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Die Macht der Illegalen Körperschaften und Klandestinen Strukturen

Fijáte 442 vom 26. August 2009, Artikel 1, Seite 1

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Die Macht der Illegalen Körperschaften und Klandestinen Strukturen

C.E.G.: Wieso war es nötig, die Internationale Kommission gegen Straflosigkeit in Guatemala (VGCICIGNF) zu schaffen, um gegen diese Gruppen zu ermitteln und eine legale Verfolgung einzuleiten?

C.S.: Es könnte hier einen tieferen Grund geben als die blosse Existenz der CIACS. Es war offensichtlich, dass sie mit ihren Aktivitäten auch ein Monster erschufen, welches fähig war, seine Dienste über ihre eigenen Interessen hinaus anzubieten. Mit der Zeit war es für viele BürgerInnen mit finanziellen Kapazitäten möglich, die Dienste dieser Gruppen zu erwerben und auf andere Interessen als die der Menschenrechtsverletzungen und des Organisierten Verbrechens anzuwenden.

Dies erschuf eine Praxis, die nicht nur dem Justizsystem schadete, sondern auch dem Handelssystem und sogar den Familien, da jeder anfing, dieses System der Straflosigkeit, welches wie ein Krebs wuchert, zu benutzen. Als wir Menschrechtsorganisationen uns der Anstrengungen bewusst wurden, die nötig waren, um das Justizsystem zu stärken und wie wir diese Anstrengungen mit unserem Leben, unserer Sicherheit und mit dem Exil von RichterInnen, StaatsanwältInnen und AnwältInnen bezahlten, als wir uns also bewusst wurden, dass etwas im Gange war, was man seit den 80er Jahren nicht mehr erlebt hatte, da war uns klar, dass die Gesellschaft die Kontrolle verloren hatte. Bedeutete der Verlust der Kontrolle über das Justizsystem ein Freibrief für das organisierte Verbrechen? Würde die Tatsache, früher oder später eine Regierung zu haben, welche direkt mit dem VGDrogenhandelNF in Verbindung steht, eine unabdingbare Realität sein? Wir entschieden uns, uns auf eines der Grundprobleme zu konzentrieren und machten den Vorschlag einer Kommission, die uns helfen sollte, einen Knoten zu lösen, von dem ausgehend man dann anderes mehr in Angriff nehmen konnte: Die Ungerechtigkeiten auf dem Arbeitsmarkt , die VGLandfrageNF ... da alle diese Themen letztendlich im Thema Justiz und Straflosigkeit zusammenlaufen.

C.E.G.: Was hat die CICIG bisher zu Ermittlung und Verfolgung dieser Strukturen beigetragen?

C.S.: Die Arbeit der CICIG hilft uns, die Funktionsweise dieser Körperschaften aufzudecken. Ein Beispiel: Die Gerichtsverhandlung von VGEnrique Ríos Sosa, VGAlfonso PortilloNF und Eduardo Arévalo Lacs wird uns aufzeigen, wie in diesem Fall die Klandestinen Strukturen vorgingen, um die ganze nationale Staatskasse zu bewegen. Das hilft uns zu verstehen, wie sie funktionieren, und dies wiederum wird uns erlauben, verschiedene Vorgänge miteinander zu verbinden. Diese Art der Ermittlung wird uns Teillösungen der Rätsel geben und uns in der Zukunft erlauben zu verstehen, wie diese Strukturen in der Vergangenheit funktionierten. Ob wir durch die CICIG wissen, wer die Köpfe waren, die diese Strukturen kommandierten? Vielleicht nicht. Aber was uns die CICIG wahrscheinlich anhand der Fälle erhellen kann, sind die verschiedenen Komponenten der verdeckten Macht.

C.E.G.: Welche Verbindungen haben diese Strukturen mit der wirtschaftlichen und politischen Macht im Land?

C.S.: Seit jeher funktionieren diese Strukturen mit Schmuggel, was Geldwäsche bedeutet und damit die Erschaffung von "sauberem" Kapital, welches Firmen erschuf, die seit 30 oder 40 Jahren funktionieren und von denen man seit 30 Jahren weiss, dass sie korrupt sind und den Staat korrumpieren.

Guatemala hat ein Problem, welches wir korrigieren müssen: das Fehlen des historischen Gedächtnis. Wenn wir uns nicht einmal an die Nachrichten von vor zwei Wochen erinnern, wie erinnern wir uns dann an unsere jüngste Geschichte, die wir nicht einmal aufschreiben wollten? Um ein Beispiel zu nennen: Was passiert, wenn wir alle wissen, das wir unsere Kleidung in einem Geschäft kaufen, das Geld wäscht, und es dem Besitzer des Ladens trotzdem erlaubt ist, sich auf allen sozialen Ereignissen als Wohltäter zu zeigen? Dies ist nicht nur ein wirtschaftliches Phänomen. Ich glaube, wir müssen zugeben, dass es die gesamte guatemaltekische Gesellschaft betrifft. Und genauso haben wir zugelassen, das unsere politischen Parteien korrupt sind, dass sie schmutziges Geld bekommen und dann natürlich in politischer Schuld von Personen stehen, die Verbindung zu Klandestinen Strukturen haben.

C.E.G.: Kann man tatsächlich von einer Aufdeckung der CIACS sprechen?

C.S.: Wir können uns nur die Existenz eines Staates wünschen, der stark genug ist, um diese Klandestinen Strukturen zu kontrollieren und zu bekämpfen bis sie ganz verschwinden. Wir können hoffen, dass das organisierte Verbrechen irgendwann einmal keine Geheimdienststrukturen mehr benutzen kann, um politische Gewalt auszuüben oder Menschenrechtsverbrechen zu begehen.

Ich glaube, dass wir jetzt die Kapazität haben, um einen Mörder ausfindig zu machen. Selbst wenn ein Mörder ein Auftragskiller ist, angestellt von einem Finquero - was wir ja am Fall von Israel Carías demonstrieren konnten -, kann man Gerechtigkeit erreichen, wenn die Staatsanwaltschaft den Willen hat, zu ermitteln und die ZeugInnenen anzuhören. Aber wenn es eine Klandestine Struktur ist, dann ist das etwas anderes.


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