Pablo Monsanto aus dem Dornröschenschlaf erwacht
Fijáte 434 vom 06. Mai 2009, Artikel 7, Seite 6
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Pablo Monsanto aus dem Dornröschenschlaf erwacht
Seit den letzten Wahlen ist es ruhig geworden um die guatemaltekische Linke. Ihre Vertretung im Kongress ist gering, ihre politische Einflussnahme gleich null. Während die Partei Encuentro por Guatemala ursprünglich vier Kongresssitze gewann, haben in der Zwischenzeit ausser der Parteichefin Nineth Montenegro die drei anderen Abgeordneten der Partei den Rücken zugekehrt und amtieren vorläufig als "unabhängig". Die Nationale Revolutionäre Einheit Guatemalas (URNG) gewann zwei Sitze - die Namen ihrer beiden Abgeordneten, Héctor Nuila und Walter Felix, tauchen gelegentlich im Zusammenhang mit Themen der Landfrage und den Naturressourcen auf. Viel mehr als hin und wieder ein Kommuniqué dringt von der Partei aber nicht an die Öffentlichkeit. Die dritte zu den Wahlen 2008 angetretene linke Partei - die Allianz neue Nation ANN von Ex-Guerilla-Kommandant Pablo Monsanto - erreichte die zum Partei-Überleben notwendigen 5% der WählerInnenstimmen nicht und musste aufgelöst werden. Dass überhaupt drei linke Parteien zu den Wahlen antraten, ist der Tatsache geschuldet, dass die guatemaltekische Linke sich nach der Unterzeichnung der Friedensabkommen nie konsolidieren konnte und die damals zur Partei URNG umgewandelte Guerilla sehr schnell wieder in nie aufgearbeitete alte Macht- und politische Linienkämpfe zerfiel. Die jeweils im Hinblick auf die Wahlen geschlossenen Zweckbündnisse zerfielen meist über der Frage, wer als PräsidentschaftskandidatIn aufgestellt wird und wer wie viele Abgeordnete stellen durfte. Das jüngste Beispiel war ein Zusammenschluss von Nineth Montenegro und Pablo Monsanto im Hinblick auf die Wahlen 2007, welches nach kurzer Zeit auseinanderfiel und dazu führte, dass Monsanto allein und Nineth im Bündnis mit Rigoberta Menchús Gruppe Winaq in den Wahlkampf zog. Gebetsmühlenartig hiess es nach allen verlorenen Wahlen, man müsse endlich gründlich über die Bücher gehen und einen "Prozess von unten" anstreben, die Basis stärker mobilisieren und in partizipative Prozesse einbinden. Hehre Ziele und schöne Worte - Ansätze allerdings, die aus welchen Gründen auch immer relativ schnell versandeten. Nun scheint sich das Spiel von neuem zu wiederholen: Datiert mit "April 2009" und illustriert mit einem Che-Guevara-Portrait und dessen Satz "Wenn wir in der Lage sind, uns zusammenzuschliessen - wie nah und wunderbar wäre doch die Zukunft", veröffentlichte Pablo Monsanto auf der Internetplattform albedrío am 22. April ein elfseitiges Dokument mit dem Titel "Y ahora: la izquierda!" (Und jetzt: Die Linke!). Das Dokument ist - gelinde gesagt - alter Kaffee, sowohl was die Analyse betrifft wie auch wenn es um Visionen geht. Gemäss Monsanto ist es "wichtig und notwendig, die revolutionären und demokratischen Bewegungen Guatemalas zu retten und wieder zu aktivieren". Dafür sei jetzt der konjunkturell richtige Moment, befinde sich doch einerseits nach dem Zusammenbruch des Neoliberalismus die Rechte in der Krise und herrsche anderseits mit dem Ausbreiten demokratischer (Brasilien, Argentinien, Chile und Honduras) und bolivarianisch ausgerichteter Regierungen (Venezuela, Ecuador, Bolivien, Nicaragua, Paraguay, Uruguay und Cuba) das geeignete Klima, in dem auch Guatemala auf diesen Zug aufspringen könne. Dass Guatemala von den Vereinten Nationen zum "gescheiterten Staat" deklariert worden sei, habe rein gar nichts mit der Linken zu tun, sondern sei allein das Ergebnis der Politik der Rechten und der reaktionären Kreise, die während der letzten 55 Jahre das Land regiert haben. Nach oben |
