"Wir sind weder Zahnpasta noch Seife"
Fijáte 390 vom 1. August 2007, Artikel 1, Seite 1
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"Wir sind weder Zahnpasta noch Seife"
Dies die Antwort des Präsidentschaftskandidaten der linken Partei
Miguel Angel Sandoval begann seine politische Karriere als StudentInnenführer und trat in den 60er Jahren der revolutionären aufständischen Bewegung bei. Er war Mitgründer des
Wir veröffentlichen im folgenden Ausschnitte aus zwei Interviews mit Sandoval, die am 5. bzw. 15. Juli im Frage: Wie sieht das Regierungsprogramm von URNG-MAIZ aus? Miguel Angel Sandoval: URNG-MAIZ setzt acht Prioritäten: Eine würdevolle Arbeit und einen gerechten Lohn; eine Landreform; der Ausbau des Bildungswesens und eine kostenlose
Frage: Was ist eine würdevolle Arbeit? Ein Job in einer
In Guatemala werden die Arbeitsrechte nicht respektiert, am wenigsten in den Maquilas und auf den Fincas. Der Frage: Sie schlagen also die Enteignung und Neuverteilung von Land vor? MAS: Dies allein wäre eine sehr kurzsichtige Vision. Eine Landreform muss die Fragen von Landbesitz, von Krediten und Technologie, aber auch von garantierten Märkten und Preisen enthalten. Ansonsten geschieht, was geschehen ist: Man gibt den Leuten Land, aber ohne finanzielle Unterstützung, ohne Know-How und ohne Märkte und garantierte Abnahmepreise gehen entweder die Ernten wegen Schädlingen oder falscher Pflege verloren, oder weil man keinen Absatzmarkt findet bzw. gezwungen ist, zu Dumpingpreisen zu verkaufen. Eine Landreform, wie wir sie vorschlagen, konzentriert sich stärker auf den lokalen Markt und darauf, den Dienstleistungs- und Finanzierungssektor für diesen Markt zu stärken und auszubauen. Ebenso gehört dazu der Ausbau gewisser Industriesektoren. Bisher hatte man als Zielgruppe für unseren Markt 200 Millionen Gringos im Blick und nicht die Möglichkeit, wie der Markt für 13 Millionen GuatemaltekInnen oder für 40 oder 50 Millionen ZentralamerikanerInnen gestärkt werden könnte. Es gibt ganze Studien darüber, wie Leute, denen man keine Kredite gewährt, denen man keine technische Unterstützung leistet, die keinen Absatz für ihre Produkte finden und vor allem, denen man unfruchtbares Land gibt, wie diese Leute sich dafür entscheiden, ihr Land wieder zu verkaufen. Dies ist die im höchsten Mass negative Bilanz der Arbeit von Fontierras (Landfonds). Frage: Ist Fontierras nicht ein Resultat der Frie-<..-> densabkommen, und seine Aufgabe die Suche nach einer Landverteilung, ohne dabei das Modell der " MAS: Das ist so, aber er ist ein schlecht umgesetztes Resultat der Frage: ...und ist Ausdruck einer grossen Schwäche der URNG, die die Friedensabkommen mit unterzeichnete und die Sie jetzt als Präsidentschaftskandidaten postuliert. MAS: Das stimmt und ich habe die Guerillaführung damals auch entsprechend kritisiert. Frage: Sie sprachen vorher über würdevolle Arbeit. Braucht es dazu nicht zuerst eine qualitativ gute Schulbildung? MAS: Die Tatsache, dass jemand Kaffeepflückerin ist oder Druckknöpfe in einer Maquila stanzt, bedeutet nicht, dass du keine Rechte hättest. Auch die Bildungsreform ist in den Friedensabkommen verankert. Es müssen u.a. die Inhalte der Schulbücher überarbeitet werden, dazu möchte ich ein Beispiel geben: Auf einer Versammlung von 200 PrimarlehrerInnen fragte ich, was für sie die Jahreszahl 1871 bedeutet. Ich bekam vielfältige Antworten, aber niemand bezog sich darauf, dass mit der Liberalen Reform von 1871 die Indígenas von ihren kommunalen Ländereien vertrieben und als billige Arbeitskräfte auf die Kaffeefincas gezwungen wurden. Dieses Datum, fundamental für die nationale Geschichte, erscheint in keinem Geschichtsbuch und solche Ereignisse und Daten aufzunehmen, wäre Teil einer tiefgreifenden Bildungsreform. Frage: Sie kritisieren die rechten Regierungen, aber Tatsache ist, dass die WählerInnen diese Regierungen bevorzugen. Alvaro Arzú z.B. sagt, er brauche keine Wahlkampagne zu führen, um (als Bürgermeister der Hauptstadt, die Red.) wiedergewählt zu werden. Weshalb? MAS: Unglücklicherweise sind wir sehr konservativ. Während vieler Jahre wurden wir mit ideologischen Konzepten bombardiert, so dass heute noch viele Leute glauben, wir Linken würden |
URNG-MAIZ hat das Acht-Punkte-Programm, das ich erwähnt habe, aber darüber hinaus ist uns auch die Internationale Zusammenarbeit ein Anliegen und wir schlagen die Eingliederung in das
Frage: Weshalb ist es wichtig für Guatemala, dem ALBA beizutreten und nicht, zur Wirtschaftszone der MAS: Das Problem ist nicht, unter dem Einfluss der USA zu stehen. Das Problem ist - und es ist mir wichtig, dass Sie das wortwörtlich zitieren - das Problem ist, dass das Freihandelsabkommen mit den USA auf unbarmherziger Konkurrenz beruht. Die Nordamerikaner waren so intelligent, Mais, Bohnen und Reis in das Abkommen aufzunehmen mit dem Ergebnis, dass heute unsere eigenen kleinen und mittleren ProduzentInnen bankrott gehen. Die Vereinigten Staaten überfluten Guatemala mit Mais. Letztes Jahr stiegen die Maisimporte um 18%, die Reisimporte um mehr als 30%. Hat dies dazu geführt, dass hier die Produkte billiger geworden wären? Natürlich nicht, im Gegenteil, die Preise der Grundnahrungsmittel stiegen und steigen weiterhin. Mein Vorschlag ist, dass Guatemala dem ALBA beitritt, weil die Philosophie hinter ALBA Kooperation ist und nicht Konkurrenz. Es geht nicht darum, den Mais eines Landes gegen den Mais eines anderen Landes auszuspielen, wie dies das Freihandelsabkommen mit den Gringos tut. Es geht darum, die Stärken eines Landes zu nutzen und es geht um einen gegenseitigen Austausch dieser Stärken.
