Guatemala diplomatisch
Fijáte 388 vom 27. Juni 2007, Artikel 6, Seite 5
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Guatemala diplomatisch
Guatemala, 21. Juni. Auf BotschafterInnenebene der Vereinten Nationen hat Guatemala nun Kontakt zu Botswana aufgenommen. Damit sollen die Freundschafts- und Kooperationsbeziehungen zwischen den Ländern gestärkt werden, so ein Kommuniqué des Aussenministeriums. Seit Anfang des Jahres wurden entsprechende Beziehungen bereits mit Usbekistan, Zimbabwe, Tunesien und Katar formalisiert. Guatemala will auf diese Weise seine internationale Eingliederung vorantreiben und Kontakte aufnehmen, die einerseits zu gegenseitigem Nutzen sein und zum anderen dazu dienen sollen, ähnliche Probleme durch politische Vereinbarungen zu lösen sowie bestimmte Positionen in verschiedenen Foren gemeinsam zu artikulieren. Schon im letzten Jahr hat sich Guatemalas diplomatischer Dunstkreis erweitert um Beziehungen mit Burkina Faso, Kap Verde, Gambia, Äquatorial-Guinea, Mali, die Mongolei, Montenegro, der pazifischen Mikronesienrepublik Nauru, Nepal und Tadschikistan. Zu den drei guatemaltekischen diplomatischen Vertretungen in Taiwan, Südkorea und Japan wird es ab 2008 in Asien auch eine Botschaft in Indien geben. Seit 1972 pflegen Guatemala und Indien aussenpolitischen Kontakt, Indien ist Hauptabnehmer des guatemaltekischen Kardamoms. Der indische Aussenminister für Lateinamerika, Anand Sharma, liess bereits durchblicken, dass Indien Guatemala eine technische Kooperation für die Produktion von Ethanol und Biobrennstoffen anbieten könnte. Ausserdem gehören zu den indischen Plänen, dass Unternehmen aus der Informatik, Agrarentwicklung und Pharmazie in Guatemala investieren. Ein Kredit über 10 Mio. US-$ soll in Entwicklungsprojekte gesteckt werden; dabei soll Guatemala selbst entscheiden, ob diese in die Bereiche Gesundheit, Bildung oder Brennstoffe fliessen, so Sharma. Bei seinem Besuch lernte er gleich den Standort der geplanten Öl-Raffinerie kennen, die zu einem weiteren Investitionsvorhaben Indiens gehört: dem Mesoamerikanischen Energie-Integrationsprojekt PIEM. Derweil sandte Präsident Oscar Berger von seiner Reise aus Taiwan die Nachricht, dass dieses Land seinen Plan verwirklichen wird und mittels der Firma Petroquímica Formosa Plastics 5 Mio. US-$ in eine Machbarkeitsstudie einer Raffinerie investieren will. Diese stellt offenbar eine grössere Version der von der Interamerikanischen Entwicklungsbank (IADB) bereits für das PIEM vorgeschlagenen Erdölverarbeitungsanlage dar und soll anstelle der geplanten 360´000 Barrel 600´000 Barrel Rohöl prozessieren können. Als idealer Standort wurde Puerto Quetzal, Escuintla, identifiziert. In den Bau der Raffinerie selbst sollen mehr als 5 Mrd. US-$ aus Taiwan investiert werden. Als Derivatprodukte sind Polyester und Nylon geplant. Evaluiert wird derzeit bloss noch die Nutzkonzession der Gelände über 50 Jahre an Formosa Plastics. Weitere Unterschriften setzte Berger in Taiwan unter ein Kooperationsabkommen für die Finanzierung der zweiten Bauetappe der Überlandstrasse zwischen Guatemala-Stadt und El Rancho im Nord-Osten des Landes. Und noch eine setzte er unter die Vereinbarung zur Stärkung des Gefängnissystems, wobei eine Vollzugsanstalt für 1200 Häftlinge auf dem Gelände des Rehabilitationskomplexes Pavón gebaut werden soll. Nach oben |
Guatemala hat also gute Gründe bzw. starke wirtschaftliche Interessen an der Beziehung zu Taiwan und es ist weniger die souveräne Ausübung staatlicher Solidarität mit dem Land, auf die Guatemalas Entscheidung fusst, nicht, wie beispielsweise kürzlich Costa Rica oder laut Gerüchten möglicherweise auch Nicaragua, dem selbsternannten Staat in Ostasien den Rücken zu kehren, um diplomatische sowie Handelsbeziehungen zur Volksrepublik China aufzunehmen. Guatemala hat sogar per Kongress-Resolution kürzlich Taiwan seine Rückendeckung in Bezug auf dessen Vertretung und Teilnahme in Organen der Vereinten Nationen, der Weltgesundheitsorganisation und anderen internationalen Gremien ausgesprochen. Die von den Autoritäten als herzlich bezeichnete Beziehung zwischen der guatemaltekischen und taiwanesischen Regierung wurde 2005 ernsthaft von der Zivilgesellschaft in Frage gestellt, als bekannt wurde, dass Taiwans Botschaft dem Ex-Präsidenten Alfonso Portillo mindestens 1,5 Mio. US-$ zugesteckt hat, für vermeintliche "Gefallen". Diese Transaktion wurde von der diplomatischen Vertretung zugestanden, 500´000 US-$ soll Portillo gar vier Tage vor seiner Amtsübernahme im Januar 2000 erhalten haben. Nach diesem Skandal bot der guatemaltekische Generalstaatsanwalt Juan Luis Florido an, sich um die nötigen diplomatischen Formalitäten zu kümmern, um den Fall aufzuklären, doch bekannt geworden ist diesbezüglich bis heute nichts. Auch zwei ehemalige Präsidenten von Costa Rica Miguel Ángel Rodríguez und Abel Pacheco sowie die Ex-Präsidenten von Nicaragua und Panama, Arnoldo Alemán und Mireya Moscoso, respektive, haben sowohl staatliche als auch unternehmerische Gelder aus Taiwan auf ihre Privatkonten überwiesen bekommen. Unterdessen plant der aus Taiwan stammende Multimillionär John Ding-E Young in ein "persönliches Projekt" zu investieren und mit dem Bau eines Wohnkomplexes mit 1´800 Häusern Leute zu begünstigen, die weniger als zwei Mindestlöhne im Monat verdienen. Stehen wird das sich bereits ansatzweise realisierte Vorhaben in der Nähe von Mazatenango, Suchitepéquez, allein die erste Investition soll sich grob zwischen 100 und 500 Mio. US-$ belaufen. Geplant ist, dass das Gelände als Freihandelszone dient, ein Unternehmenszentrum beherbergt, über eine Fluglandebahn sowie Forschungs- und Lagerräume verfügt. Trotz der Grösse des Projekts zeigt sich die Gemeindeverwaltung von Mazatenango missmutig, hat Young doch die Grundstückssteuern für das Megaprojekt nicht gezahlt. |
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