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Auf der Suche nach Sicherheit, Teil 2

Fijáte 383 vom 18. April 2007, Artikel 1, Seite 1

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Auf der Suche nach Sicherheit, Teil 2

Auf der Suche nach Lösungen

Reorganisierung und Stärkung der Institutionalität von Sicherheit und Verteidigung

Nach einer Analyse der Sicherheits-Situation drängt es sich auf, für eine Stärkung der - zivilen - Institutionen zu plädieren, die den neuen Herausforderungen einer demokratischen Sicherheit gewachsen sind. Dazu braucht es nicht bloss eine übergeordnete Instanz, deren Aufgabe die Erarbeitung einer Nationalen Sicherheitsagenda und -politik ist, sondern es braucht auch die entsprechenden Mechanismen, Abläufe und klaren Richtlinien für ein gemeinsames Handeln, um diese Politik umzusetzen und koordinierte/gemeinsame Aktionspläne zu entwickeln.

In diesem Sinne schlug die VGBeratende Gruppe in SicherheitsfragenNF (CAS) ein Nationales Sicherheitssystem vor, das die Reform der involvierten Institutionen und eine klare Aufgabenteilung bzw. -zuweisung vorsieht. Im Rahmen dieses Systems (das dem Präsidenten unterstehen soll) wird ein oberstes Organ, der Nationale Sicherheitsrat, geschaffen, dem neben dem Präsidenten der Vizepräsident, die Innen-, Verteidigungs- und AussenministerInnen angehören sowie das Sekretariat für strategische Analysen. Letzteres soll die Geheimdienste der verschiedenen Instanzen koordinieren.

Ebenfalls wird die Transformation des aktuellen Innenministeriums in ein Sicherheitsministerium vorgeschlagen, dem die präventiven, abschreckenden und reaktiven Polizeikorps unterstehen, ebenso wie die verschiedenen Abteilungen der VGKriminalpolizeiNF, das Gefängniswesen und die zivile Instanz zur Vergabe von Waffenlizenzen und Munition. Funktionen wie diejenigen der Nationalen Druckerei (Bewilligungen von Vereinsgründungen und Lotterien), die heute auch dem Innenministerium angehört, würden anderen Instanzen übergeben werden.

Im Falle der VGZivilen NationalpolizeiNF müssten der Bereich der Prävention und die Mechanismen zur internen Kontrolle ausgebaut werden. Die jüngsten Ereignisse zeigen, dass das Problem in denjenigen Einheiten vorherrscht, die zur Bekämpfung des organisierten Verbrechens eingesetzt werden. Deshalb reicht es nicht, die über 1700 angesammelten internen Beschwerden zu untersuchen und gegebenenfalls Disziplinarverfahren und die juristischen Schritte einzuleiten, sondern es muss auch ein Anforderungsprofil mit klaren Bedingungen für zukünftige Mitglieder dieser Einheit erstellt werden.

In der heutigen Situation und angesichts der weit verzweigten Netze des organisierten Verbrechens innerhalb der Polizei, müssen die oben beschriebenen Prozesse von internationalen SpezialistInnen begleitet werden, um die notwendige Objektivität und Effizienz sowie den entsprechenden Rückhalt zu garantieren. Es darf nicht vergessen werden, dass kürzlich verschiedene Personen, die mit der Untersuchung polizeiinterner Klagen beauftragt waren, umgebracht wurden.

Im nationalen Kontext ist die Einsetzung der VGInternationalen Kommission gegen StraflosigkeitNF in Guatemala (CICIG) dringend notwendig. Gemäss der VGMyrna Mack-StiftungNF zeichnet sich die CICIG als fundamental ab, um Untersuchungen und Prozesse gegen das von den illegalen Körperschaften und klandestinen Strukturen (VGCIACSNF) ausgehende Phänomen der politischen Gewalt einzuleiten. Gleichzeitig hilft sie, die Kapazitäten der staatlichen Sicherheitsinstitutionen zu stärken und Politiken zu definieren, die das Erstarken solcher Gruppierungen längerfristig unmöglichen machen.

