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Straflosigkeit par excellence - CICIG gegen Staatsanwaltschaft?

Fijáte 428 vom 11. Februar 2009, Artikel 7, Seite 6

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Straflosigkeit par excellence - CICIG gegen Staatsanwaltschaft?

Auch die Rechtsberaterin der CICIG, VGYolanda PérezNF, bezeichnete das Vorgehen der Staatsanwaltschaft und des Gerichts als "Messerstich in den Rücken". Der Unmut geht auf die Zusammenarbeit zwischen CICIG und Staatsanwaltschaft im Vorfeld zurück. So wurde die CICIG nicht davon in Kenntnis gesetzt, dass beim zweiten und erfolgreichen Versuch, den Anklageantrag einzureichen, die wesentlichen Punkte gestrichen wurden. Und es war der zuständige Staatsanwalt José Guillermo Acevedo, der vor Gericht die Bewährung für Matus erbat. Ausserdem berichtete Pérez, man habe die CICIG hintergangen, die vom selben Richter kurz zuvor als Nebenklägerin zugelassen worden war. Doch entgegen des üblichen Prozedere habe die CICIG während der Anhörung von Matus nicht intervenieren können: Man habe ihr Bescheid gegeben, diese würde um 14 Uhr stattfinden, doch tatsächlich sei sie für 12:30 angesetzt gewesen. "In Guatemala verschwören sich die RechtshüterInnen mit oder ohne Intention, deswegen sind wir so in der Straflosigkeit versunken", so Pérez.

"Die Existenz einer Struktur, die die Straflosigkeit und VGKorruptionNF im Justizsystem hält, ist weitreichend bekannt", so Luis Solano in seinem Artikel für VGinforpress centroamericanaNF, der diesem Text zugrunde liegt. "Doch sie zu identifizieren und vor Gericht zu bringen, ist etwas noch nie Dagewesenes und eine Riesenherausforderung. Innerhalb dieser Struktur ist Matus nur die Spitze des Eisbergs." So weiss auch Castresana: "Die Kette der Straflosigkeit besteht aus PolizistInnen, UnternehmerInnen, PolitikerInnen, AnwältInnen, JournalistInnen, StaatsanwältInnen und RichterInnen."

Castresana und die CICIG, für die diese Zusammenhänge nicht neu sind, fordern nun Erklärungen vom Generalstaatsanwalt José Amílcar Velásquez Zárate, der bislang zusammen mit seiner Institution auf eine breite Unterstützung durch Castresana zählen konnten.

Derweil stellt Castresana auch dem Obersten Gerichtshof (VGCSJNF) Forderungen: Die vor einiger Zeit vorgeschlagene Einrichtung von Gerichten, die sich speziell Schwerstverbrechen annehmen. Wenn es der Gerichtshof nicht handelt, wird die CICIG einen entsprechenden Antrag an den Kongress stellen, damit dieser die Initiative billigt.

Angesichts der so klaren Offenlegung der verkrusteten Strukturen dank des paradigmatischen Falls von Matus, fordern einige Menschenrechtsorganisationen die Gesellschaft auf, eine Nationale Front gegen die Straflosigkeit zu gründen und von dieser Seite gegen die parallelen Kräfte im Justizsystem zu kämpfen.

Es bleibt abzuwarten, wen die CICIG noch identifiziert, doch weder der Staatsanwaltschaft noch den Gerichten wird es gelingen, ein weiteres Mal so offensichtlich dem Druck von Innen nachzugeben.

Angesichts dieser praktizierten Darbietung des traditionellen modus operandi innerhalb des Justizsystems wird indes einmal mehr deutlich, wieso anfangs - selbst im ¡Fijáte! - gross von Verbrechen oder Skandalen die Rede ist, und bald schon nichts mehr davon zu hören und lesen ist - von der Berichterstattung über Verhaftungen und Verurteilungen der dicken Fische ganz zu schweigen.


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