AltamerikanistInnen vs. Apokalypto
Fijáte 377 vom 24. Jan. 2007, Artikel 8, Seite 5
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AltamerikanistInnen vs. Apokalypto
Dass "historische" Hollywoodfilme es mit der Geschichte meistens nicht so genau nehmen ist ja allgemein bekannt, doch der neue Gibson Film übertrifft mal wieder alles, aber war es uns zumindest Wert einige Sachen aus wissenschaftlicher Sicht richtigzustellen. Als StudentInnen der Altamerikanistik/Ethnologie an der Universität Bonn distanzieren wir uns von Inhalt und Zielsetzung des Hollywood Kinofilms Apocalypto, in dem der Regisseur Mel Gibson vorgibt, die klassische Maya-Kultur "authentisch" zu präsentieren. Zunächst muss festgestellt werden, dass die Darstellung im Film weitgehend nicht den historischen Tatsachen entspricht. Weiterhin sehen wir die Gefahr, dass durch die Ausstrahlung von Apocalypto in Lateinamerika der ohnehin schon vorhandene Rassismus den heute lebenden Maya gegenüber neuen Nährboden findet. Mel Gibson beschränkt sich in seiner Darstellung der klassischen Maya auf eine Vielzahl aufeinander folgender Gewaltszenen und versäumt es gänzlich diese in einen politischen sowie religiösen Kontext zu stellen. Dies gilt sowohl für die Inszenierung kriegerischer Überfälle als auch für das Durchführen ritueller Blutopfer.. Vielmehr basieren in Apocalypto jene Handlungen auf dem willkürlichen Konstrukt eines Gut-Böse Schemas. Kulturell herausragende Errungenschaften der klassischen Maya wie hoch entwickelter Architektur und Kunst, einer komplexen Hieroglyphenschrift sowie eines Kalendersystems auf Basis sehr genauer astronomischer Berechnungen finden in Mel Gibsons Darstellung keinen Platz. Solche Formen der Disqualifizierung verhelfen dem/der KinobesucherIn zu einem Bild der Maya als kulturloses und primitives Volk. Die Art und Weise wie Mel Gibson die Maya in seinem Film darstellt, erinnert an schlimmste rassistische Propagandafilme des 3. Reiches wie z.B. "Der ewige Jude", wo den dargestellten Menschen alles Humane abgesprochen wird. Die Freiheit der Kunst, auf die sich Gibson gegenüber seinen KritikerInnen berufen könnte, hat eindeutig ihre Grenzen, wenn diese auf Kosten der im Film dargestellten Maya missbraucht wird. Mit der Ankunft der spanischen Eroberer zum Ende des Films assoziiert Gibson einen Ordnung bringenden Neuanfang wodurch die Kolonialisierung letztlich gerechtfertigt wird. Die heute in Mexiko, Guatemala, Belize, Honduras und El Salvador lebende Maya- Bevölkerung (ca. 8 Mio), ist nach wie vor Rassismus und Ausgrenzung ausgesetzt. Nach oben |
Der erst im letzten Jahrzehnt beendete 30jährige Bürgerkrieg in Guatemala und der damit einhergehende Völkermord an der einheimischen Mayabevölkerung ist hierfür ein schreckliches Beispiel. Die Ausstrahlung von Apocalypto vor Ort wird es den Maya nachhaltig erschweren, sich auf eine ihnen würdige Geschichte berufen zu können. Der Arbeit vieler Organisationen und WissenschaftlerInnen, die die Maya in Zukunft endlich als gleichwertige Mitglieder der Gesellschaft in den mittelamerikanischen Staaten etablieren wollen, werden mit Apocalypto Steine in den Weg gelegt. Studierende der Altamerikanistik/Ethnologie an der Universität Bonn http://de.indymedia.org/2006/12/164681.shtml |
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