Definierung und Umsetzung einer präventiven Sicherheit

Prävention ist eine Hauptkomponente von Sicherheit. Die Prävention von Delikten ist aber nicht nur eine Aufgabe der Polizei. Es gibt andere sogenannte Risiko-Faktoren im Zusammenhang mit Delikten, deren Prävention in der Verantwortung anderer staatlicher Institutionen liegt, wie z. B. der freie Zugang zu Alkohol und zu VGWaffenNF, die zunehmende Jugendarbeitslosigkeit, die geringe Kaufkraft der Bevölkerung, die grassierende Ungerechtigkeit und die beschleunigten Urbanisierungsprozesse. Die Prävention dieser Tendenzen bedarf einer öffentlichen Politik, die Ressourcen für soziale Investitionen zur Verfügung stellt. Was auf diesem Weg nicht erreicht werden kann, muss später mit mehr Polizei und mehr Gefängnissen bekämpft werden.

Als normativer Rahmen für präventive Sicherheit dient das Modell der demokratischen Sicherheit, das auf zwei Hauptaktivitäten beruht, die fundamental sind für ihre Umsetzung: Die Prävention und die Partizipation der Gesellschaft. Die Prävention wird zu einem Schwerpunkt, auf lokaler, nationaler und internationaler Ebene. Dazu braucht es das Zusammentragen, die Analyse und die Systematisierung von Informationen, um entsprechende Strategien auszuarbeiten. Je mehr vorgebeugt werden kann, desto kleiner wird die Verletzbarkeit. Anderseits ist die integrierte und gleichberechtigte Beteiligung der Bevölkerung in den verschiedenen Bereichen der Sicherheit ein wichtiger Bestandteil jeglicher Massnahmen, sollen diese erfolgreich sein.

Deshalb ist es dringend notwendig, eine präventive Sicherheitspolitik zu entwickeln, um neue Formen des Zusammenlebens zu etablieren, das auf positiven Werten basiert und mehr Freiheit und Sicherheit zur Folge hat. In diesem Zusammenhang ist die Rolle der lokalen Behörden und der Kommunalen Entwicklungsräte zentral und wichtig für die Koordination und Umsetzung einer präventiven Sicherheitspolitik.

Schlussbemerkung

Die jüngsten Ereignisse haben dazu geführt, dass die politischen Parteien, die Zivilgesellschaft und die Regierung ihre Kräfte zusammengeschlossen haben. Es gibt eine tiefe und geteilte Überzeugung, dass wir an einem Tiefstpunkt angelangt sind und dass die Antwort auf die aktuellen Probleme nicht von einem Sektor allein gegeben werden kann. Es ist der Moment gekommen, wo die Veränderungen angepackt werden müssen und es braucht die politische Reife, diese Veränderungen als einen Prozess zu verstehen. Die Schwäche und Verletzbarkeit unserer Systeme zu politisieren reicht nicht mehr. Der Feind, der sich in Form von VGKorruptionNF, Mord und Straflosigkeit konkretisiert, muss gemeinsam bekämpft werden.

Präsident VGOscar BergerNF hat die Beratende Gruppe in Sicherheitsfragen (CAS) um Unterstützung angefragt bei der Einführung eines Nationalen Sicherheitssystems und bei der Umsetzung dringender Massnahmen zur Stärkung der polizeilichen Institutionalität und zur Schaffung eines zivilen Geheimdienstes.

Der Erzbischof, der VGMenschenrechtsprokuratorNF und der Rektor der Nationalen VGUniversität von San CarlosNF haben ein Nationales Abkommen vorgeschlagen, das in die selbe Richtung geht. Menschenrechtsorganisationen und SpezialistInnen der Thematik haben Vorschläge präsentiert, um Kontroll- und Sanktionsmechanismen innerhalb der Polizei durchzusetzen. Es besteht jetzt die Möglichkeit, den politischen Parteien das Versprechen abzunehmen, gemeinsam mit dem Rest der Gesellschaft eine demokratische Sicherheitspolitik zu entwickeln und die notwendigen Schritte einzuleiten, um die Bedürfnisse nach Sicherheit, Frieden und Freiheit der GuatemaltekInnen zu institutionalisieren.


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