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Frauenmorde und Straflosigkeit

Fijáte 446 vom 21. Oktober 2009, Artikel 1, Seite 1

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Frauenmorde und Straflosigkeit

Dies führt laut Hilda Morales dazu, dass "die Verantwortlichen weiterhin zuschlagen, vergewaltigen und töten, da sie wissen, dass ihnen nichts passieren wird". In Guatemala gab es schon immer Gewalt gegen Frauen, allerdings "sind die Formen der Gewalt der letzten Jahre ein Nachgeschmack des internen Krieges, wo es den Soldaten erlaubt war, Schreckenstaten an Frauen zu begehen, die nicht nur sexueller Natur waren, sondern auch morden und Verstümmeln beinhaltete". Für VGWalda Barrios-Klee, Präsidentin der Nationalen Union Guatemaltekischer Frauen (VGUNAMGNF), ist "die Straflosigkeit eines der Merkmale des Feminicidio. Und deshalb brauchen wir einen kulturellen Wandel: von der Hasskultur, die uns vom Bürgerkrieg vererbt wurde, zu einer Kultur des Friedens und des Respekts aller Lebensformen".

Mit der Unterzeichnung der Friedensabkommen begann die eigentliche harte Arbeit der sozialen und psychologischen Transformierung von Tausenden von Frauen, deren Rechte verletzt wurden, die vergewaltigt und ermordet wurden, ohne dass ihnen oder ihren Familien je Gerechtigkeit widerfuhr. Organisationen wie Oxfam International unterstützen die lokalen Frauenvereine und deren Bemühungen, den Frauen das Recht, über ihren eigenen Körper zu bestimmen, und ein Leben in Freiheit zu führen, wiederzugeben. Auch sind die Ehefrauen, Mütter und Witwen die Protagonistinnen im Kampf um die verschwundenen Familienangehörigen, und es ist ihnen zu verdanken, dass die begangenen VGMassakerNF ans Tageslicht gebracht und damit Gerechtigkeit von den Militärdiktaturen der Zeit des Konfliktes gefordert wurden.

Trotz aller Bemühungen ist es dem Staat bisher noch nicht gelungen, die Grundlagen für einen gerechten und andauernden Frieden zu schaffen und effiziente politische und juristische Institutionen zu konsolidieren. Nach einer Studie der UNAMG "erschuf man in Guatemala ein System absoluter Straflosigkeit, und ein Jahrzehnt von Anstrengungen reichten nicht aus, um den Rechtsstaat zu festigen". Dabei zeichneten sich die Frauenorganisationen bei den Friedensabkommen nicht nur durch aktives Handeln aus, wie Walda Barrios-Klee erklärte. Sie machten nicht nur als Kollektiv und Teil der Zivilgesellschaft während der Abkommen Druck, sondern traten auch danach für die Ausübung ihrer Bürgerrechte ein.

Initiativen, die sich für die Rechte der Frauen einsetzen

Diejenigen, die am besten das grosse Leid kennen und verstehen, welches die Familien der Opfer des Feminicidio erfahren müssen, sind ohne Zweifel die Organisation, die sich mit diesem Thema auseinandersetzen. Angesichts des Fehlens von Information und offizieller Ermittlungen in den grausamen Frauenmorden war die GGM die erste Organisation, die sich damit befasste, die Zahlen der Ermordeten zusammen zu suchen. Sie führte Studien und Diagnostiken durch, die belegen, wie gross der Prozentsatz von Ermittlungen, Verurteilungen und Straflosigkeit ist. Parallel dazu unterstützt die Organisation Frauen, die Opfer von Gewalt sind, durch psychologische, soziale und juristische Betreuung. Ausserdem ist ein unumgänglicher Teil ihrer Arbeit, Druck auf den Kongress auszuüben und juristische Alternativen zu fördern.

Diese Bemühungen treffen auf andere Initiativen, die von ausserhalb Guatemalas kommen. Von VGSpanienNF aus unterstützen Frauenbewegungen aktiv diesen Kampf wie z.B. die Plattform von Künstlerinnen gegen VGGendergewaltNF. Mitglieder dieser Plattform sind Frauen aus der Welt der Kunst, der Musik und des Kinos, angeführt von der Sängerin und Aktivistin Cristina del Valle. Durch verschiedene Aktionen visualisieren sie die Problematik, und während eines Besuches im Mai diesen Jahres sprachen sie vor dem Kongress und forderten ihn dazu auf, die Gesetze, die weiterhin Frauen diskriminieren, zu überholen.

Die Effizienz offizieller Nachforschungen und der Kampf gegen Straflosigkeit werden von dem Druck abhängen, die die sozialen Bewegungen ausüben können. Man kann und darf sich nicht gleichgültig gegenüber einer Zahl verhalten, hinter der das Leben von Tausenden von Frauen stehen, deren Freiheit und Anrecht auf Gerechtigkeit auf dem Spiel stehen.

* Kommentar der Redaktion: Innerhalb der Frauen- und feministischen Bewegung wird eine breite Debatte über die Verwendung der Begriffe Feminicidio und Femicidio geführt. Während der Begriff Femicidio/VGFemizidNF analog zum Begriff Homicidio/Homizid die Ermordung von Frauen im Gegensatz zur Ermordung von Menschen/Männern unterscheidet, wird der Begriff Feminizid/Feminicidio analog zum Begriff VGGenozidNF/Genocidio verwendet und schliesst eine systematische und politische Komponente ein. So erstaunt es nicht, dass das entsprechende guatemaltekische Gesetz sich an die Homizid - Femizid-Analogie hält und nicht an die vor allem in feministischen Kreisen verbreitete Genozid - Feminizid-Analogie, da man sich sonst plötzlich auch mit der Genozid-Frage auseinandersetzen müsste.


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