Fast zynisch mutet die Selbstkritik an, die Monsanto an der Linken übt. Er sieht drei Grundprobleme, welche die verschiedenen Gruppierungen je separat (statt gemeinsam) angegangen habe: 1. das Fehlen von Mitgliedern/Militanten, 2. die organisativen Schwächen und 3. die miserablen Wahlergebnisse. Die drei Punkte würden zusammenhängen, denn "wäre es nötig, zu kollektivem linken Handeln aufzurufen, wenn alle drei Gruppierungen bei den Wahlen erfolgreich gewesen wären, wenn alle genügend Mitglieder aufweisen könnten und wenn sie als Organisationen stark genug wären, mit den beiden anderen Problemen fertigzuwerden?" fragt Monsanto rhetorisch. Um dann gleich sein Ziel zu formulieren: Räume für die linke politische Debatte zu schaffen, neue Leute in diese Debatten einzubeziehen und ein neuen politisches Projekt zu realisieren - wenn daraus eine Partei entstehe, umso besser. Wer die linken politischen Diskussionen in Guatemala während der letzten Jahre verfolgt hat, kann ein Gähnen nur mit Mühe unterdrücken. Umso mehr, wenn Monsanto sich darüber auslässt, WIE er dies alles erreichen will: Durch "positive Diskriminierung" der Frauen, will heissen, paternalistische Frauenförderung im Sinne von "das Recht auf die Entwicklung einer femininen (!) Identität zu erlauben und zu respektieren". Weiter durch das Überwinden des Generationengrabens, indem die Partizipation der Jugend gefördert werden soll, was aber "in keinem Moment heisst, dass die historischen Leader ausgeschlossen sein sollen" - womit er seine Vormachtstellung gesichert hätte. Als nächstes soll selbstverständlich die indigene Bevölkerung an dem ganzen Prozess beteiligt und die ethnische, politische und geschlechterspezifische Pluralität gewährleistet werden. Und zusammengefasst: "Die tiefe Krise, welche die guatemaltekische Linke durchläuft, braucht eine grosszügige Geste aller beim Versuch, ein gemeinsames und einheitliches Projekt aufzubauen. Die Sektor-eigenen Interessen, so legitim diese auch sein mögen, müssen im Interesse des gemeinsamen Projekts zurückgestellt werden. Die selbstzerstörerischen Grabenkämpfe, welche die Linke in letzter Zeit geprägt haben, müssen überwunden werden. Die Situation verlangt es, dass wir alle an ein 'anderes Guatemala ist möglich' glauben, unsere Energie und Kraft mehr denn je verantwortungsbewusst und in Solidarität vereinen, um gemeinsam die revolutionäre Bewegung des 21. Jahrhunderts aus der Wiege zu heben." Fast möchte man ein "Amen" hinzufügen... Interessanterweise und obwohl das Dokument nur von Pablo Monsanto unterzeichnet ist, schreibt er immer in der "Wir"-Form und benutzt auffallend oft den Begriff "izquierda unida", vereinte Linke. Wer genau dieses "Wir" ist, bleibt offen. Gibt man jedoch im Internet den Begriff "Izquierda Unida" ein, stösst man sehr schnell auf die Webseite der spanischen Partei "Izquierda Unida". Bis hin zum Slogan und dem Logo ist Monsantos neues politisches Projekt von der spanischen "IU" abgekupfert und, es ist davon auszugehen, wohl auch finanziert. Das Dokument "Y ahora: la izquierda!" kann auf http://www.albedrio.org/htm/documentos/YAHORALAIZQUIERDA.pdf angeschaut oder heruntergeladen werden. |
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