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"Das private Mediensystem dient dem Machtmissbrauch"

Fijáte 443 vom 9. September 2009, Artikel 1, Seite 1

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"Das private Mediensystem dient dem Machtmissbrauch"

G.P.: Es gibt sicher Nuancen in den Positionen der Chefredakteure der drei grossen Tageszeitungen "Prensa Libre", "elPeriodico" und "Siglo XXI", aber ich glaube, dass sie sich im Grunde einig sind. Sie unterstützen alle die Ideologie der guatemaltekischen Bourgeoisie. Wenn man die Medien nach diesem Gesichtspunkt analysiert, disqualifizieren alle die öffentlichen Institutionen von A bis Z sowie Politikansätze, die eine Priorität auf die Ärmsten legen. In den Schlüsselfragen der nationalen Themen gibt es in den Printmedien keinerlei Unterschiede.

Frage: Ist die Aggressivität der Printmedien gegenüber der aktuellen Regierung ein Beweis dafür, dass diese konservativer ist als die Gesellschaft insgesamt?

G.P.: Die Medien haben die VGRegierung BergerNF mit Samthandschuhen angefasst. Und jetzt schlagen sie auf Doña Sandra (Ehefrau des Präsidenten VGColomNF) ein, sie habe als First Lady kein Recht, andere Aufgaben zu übernehmen. Wir sind hier sehr weit von einem Staat entfernt, der in grösserem Masse in die Wirtschaft eingreifen könnte. Aber trotzdem tun die Medien so, als wenn es so wäre: sie reagieren massiv gegen die Idee von höheren Staatsausgaben. Ich glaube, dass es kein Land auf der Welt gibt, in dem gesagt wird, dass man in Krisenzeiten die öffentlichen Ausgaben reduzieren muss. Nur hier tun sie das. Die sind so fundamentalistisch, dass sie nicht einmal pragmatisch sein können. Ihre Obsession für die Orthodoxie liegt vor allem darin, den Staat marginal zu halten, und obwohl man mit Zahlen belegen kann, dass das Programm "Mi Familia Progresa" den lokalen Konsum erhöht hat, wollen sie davon nichts wissen, weil es "chavismo" ist … Dieser ganze ideologische Ballast wird in den Morgenzeitungen wiedergekäut - und zwar dort, wo man am meisten beeinflussen kann: in den Überschriften. Denn die Mehrzahl der Leute liest nur die Überschriften.

Frage: Aber Wochenzeitungen sind doch häufig gescheitert …

G.P.: Wir müssen da die paradigmatischen Fälle anschauen, z.B. "VGCrónica", eine Zeitschrift, die in einem Ambiente der Öffnung und beginnenden Modernität in Guatemala entstand. Wovon lebte sie? Von der Werbung, weil diese merkte, dass einige Medien, auch wenn sie nur eine Minderheit bedienen, ein elitäres Publikum haben und damit genau jene, die für ihre Werbebotschaften geeignet sind.

Frage: Wie sehen Sie das Geschäft mit dem Sensationsjournalismus und den "Blutigen Nachrichten"?

G.P.: Die Boulevard-Blätter sind überall auf der Welt die am meisten verkauften Medien. Hier konstruieren die Medien ein Bild von Verbrechensraten, das sicher höher ist als das tatsächliche Niveau. Diese Verbrechen dienen ihnen als Rechtfertigung, dass sie das veröffentlichen, was die Leute lesen wollen. Und das ist sogar wahr, aber angesichts dieser Realität gibt es zwei Strategien: Entweder sich an diesen Interessen der Leute ergötzen und sie gutheissen, oder allmählich das Niveau der LeserInnen anzuheben. Rubén Zamora sagte mir, als wir bei "Siglo XXI" zusammenarbeiteten, sinngemäss folgendes: "Wir wissen, dass der Sensationsjournalismus, den wir brauchen, um unsere Zeitung zu verkaufen, Vorurteile bedient."

Frage: Zeigt die "blutige Nachricht" neben der Tatsache, dass es ein gutes Geschäft ist, nicht auch etwas tiefer liegendes, nämlich die Gleichgültigkeit gegenüber dem Tod?

G.P.: Man muss nicht Salomon sein, um zu wissen, dass, wer den Tod mit hängender Zunge auf dem Titelblatt bringt, mehr Blätter verkauft. Diese Erkenntnis bringt uns aber nicht zum eigentlichen Problem: dass das privatwirtschaftliche Mediensystem ein Missbrauch der Macht ist und eine fehlende Regulation eines unermesslichen Gemeingutes. Die Medien haben die Macht über nichts geringeres als den Geist und die Wesensart der Bevölkerung. Es ist die absoluteste und strafloseste Macht, die es auf dieser Erde geben kann.

Frage: Die Regierung Colom hat versucht, die Regierungsmedien zu stärken. War das ein gutes Ziel?

G.P.: Die Presse sollte darüber informieren, was die Regierung tut, schon aus Respekt vor den LeserInnen. Dies trägt dazu bei, die Politik und das Bewusstsein der BürgerInnen zu bereichern. Aber auch das geschieht nicht. Früher haben die Abgeordneten im Parlament das Wort ergriffen, und zwar nicht, um sich für oder gegen eine Gesetzesinitiative zu positionieren (weil dies hinter dem Rücken der Öffentlichkeit geregelt wird), sondern um die Kommunikation mit den LeserInnen aufrechtzuerhalten. Aber die Medien veröffentlichten niemals ein Wort, womit diese Praxis verschwand. Die Presse veröffentlicht nur, wenn ein Abgeordneter gerade ein Sandwich isst, um zu sagen, dass er ein Arschloch ist.

Frage: Finden Sie, dass der (offizielles Organ der Regierung, die Red.) eine gute Arbeit macht?

G.P.: Ja. Das "Diario de Centroamérica" hat zwar nicht die Auflage eines "VGNuestro Diario" oder einer "Prensa Libre", aber sie kann ein ausgleichendes Element sein. Aber: wie soll man das aufrechterhalten, wenn es noch nicht mal Geld für ein normales Funktionieren des Staates gibt?


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