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Das Recht auf gewerkschaftliche Organisation und Kollektivverhandlungen

Fijáte 429 vom 25. Februar 2009, Artikel 1, Seite 1

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Das Recht auf gewerkschaftliche Organisation und Kollektivverhandlungen

Gleicher Lohn für gleich Arbeit!

1960 ratifizierte Guatemala die Konventionen Nr. 111 (VGDiskriminierungNF) und 1961 die Nr. 100 (Lohngleichheit). Die guatemaltekische VGVerfassungNF etabliert das Prinzip der Nicht-Diskriminierung gegenüber Frauen und anerkennt die Rechte der verschiedenen ethnischen Gruppen. Zweifellos sind Frauen auch im Arbeitsbereich nach wie vor grossen Diskriminierungen ausgesetzt. Von der Lohngleichheit mit den (weissen) Männern sind sie weit entfernt, arbeiten sie doch mehrheitlich im Niedriglohnsektor der Textilindustrie, der Landwirtschaft, dem Einzelhandel, im schlecht bezahlten öffentlichen Dienst oder im informellen Sektor. In den Fabriken innerhalb der Freihandelszonen ist es gang und gäbe, dass sich die weiblichen Angestellten einem Schwangerschaftstest unterziehen müssen, bevor sie einen Job bekommen bzw. wird die Schwangerschaft als ein Entlassungsgrund gesehen. Sexuelle Übergriffe sind an der Tagesordnung. Besorgniserregend ist auch die Situation der VGHausangestelltenNF, die keinerlei rechtlichen Schutz geniessen. Ihre Patrons sind nicht verpflichtet, ihnen zusätzlich zum Lohn Sozialleistungen zu bezahlen, und so kommen sie nicht in den Genuss der Leistungen des VGSozialversicherungsinstitutsNF (VGIGSSNF).

Die Arbeitssituation der indigenen Bevölkerung ist (im Vergleich zur Ladino-Bevölkerung) durch schlechtere Schulbildung und VGArmutNF geprägt. Da ein Grossteil der Indigenas im Landwirtschaftssektor arbeitet, ist ihr gewerkschaftlicher Schutz wegen der oben erwähnten Temporäranstellungen und den repressiven antigewerkschaftlichen Methoden vieler VGGrossgrundbesitzerNF sehr gering.

VGKinderarbeitNF

1990 ratifizierte Guatemala das Abkommen Nr. 138 der ILO über das Mindestalter von Angestellten und 2001 die Nr. 182 über die Eliminierung von Kinderarbeit. Gemäss Artikel 148(e) des guatemaltekischen Arbeitsgesetzes ist die Arbeit von Kindern unter 14 Jahren verboten, ausser sie hätten eine schriftliche Bewilligung des Arbeitsministeriums. Doch die Gesetze zur Verhinderung von Kinderarbeit werden nicht angewendet, einerseits weil die Kontrollen der ArbeitsinspektorInnen zu lasch und zum andern, weil die Arbeitsgerichte zu ineffizient sind. Eine Studie des VGnationalen StatistikinstitutsNF (INE) kam im Jahr 2000 zum Schluss, dass es im ganzen Land ca. 500'000 VGKinderNF zwischen 7 und 14 Jahren gibt, die in der Lohnarbeit tätig sind, was 20% der entsprechenden Altersgruppe ausmacht. Gewerkschaften gehen davon aus, dass unterdessen das Verhältnis auf 1:3 gestiegen ist. Bei Kindern, die ausschliesslich in der Lohnarbeit tätig sind und daneben nicht noch zur Schule gehen, ist ein Durchschnitt von 58 Arbeitsstunden pro Woche keine Seltenheit. 62% der arbeitenden Kinder sind in der Landwirtschaft tätig, 16% im Handel, der Rest verteilt sich auf Handwerk, Dienstleistungen und Baugewerbe. Ein typisches und sehr gefährliches Feld für Kinderarbeit ist die Herstellung von Feuerwerk. Verbreitet ist die Kinderarbeit auch im VGHaushaltNF, wo sie gegen (ungenügende) Kost und (miserables) Logis in ausbeuterischen Verhältnissen schuften. Psychischer und physischer inklusive sexueller Missbrauch ist weit verbreitet.

Zwangsarbeit

Guatemala ratifizierte das ILO-Abkommen Nr. 29 über Zwangs- und obligatorische Arbeit im Jahr 1989 und das Abkommen Nr. 105 über die Abschaffung der Zwangsarbeit sogar bereits 1959. Obwohl die Inhalte der Abkommen in die guatemaltekische Verfassung aufgenommen wurden, kommt vor allem im Bereich der Hausarbeit die jugendliche Zwangsarbeit oft vor. Auch die Tatsache, dass in der Landwirtschaft die Kinder üblicherweise bloss ein Drittel des Mindestlohnes erhalten, kann als eine Form von Zwangsarbeit interpretiert werden, denn oftmals sind sie durch die Armut gezwungen, sich diesen Bedingungen anzupassen, vor allem wenn die Alternative Entlassung und Arbeitslosigkeit ist.

Verschiedene Berichte belegen auch, dass Guatemala Ausgangs-, Durchgangs- und Zielort von Frauen- und Kinderhandel ist, wobei die Opfer sexuell und als Arbeitskraft ausgebeutet werden.

In ihren Schlussfolgerungen fordern die Mitgliedorganisationen der Internationalen Gewerkschaftskonföderation Einhaltung und bessere Kontrolle der nationalen und internationalen Richtlinien zu Arbeitsschutz und gewerkschaftlichen Rechten. Es ist leider zu befürchten, dass sich die Situation auf dem Arbeitsmarkt durch die Wirtschaftskrise verschärft. Ob dies zu einer Stärkung oder zur endgültigen Zerschlagung der Gewerkschaften führen wird, bleibt abzuwarten.


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