guatemala.de > Guatemalagruppe Nürnberg e. V. > Fijate
Fijáte
 

Gerechtigkeit für Pepe - Kampf gegen die Straflosigkeit in Guatemala

Fijáte 441 vom 12. August 2009, Artikel 2, Seite 1

PDF Original-PDF 441 --- Voriges Fijáte --- Artikel Nr. 1 - 2 - 3 - 4 - 5 - 6 - 7 - 8 --- Nächstes Fijáte

Gerechtigkeit für Pepe - Kampf gegen die Straflosigkeit in Guatemala

Wer in Guatemala versucht, etwas gegen das organisierte Verbrechen zu unternehmen, lebt in Angst. Auch die Familie von Pepe. Seine kleine Schwester Ana Maria wurde kürzlich am Telefon bedroht: "Sie fragten nach meinem Vater. Ich habe gesagt, dass ich seine Tochter bin. Daraufhin haben sie mich angeschrieen. Sie sagten mir, sie seien vor unserem Haus. 'Gleich wird es klingeln. Wir sind bewaffnet und wollen deinen Vater.' Ich habe aufgelegt. Sie haben immer wieder angerufen. Fünf Minuten später haben sie heftig gegen die Haustür getreten. Ich habe die Polizei gerufen, aber niemand ist gekommen."

Die Polizei in Guatemala ist unterbesetzt und miserabel ausgestattet. Die Staatsanwaltschaft auch. Zudem befolgen vielen Staatsanwälte die Regeln der unantastbaren Mitglieder der einflussreichen Oberschicht Guatemalas. Der bis vor kurzem für den Mord an Pepe zuständige Ermittler der Staatsanwaltschaft Héctor Canastuj hat sich immer geweigert, den ehemaligen Direktor des Flughafens oder seine engsten Vertrauten auch nur zu einem Gespräch vorzuladen.

Guatemala gilt als Durchgangsstation für Kokain aus Kolumbien, das vor allem nach Nordamerika transportiert wird. Im Fall von Pepe gibt es zahlreiche Hinweise, die in Richtung der Kokainmafia deuten. Doch Héctor Canastuj zieht es vor, diese Spuren zu ignorieren. So sind fast zwei Jahre vergangen, ohne dass die Staatsanwaltschaft die relevanten Dokumente verdächtiger Flüge angeschaut hätte, die zu Konflikten zwischen Pepe und seinen Vorgesetzten geführt haben. Amílcar Méndez ist frustriert: "Sie haben nicht eine einzige Sache gemacht, um die Hintermänner des Mordes an meinem Sohn zu identifizieren, diejenigen, die beauftragt und bezahlt haben."

Dabei könnte Amílcar Méndez eigentlich stolz auf das Erreichte sein. Mit seiner Hartnäckigkeit ist er so weit gekommen, dass der Tatverdächtige Omar Gudiel als Mörder verurteilt wurde. Dazu kommt es in Guatemala in weniger als einem von hundert Mordfällen. Doch der Ermittler Canastuj muss eingestehen, dass der verurteilte Mörder in einer ausgesprochen privilegierten Haftsituation lebt. "Als wir seine Zelle inspiziert haben, haben wir ein Mobiltelefon gefunden. Er hat ein Einzelzimmer und in einem Raum nebenan stand ein Laptop, den er benutzt hat."

Die Schwester des Opfers, Rocio, ist sich sicher, dass der junge Mann einen Auftrag ausgeführt hat: "Es ist offensichtlich, dass er von einflussreichen Leuten finanziell unterstützt wird. Womöglich waren diese Leute sogar daran interessiert, dass er schuldig gesprochen wurde. Es könnte sein, dass er die Rolle des Sündenbocks übernommen hat."

Nicht ein einziger wichtiger Boss der Drogenkartelle sitzt in Guatemala im Gefängnis. Einige ihrer Namen sind bekannt und werden sogar in Medienberichten genannt. Diese Personen pflegen beste Beziehungen zur Polizei, zum Justizapparat und zur Regierung. Sie bleiben straflos, egal wie viele Morde sie in Auftrag geben.

Je mehr Zeit vergeht, desto weniger glaubt Pepes Mutter Miriam daran, dass sie eines Tages noch einmal glücklich sein wird. "Mein Glaube an Gott ist geschwunden. Ich habe keine Pläne mehr. Nur überleben, um mit den letzten Kräften, die mir bleiben, meinen Enkeln Wärme zu geben. Aber für mich selbst gibt es nichts mehr."


PDF Original-PDF 441 --- Voriges Fijáte --- Artikel Nr. 1 - 2 - 3 - 4 - 5 - 6 - 7 - 8 --- Nächstes Fijáte