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Neue Enthüllungen im CICIG-Roman

Fijáte 390 vom 1. August 2007, Artikel 2, Seite 3

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Neue Enthüllungen im CICIG-Roman

In einer ganz anderen Ecke ging hingegen eine Bombe hoch, deren Auswirkungen weniger als 40 Tage vor den VGPräsidentschaftswahlenNF nicht abzuschätzen sind. Auf dem Spiel steht eindeutig die bislang souverän verteidigte Pool-Position auf der Liste der WählerInnengunst von Álvaro Colom. Hatte Colom in seiner Wahlkampagne bislang vehement versichert, die CICIG zu unterstützen und dem organisierten Verbrechen den Garaus zu machen, wenn er an die Macht komme, waren es just die Stimmen der zwei der Kommission angehörenden und anwesenden UNE-Abgeordneten César Fajardo und Jorge Girón, die ebenfalls gegen die CICIG stimmten.

Und auf ersteren stürzte sich nun die Aufmerksamkeit, ist er schliesslich nicht nur persönlicher Vertrauter von Colom sondern auch stellvertretender Generalsekretär der Partei, deren Vertreter vor dem Höchsten Wahlgericht (VGTSENF), und er steht an zweiter Stelle der nationalen Liste für die Kongressabgeordneten. Colom und Fajardo wiesen gleich darauf hin, dass die Stimmen als persönliche und nicht parteirepräsentative abgegeben worden waren, Fajardo wollte als Anwalt und "ehrsamer Mann" seine Zweifel an der Verfassungsrechtlichkeit nicht unterdrücken.

Von der Öffentlichkeit wurde zunächst die Führungspersönlichkeit Coloms in Frage gestellt, nach dem Motto, wie er denn ein Land regieren und gar gegen Widerstände vorgehen wolle, wenn er noch nicht einmal seine eigene Partei in wesentlichen Momenten unter Kontrolle habe. Und dann machte VGOscar Clemente MarroquínNF, Direktor der Tageszeitung VGLa HoraNF, ein neues Fass auf und brachte Fajardo in Verbindung mit dem Attentat, das im letzten Jahr auf seinen Sohn VGJosé Carlos MarroquinNF verübt worden war. Dieser ist Strategiechef der UNE und somit von Coloms Wahlkampagne. Bei dem Überfall hatten fünf vermummte Personen das Wohnhaus von José Carlos unter Maschinengewehrbeschuss genommen und zwei seiner auf der Strasse parkenden Autos in Brand gesteckt.

Die offiziellen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft sind kaum vorangeschritten, ZeugInnen identifizierten jedoch die sich in einer Seitenstrasse die Masken abnehmenden Männer, die José Carlos widerum dem VGMilitärNF zuordnen konnte. Er stellte die Tat in Zusammenhang mit seinem Erfolg, zwei ehemalige Militärs aus dem Team der Bodyguards von Colom entfernt zu haben, die bereits unter Portillo gedient und mittels Untersuchungen der US-Botschaft dem organisierten Verbrechen zugerechnet wurden. Deren Liste war Colom im Frühjahr 2006 vorgelegt worden. Genau die als Attentäter auf José Carlos erkannten Männer befeierten letztes Jahr César Fajardo in dessen Haus zu seinem Geburtstag. Und Colom soll all diese Informationen gehabt haben, versuchte aber noch jetzt sich herauszureden, er könne schliesslich nichts machen, wenn keine handfesten Beweise vorlägen. - Inzwischen ist Fajardo von seinen UNE-Posten suspendiert, bis sich der Fall klärt; seine Kandidatur behält er indes bei.

Als Gegenbeweis seiner angeblichen Führungsschwäche wies Colom darauf hin, dass seine zwei Männer in der Kommission auf sein Geheiss hin sofort ihre Nein-Stimmen zurückgezogen hätten. Überhaupt würde es sich bei all diesen Vorwürfen um ein schwarze Kampagne gegen ihn handeln, angeführt von denjenigen, die tatsächlich vom organisierten Verbrechen durchwachsen seien. Damit wendete er sich an VGOtto Pérez MolinaNF, den Kandidaten der VGPatriotischen ParteiNF, der mit etwas Abstand hinter Colom auf der Gunstliste rangiert und sich zu den UNE-Enthüllungen geäussert hatte.

Nachdem auch der Vertreter der Einheit des Nationalen Zentrums (VGUCNNF) seine Meinung geändert hat und nur noch 10 Stimmen gegen die CICIG vorliegen, wird das Vorhaben nun dem Kongress übergeben, der drei Möglichkeiten hat, damit umzugehen: Mit 80 Stimmen kann er beschliessen, die Initiative in dieselbe Kommission zum erneuten Votum zurückzugeben oder eine andere Kommission damit beauftragen. Mit 105 Stimmen hingegen kann er selbst mit nationaler Dringlichkeit das Vorhaben billigen.

Gleich beeilten sich die jeweiligen Parteivorsitzenden zu versichern, am Mittwoch mit all ihren Leuten im Kongress aufzuwarten und die CICIG zu verabschieden bzw. Gegengewicht zur FRG und der das Nein unterstützenden PAN zu leisten.

Während der Druck von Seiten der nationalen Zivilgesellschaft und sozialen Organisationen sowie der internationalen Gemeinschaft auf den Kongress anhält, dass dieser sich für die CICIG ausspreche, bleiben trotz der unbestrittenen und dringenden Notwendigkeit dieser Kommission leichte Schatten über dem Ganzen hängen, die bei ihrer tatsächlichen Einrichtung möglicherweise negative Folgen mit sich bringen:

- Was kann beispielsweise die CICIG mit aller Unterstützung der Staatsanwaltschaft und ihren Berichten an die UNO ausrichten, wenn die nationalen Strafverfolgungsinstitutionen einfach nicht funktionieren?

- Welche Konsequenzen bringen die US-amerikanischen Versprechungen mit sich, als CICIG-Belohnung das Militärembargo aufzuheben?

- Und welche Rolle und ernsthafte Verpflichtung von Seiten der Parteien kommt der funktionierenden CICIG zu, die jetzt eindeutig zu einem Wahlpolitikum geworden ist?

Gleichzeitig ist jedoch auch Hellen Mack beizupflichten, laut der es im Grunde keinen idealen Zeitpunkt für die Verabschiedung gebe, diese aber jetzt über die Bühne gehen sollte, da sich die nächste Regierung dem Vorhaben gegenüber völlig entgegen stellen wird.


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