Guatemala muss sich für Dos Erres verantworten
Fijáte 424 vom 03. Dezember 2008, Artikel 9, Seite 6
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Guatemala muss sich für Dos Erres verantworten
Guatemala, 26. Nov. Die Interamerikanische Menschenrechtskommission (CIDH) hat dem Antrag von Familienangehörigen der Opfer des Massakers von Dos Erres, Sayaxché, Petén, stattgegeben, den guatemaltekischen Staat vor dem Interamerikanischen Menschenrechtsgerichtshof (CorteIDH) zu verklagen. Er habe nicht die Empfehlungen umgesetzt, die Verantwortlichen vor Gericht zu bringen und zu verurteilen. Zu diesen Aufgaben hatte sich der Staat im Jahr 2000 vor der CIDH in einer so genannten Freundschaftsvereinbarung gegenüber den Angehörigen verpflichtet. Zu dieser lädt die Kommission, bevor es - bei Verweigerung oder nicht zu erreichender Einigung - zu einem Gerichtsprozess kommen kann. Bereits 1994 hatte die Vereinigung der Angehörigen von Festgenommenen und Verschwundenen in Guatemala (FAMDEGUA) die Exhumierung von einem Massengrab erreicht, in dem zumindest 162 Opfer gefunden wurde. Daraufhin wurden 16 Militärs beschuldigt, zu den mutmasslichen Tätern des Massakers zu gehören, das im Dezember 1982 von einer Kaibil-Einheit an rund 300 Personen, darunter Männer, Frauen und Kinder, in Dos Erres verübt worden ist. Dieses Massaker gilt als eines der bestdokumentiertesten Gewaltverbrechen während des internen bewaffneten Konflikts und im Rahmen der "Politik der verbrannten Erde" unter der Regierung von Efraín Ríos Montt. Nichtsdestotrotz wurde der entsprechende Rechtsprozess seither kontinuierlich behindert durch bereits 35 Einsprüche staatlicherseits und sogar tendenziöse Entscheide von Seiten des Verfassungsgerichts, bestimmtes Beweismaterial im Prozess nicht zuzulassen. (¡Fijáte! 328) Nach oben |
Laut der Anwältin des Prozessführenden Zentrums für Justiz und Internationales Recht (CEJIL), Marcela Martino, habe der guatemaltekische Staat durchaus einige der Empfehlungen, die damals von der CIDH gegeben wurden, befolgt. So gebe es Angebote psychosozialer Betreuung, die aber unzureichend seien, was die Anzahl der betreuten Personen angeht, und die sich auf die Stärkung des Selbstbewusstseins beschränke, ohne das Thema der politischen Gewalt zu benennen. Darüber hinaus wurden die übernommenen Verpflichtungen, zu ermitteln, die Verantwortlichen zu identifizieren und sie zur Rechenschaft zu ziehen, vom Staat völlig vernachlässigt, so Martino. Diese Faktoren sowie die zahlreichen Verletzungen der grundlegenden Rechte der Betroffenen auf ihrem Weg zur Justiz sind ausschlaggebend dafür, dass die Interamerikanische Menschenrechtskommission den bereits 2006 gestellten Antrag akzeptiert hat, die Freundschaftsvereinbarung für obsolet zu erklären und den guatemaltekischen Staat nun vor dem Interamerikanischen Gerichtshof zu verklagen. Der Fall wurde von der CIDH, CEJIL und den Familienangehörigen Mitte November vor dem Gericht eingereicht. Nun hat der Staat bis Ende Januar 2009 Zeit, seinen Verpflichtungen nachzukommen oder aber er muss sich für den festgestellten Rückschritt im Prozess verantworten. Das Massaker von Dos Erres ist der einzige Fall im ganzen Land, wo Überlebende der Gräueltaten bestimmte Militärangehörige als Hauptverantwortliche für die Tode identifiziert haben. Die vom Staat eingereichten Rekurse zeugten von der Komplizenschaft zwischen dem Justizapparat und den Tätern, unterstrich die Anwältin von CEJIL. |
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