Ausstehende Entscheidungen
Fijáte 428 vom 11. Februar 2009, Artikel 5, Seite 5
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Ausstehende Entscheidungen
Guatemala, 06. Feb. Der ehemalige Militär und Ex-Innenminister Ángel Aníbal Guevara, gegen den der Spanische Gerichtshof bereits 2007 einen Haftbefehl zwecks Auslieferung ausgestellt hat, beantragte dieser Tage die Zahlung von Entschädigung wegen des Gerichtsprozesses gegen ihn. Guevara hatte sich 2006 gestellt und ging ins Gefängnis, als die Anklage gegen ihn und weitere vier Militärs und zwei Zivilisten wegen Völkermordes, Folter, Verschwindenlassens und aussergerichtlicher Hinrichtungen während des internen bewaffneten Konfliktes erhoben wurde. Ende 2007 wurde diese Klage aufgehoben mit der Begründung, Spanien habe keine Befugnis der Gerichtsbarkeit im Land. (¡Fijáte! 402) Nun argumentiert Guevara, aufgrund des Auslieferungsprozesses seien "seine verfassungsmässigen Rechte verletzt worden"; er sei rechtswidrig verhaftet und festgehalten worden. Dafür beantragt er die Erstattung von 162´140 Quetzales (ca. US-$ 20´500) als Zahlung der Prozesskosten. Benito Morales, Anwalt der Rigoberta Menchú-Stiftung, die den Fall wegen Völkermordes beim Spanischen Gerichtshof vorgetragen hat, bezeichnete das Ansuchen Guevaras als "unerhört": "Das herrschende System der Straflosigkeit ermöglicht es, dass solche Verbrecher sich als Opfer ausgeben können." Er hofft, dass es dem Staat gelinge, eine würdige Haltung in Bezug auf solche Petitionen einhalten zu können. Noch ist nichts über einen Gerichtsbescheid bekannt geworden. Eine weitere Entscheidung seitens des Justizsystems steht aus. Zeitlich parallel zu Guevaras Gesuch kündigten Familienangehörige von Opfern des Konflikts an, die Staatsanwaltschaft dazu aufzufordern, die Ermittlungen und wahrscheinlich folgenden Exhumierungen von zwei Massengräbern auf dem hauptstädtischen Friedhof "La Verbena" in der Zone 7 zu veranlassen, in denen der Fund der sterblichen Überreste von rund 6´000 während dieser Zeit verschwundenen und als "N.N." begrabene Personen angenommen wird. Dass es solche Vergrabungen während des Konfliktes gegeben habe, belegen Untersuchungen der Stiftung für Forensische Anthropologie Guatemalas (FAFG). Mario Polanco von der Gruppe gegenseitiger Hilfe (GAM) signalisierte, dass die GAM dabei sei, sich um die erwähnte Autorisierung zu kümmern. Im Anschluss würden die nötigen finanziellen Mittel beantragt und die Exhumierungen vorbereitet, die dann vom Personal der FAFG durchgeführt würden. Aura Elena Farfán, Aktivistin der Familienangehörige von Verschwundenen in Guatemala (FAMDEGUA), erinnert daran, dass tausende von Opfern gefoltert und massakriert wurden und die Entstellungen, die sie deswegen im Gesicht hatten, die Identifizierung unmöglich machten. "Es ist eine neue Hoffnung für uns Angehörige, dass sie dort in den Gräbern sein können, um ihnen ein würdiges Begräbnis geben zu können." Nach oben |
Und in einem weiteren Kontext keimen Hoffnungen. So hat das Nationale Entschädigungsprogramm (PNR), dass dem Friedenssekretariat (SEPAZ) unterstellt ist, Ende Januar rund 3´500 neue Akten von Opfern des internen bewaffneten Konflikt bei der Staatsanwaltschaft eingereicht. Diese summieren sich zu den 1´460 im vergangenen Jahr bereits übergebenen Dossiers. Doch seien, so César Dávila, Leiter des PNR, bislang keine Untersuchungsfortschritte in diesen Fällen zu erkennen. Nichtsdestotrotz sei es die Aufgabe seiner Institution, die Verfolgung der Verbrechen, die die ZeugInnen in den Interviews beim PNR beschreiben, einzufordern. Die Aussagen berichten unter anderem von Verschwindenlassen, Vertreibung, aussergerichtlicher Hinrichtung, Folter und sexueller Gewalt. Die jetzt neu eingereichten Akten betreffen mehr als 5´000 Opfer aus 19 Departements. Insgesamt habe das Programm etwa 38´000 Dossiers, die in den einzelnen Lokalbüros registriert sind und die alle aufbereitet und letztlich der Justiz übergeben werden sollen. |
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