guatemala.de > Guatemalagruppe Nürnberg e. V. > Fijate
Fijáte
 

"Wir wussten nichts von den Massakern"

Fijáte 450 vom 16. Dezember 2009, Artikel 2, Seite 2

PDF Original-PDF 450 --- Voriges Fijáte --- Artikel Nr. 1 - 2 - 3 - 4 - 5 - 6 --- Nächstes Fijáte

"Wir wussten nichts von den Massakern"

Bevor die Regierung und VertreterInnen der VGGuerillaNF VGURNGNF im Dezember 1996 einen Friedensvertrag unterschrieben haben, sind während des 36 Jahre lang dauernden Bürgerkriegs in Guatemala über 200.000 Menschen ermordet worden. Rund 400 Dörfer wurden von Soldaten der Armee zerstört und viele ihrer BewohnerInnen massakriert. Doch die junge Generation der Oberschicht Guatemalas weiss davon so gut wie nichts, meint der Schüler Mario Arturo Figueroa: "Von den Massakern haben wir noch nie gehört. Ich halte es für sehr wichtig, dass solche Filme in den Schulen gezeigt werden. Wir sind die Zukunft dieses Landes, und wir sollten unsere Geschichte kennen."

Nach der Filmvorführung kommt es zu einem Dialog zwischen den SchülerInnen, den vier Gemeindemitgliedern und den deutschen ProduzentInnen. Der Filmemacher Ulrich Miller ist zufrieden: "Ich hatte den Eindruck, dass die SchülerInnen der Deutschen Schule in einer völlig anderen Welt leben. Das bezieht sich nicht nur auf ihren wirtschaftlichen Status, sondern auch auf ihr politisches und historisches Bewusstsein. Sie sehen den Film mit völlig anderen Augen als die Jugendlichen in den Dörfern auf dem Land, die wir in den letzten Tagen besucht haben."

Der Schüler Edgar Peters gibt zu, dass er sich bisher nicht besonders für die Lebensbedingungen der indigenen Bevölkerung interessiert hat, obwohl die Mayas rund die Hälfte der EinwohnerInnen Guatemalas ausmachen. "Normalerweise haben wir nicht die Möglichkeit, uns mit ihnen zu unterhalten. Schon gar nicht über ein solch sensibles Thema. Deshalb war diese Vorführung und die darauffolgende Diskussion eine sehr neue Erfahrung für uns. Der Bürgerkieg ist ein Thema, über dass hier sonst nie direkt gesprochen wird."

Wie die meisten Jugendlichen aus seiner Schicht hat Edgar nahezu keinen Kontakt zu Angehörigen der indigenen Bevölkerung Guatemalas, mal abgesehen von den jungen Mädchen, die ihnen als VGHausangestellte das Zimmer putzen und das Essen kochen.

Nach der Vorführung wird die Gruppe im Büro des Direktors der Deutschen Schule empfangen. Sie bekommen Kaffee, Kekse und einen herzlichen Willkommensgruss. Der Koordinator des Bereichs für Sozialwissenschaften, Salvador Montufar, bedankt sich für den Beitrag zur Bewusstseinsbildung der SchülerInnen: "Ich halte es für sehr unwahrscheinlich, dass auch nur einer von ihnen jemals eine indigene Gemeinde besucht hat. Aber ich kann ihnen versichern, dass viele sehr daran interessiert sind, mehr über diese Lebenswirklichkeit zu erfahren."

Die Regisseurin des Films Andrea Lammers freut sich über die Ergebnisse des Besuchs: "Ich glaube, dass war nicht nur sinnvoll für die SchülerInnen, sondern auch für die KameradInnen aus der Gemeinde. Sie haben erlebt, dass sie auch in sozialen Kreisen, zu denen sie sonst nie Zugang haben, mit offenen Armen und Zeichen der Solidarität empfangen werden können."

Der Film "Auf halbem Weg zum Himmel" wird am 28. Dezember zu bester Sendezeit (0.45 - 2.30 Uhr!) im ZDF ausgestrahlt.

Weitere Informationen.


PDF Original-PDF 450 --- Voriges Fijáte --- Artikel Nr. 1 - 2 - 3 - 4 - 5 - 6 --- Nächstes Fijáte