung des organisierten Verbrechens vor allem in Form des Drogenhandels in den guatemaltekischen Regierungsstrukturen hervorhob, nahm ebenfalls auf das Thema Fiskus Bezug. Sie erinnerte daran, dass entgegen der Festlegung der Mehrwertsteuer auf 12% in den Friedensverträgen diese aktuell die 10%-Marke nicht übersteige. Der Geschäftsführer des Multilateralen Investitionsfonds (FOMIN) der IADB, Donald Terry, warnte zudem davor, die Sendung von Geldrücküberweisungen ("remesas") der von lateinamerikanischen MigrantInnen vornehmlich aus den USA in ihre Heimatländer geschickt werden, als nachhaltiges Instrument gegen die Armut und extreme Armut zu betrachten und sich auf diese Gelder zu verlassen, die derzeit rund 40% der lateinamerikanischen Bevölkerung vor dem Elend bewahren. Mit US-$ 3,61 Mrd. führt Guatemala die zentralamerikanische remesa-Empfängerliste an, was 10% seines BIP entspricht. Ferry kommentiert: "Dieses Wachstum ist kein Grund zum Feiern, es reflektiert vielmehr die unzureichende Fähigkeit der Wirtschaftssysteme der Region, Möglichkeiten der Einnahmequellen für Millionen von EinwohnerInnen zu schaffen, die sich infolgedessen für die Emigration entscheiden. Schon im Vorfeld hatten Organisationen der Zivilgesellschaft die Delegierten der IADB - rund 4´000 aus 50 Ländern an der Zahl - aufgefordert, ihre Politik zu überdenken, würden doch mit ihren vermeintlichen Entwicklungsprogrammen zum einen der Privatsektor und zum anderen der Neoliberalismus an sich gefördert, stets auf Kosten der Ärmsten und der Natur. Die Zusammenschlüsse Mesa Global, der vornehmlich studentische Anti-Imperalismus-Block und die Vereinigung für die Förderung und Entwicklung der Gemeinde (CEIBA) veranstalteten zudem das "Alternativ-Forum zum IADB-Treffen in Guatemala", auf dem sie zusätzlich die erneute Verschuldung der von der Bank bedachten Länder kritisierten, was wenig zur vordergründigen "Entwicklung" derselben beitrage. Der deutlichste Widerspruch zum angeblichen Motto der Versammlung des Sozialen Einschlusses und der Eliminierung der Diskriminierung, was Präsident Berger mit einem Zitat aus dem heiligen Buch der Maya, dem Popul Vuj "dass niemand zurückbleibe, dass alle sich erheben", heraufbeschwören wollte, war der explizite Ausschluss von fünf prominenten VertreterInnen der Zivilgesellschaft. Aus "Sicherheitsgründen" - so entschied die guatemaltekische Regierung und die Versammlungsdelegierten erhoben keinen Einspruch - wurden dem guatemaltekischen Bischof aus San Marcos, Álvaro Ramazzini, dem Koordinator und der Sekretärin der Maya-Organisation Waq'ib Kej, Rodolfo Pocop und Juana Mulul respektive, Juana Batzibal, Programmleiterin für indigene Angelegenheiten des Menschenrechtszentrums CALDH, sowie Oscar Cabrera der BäuerInnenkoordination CONIC der Zutritt zu einer öffentlichen Pressekonferenz der IADB verwehrt. Die IADB kann längst nicht mehr leugnen, dass ihre Politiken der strukturellen Anpassung gescheitert sind und sich die weltweite Realität inzwischen soweit verändert hat, dass die Bank von ihrer Pfandleihermentalität abkommen muss und sich um mehr Beteiligung und den tatsächlichen Kampf gegen die Armut widmen sollte. Jetzt müssten den Worten nur noch Taten folgen. Die 48. Gelegenheit dafür ist jedoch vertan. |
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