Frage: Sprechen wir über ihren Vorschlag, die MAS: Ein Staat, der die wichtigsten Dienstleistungen nicht kontrolliert, ist ein Staat, der nicht viel zu tun hat und ein Staat, der das Telekommunikationssystem nicht unter Kontrolle hat, ist das Allerletzte. Allein mit der Privatisierung von Telgua sind die Preise für Telefongespräche um 1200% gestiegen, und das ist keine Erfindung von mir, sondern ein bewiesenes Fakt. Mit dem Geld, das aus Guatel erwirtschaftet wurde, unterstützte die Regierung Bildungsprojekte. Mit der Privatisierung hörte dies auf, während sich die heutigen Besitzer Millionenbeträge in den eigenen Sack stecken. Frage: Was schlagen Sie vor, um der Gewalt zu begegnen und Sicherheit zu garantieren? MAS: Die Sicherheitsfrage muss mit einem präventiven Ansatz angegangen werden, wozu die Schaffung von Arbeitsplätzen und Bildung gehört. Es braucht eine Säuberung der Nationalen Zivilpolizei, eine Stärkung der Staatsanwaltschaft, eine Stärkung und Säuberung des Justizwesens und eine Gesetzesreform in Sachen Berufungsverfahren (Ley de Amparo), um das endlose Verzögern von Prozessen zu verhindern. Weiter muss das Geschäft mit der Gewalt unterbunden werden. Während dem bewaffneten Konflikt wurden jährlich 20 Millionen Stück Munition verkauft, heute sind es 50 Millionen. Verkauft werden diese häufig in kleinen In Guatemala gibt es 150'000 Personen, die in privaten Sicherheitsfirmen arbeiten, von denen nur 30% die gesetzlichen Bestimmungen erfüllen und von denen die meisten die Arbeitsrechte ihrer Angestellten verletzen. Unser Vorschlag beruht auf einem demokratischen Sicherheitskonzept. Wir wollen kein Terror- oder repressives System einführen, um der Gewalt zu begegnen. Damit unterscheiden wir uns von den Vorschlägen der anderen Parteien und KandidatInnen, die sich alle für den Einsatz des Frage: Wenn Sie Präsident wären, wären sie ein zweiter Chávez? MAS: Wenn Guatemala In unserem Fall würde dies auf unserem kulturellen Reichtum basieren und auf der Erfüllung nicht aufschiebbarer Aufgaben wie der Landreform, auch wenn dies der Handelskammer nicht gefällt. Es würde auf der Verteidigung und dem Schutz unserer Naturressourcen gründen, denn das was heute mit dem Goldunternehmen Montana läuft, schadet unserem Land bloss. Dieses Unternehmen baut
Frage: Was ist die kostbarste Ressource, über die Guatemala verfügt, und die das Land wettbewerbsfähig macht? In Venezuela ist es das Öl, in MAS: Das Problem ist, dass sich alle immer nur überlegen, was wir der Welt verkaufen können, auch wenn wir dabei vor Ich glaube, wir müssen zuerst die internen Probleme lösen und erst nachher unsere Wettbewerbschancen prüfen und uns überlegen, was wir verkaufen könnten.
Frage: Zum Schluss die Gretchenfrage: Ist es nicht so, dass die Leute in Guatemala rechts wählen, weil es keine Linke gibt? Miguel Angel Sandoval spricht von "seiner" Linken, MAS: Nein, nein und nochmals nein. Wenn jemand von ihnen die Freundlichkeit hätte, mir zu erklären, weshalb Frage: Sie behaupten also, die einzige Linke zu vertreten? MAS: Ja, und dabei werden wir unterstützt von BäuerInnenorganisationen, Gewerkschaften, Frauen- und Jugendorganisationen, BürgerInnenkomitees - von einem ganzen Fächer sozialer Organisationen. Frage: Kurz und gut, militärisch-links oder unternehmerisch-links sind Kombinationen, die es nicht gibt? MAS: Theoretisch schon. In Guatemala nicht. |
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