27 Jahre nach dem Brand der Spanischen Botschaft
Fijáte 378 vom 7. Februar 2007, Artikel 5, Seite 4
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27 Jahre nach dem Brand der Spanischen Botschaft
Guatemala, 02. Feb. Mitte Januar 1980 versuchte eine Gruppe von BäuerInnen aus dem Departement Quiché über die Zeitungen des Landes die Situation, in der sie in zahlreichen Gemeinden lebten, publik zu machen, dort, wo sich die Guerilla organisiert hatte und das Militär darauf mit massloser Gewalt reagierte. Doch, so erinnert sich Óscar Clemente Marroquín, damaliger Chef der Tageszeitung Impacto, heute der La Hora, aufgrund der auch in der Hauptstadt verbreiteten und in diesem Fall im Impacto direkt erlittenen Repression, die Gruppe wurde überall unverrichteter Dinge abgewimmelt. Tage später, am 31. Januar, besetzten die BäuerInnen schliesslich die Spanische Botschaft und verbrannten, gemeinsam mit einigen Botschaftsangestellten, bei lebendigem Leibe, hatte das Militär das Gebäude doch eingekesselt und direkt in Brand gesetzt. Und selbst nach 27 Jahren fehlt es nicht an Polemik angesichts dieses Massakers. So soll der damalige spanische Botschafter, Máximo Cajal aus der Situation eine Falle gestellt und einige Persönlichkeiten des Nationalen Forums eingeladen haben, um durch deren Präsenz die Dramatik der Besetzung zu steigern. Andere stellen die Befehlsgebung für den militärischen Angriff durch hohe Staatsränge in Frage und bezeichnen das Geschehene als eine Kette unkontrollierter unglücklicher Ereignisse. Die bis heute andauernde Straflosigkeit lässt aber tatsächlich diejenigen lachen, die die Verantwortung der Guerilla zuschreiben. Umso bedeutender sind einige Abschnitte der so genannten Akte von Bogotá oder Akte von Kolumbien, die Miguel Angel Sandoval in einem entsprechenden Artikel zitiert. Das Dokument gilt als Verpflichtungserklärung für die Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen zwischen Spanien und Guatemala von vor einigen Jahren. Punkt zwei der Akte besagt: "Die Regierung von Guatemala wiederholt ihr tiefes Bedauern der tragischen Ereignisse vom 31. Januar 1980 in der Botschaft von Spanien, anlässlich des ihr gegenüber verübten Hausfriedensbruchs". Im Abschnitt drei steht: "Die Regierung von Guatemala erkennt an, dass das Geschehene eine Verletzung der Artikel 22 und 29 der Konvention von Wien darstellt und dementsprechend akzeptiert sie in Bezug auf Spanien, die Ergebnisse und juristischen Konsequenzen, die daraus entstehen können. Soweit das Geschriebene. Immerhin hat das Nationale Entschädigungsprogramm (PNR) aufgrund des staatlichen Eingeständnisses der Verantwortung angekündigt, in Kürze den Familien der 37 Opfer des Botschaftsmassakers eine Entschädigungssumme von je rund US-$ 3´000 auszuzahlen, doch dies folgt geografischen Kriterien und geht an diejenigen Angehörigen, die ihre entsprechenden Papiere vollständig eingereicht haben, eine spezielle Zeremonie zum Gedenken des Botschaftsbrandes ist nicht vorgesehen, informiert PNR-Leiterin Rosalina Tuyuc. Nach oben |
Rigoberta Menchú, deren Vater in der Spanischen Botschaft ums Leben kam und die 1999 in der Spanischen Audienz Klage gegen damalige Mandatsträger wegen des Brandes der Botschaft, Genozids, aussgerichtlicher Hinrichtungen, Folter und Terrorismus eingereicht hatte, lehnt "eine Entschädigung, die darauf abzielt, mich zu demütigen und mich zu erpressen, damit ich meinen Mund halte", strikt ab. "Es muss eine umfassende Aktion geben, mit Justiz und Verurteilung der Verantwortlichen", so die Nobelpreisträgerin. Und tatsächlich scheint wieder etwas Bewegung in den Prozess gegen insgesamt sieben Angeklagte des Völkermordes gekommen zu sein. (siehe ¡Fijáte! 374). Die zahlreichen, von diesen eingereichten Verfassungsbeschwerden und Einsprüche sind nämlich inzwischen allesamt abgewiesen. Die Argumente basierten im Wesentlichen auf drei Aspekten: der gleich nach dem Konflikt erklärten Amnestie für involvierte Staatsleute, der "Souveränität" Guatemalas in Sachen Justiz und formalen Details des Verfahrens in Bezug auf die Zusammenfassung der Anklage wegen des Botschaftsbrandes und den Verbrechen des Völkermordes. Derzeit scheint eine gerichtsinterne Zuständigkeitsverweigerung das Fortkommen aufzuhalten, ist wohl aber bald aus dem Weg geräumt. Zwischendurch ging wieder einmal das schliesslich widerlegte Gerücht um, der ebenfalls gesuchte damalige Innenminister Donaldo Álvarez Ruiz sei diesmal - nach einer vermeintlichen Verhaftung in den USA im Juni 06 - in Panama aufgegriffen worden. Währenddessen hat sich der ehemalige Polizeichef Germán Chupina, der seit seiner Verhaftung im November auf der gefängniseigenen Krankenstation weilt, nach einer zeitweiligen Verlegung zwecks OP in ein Privatsanatorium, dazu bereit erklärt, sich der Justiz zu stellen. Und nun wird es wohl auch für Efraín Ríos Montt immer schwieriger, weiterhin dem Prozess zu entkommen, hat Spanien doch nach den internationalen Haftbefehlen, in die der ehemalige Präsident nach erster Unterlassung auch einbezogen wurde, Ende Dezember nun einen Auslieferungsantrag der Angeklagten an Guatemala gestellt. "Eine Herausforderung für die Justiz des Landes", meint Ruth del Valle von der Nationalen Menschenrechtsbewegung. "Jetzt ist Guatemala dazu verpflichtet, den Auslieferungsantrag anzuhören und muss seinen Willen demonstrieren, damit der Fall gelöst wird". |
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