Das Militär kehrt zurück
Fijáte 438 vom 01. Juli 2009, Artikel 7, Seite 6
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Das Militär kehrt zurück
Guatemala, 22. Juni. Fünf Jahre, nachdem sie aus Rabinal, Baja Verapaz vertrieben wurde, da die Bevölkerung nichts mehr mit denjenigen zu tun haben wollte, die die Hauptrolle in den Massaker gegen sie gespielt haben, kehrt die Armee nun wieder in den Ort zurück, um der Nationalen Zivilpolizei (PNC) bei der Bekämpfung der Kriminalität zur Seite zu stehen. Auf Antrag des Munizipalen Entwicklungsrates (COMUDE) wurde ein Kommando mit 21 SoldatInnen und zwei Offizieren in Rabinal aufgestellt. Laut Gemeindeanführer Agustín Aj Piox sei die Situation der Verbrechen in Rabinal nicht mehr auszuhalten. "Deswegen haben wir um die Rückkehr des Militärs gebeten. Wir hoffen, dass die Bevölkerung jetzt in Frieden leben kann." Die Gouverneurin von Baja Verapaz, Ángela Flavia Reyes Larios, wies darauf hin, dass Rabinal, Studien zufolge, das unsicherste Munizip des Departments sei. Seit Oktober 2009 patrouillierten SoldatInnen dreimal die Woche durch den Ort, ab jetzt werden sie also permanent präsent sein. Auch ins grösste Munizip des Departments Quiché, Ixcán, kehrt die Armee zurück. Vor zwei Monaten hatte der Kongress dafür eine Sonderzulage über 150 Mio. Quetzales gebilligt, von denen die ersten 25 Mio. bereits ans Verteidigungsministerium überwiesen wurden. Damit soll die 6. Militärbrigade wieder funktionieren - in einer Region, die zu denen gehört, die am stärksten vom internen bewaffneten Konflikt betroffen worden war. Heute sieht sich die Bevölkerung nicht nur konfrontiert mit der Invasion von Drogentransport und illegalem Holzschlag, sondern zusätzlich von den Bedrohungen und Auswirkungen von Megaprojekten wie den geplanten Wasserkraftwerken Xalalá und Xacbal und dem Bau der Verbindungsstrasse Franja Transversal del Norte, die den Warentransport aus dem Norden ins und durchs Land erleichtern soll. Die Aufgabe der Militärbrigade besteht derweil in der Unterstützung von nicht weiter detailierten "Sicherheitsoperationen" auf der Franja Transversal, dem Kampf gegen den Drogenhandel sowie gegen die Invasionen in das Naturschutzgebiet der Biósfera Maya. Ausserdem soll sie die Gebiete wieder zurückgewinnen, die vom organisierten Verbrechen eingenommen worden sind, die zwischen dem Departement Izabal und der Grenze zu Mexiko operieren. Nichts wird indes laut darüber, dass dieses Gebiet zudem eingenommen ist von Grossplantagen von Zuckerrohr und Ölpalme zur Herstellung von Agrodiesel, was seit langer Zeit die Verdrängung der Bevölkerung in die unfruchtbaren Berge und aus der Gegend zur Folge hat. So verwundert es nicht, dass das Operationsgebiet der Brigade die Departements Alta wie Baja Verapaz, den Norden von Quiché und den Süden von Petén umfasst. Nach oben |
Die hiesige Kaserne war nach der Unterzeichnung der Friedensverträge geschlossen worden. Aktueller Plan ist, hier zwischen 600 und 1000 SoldatInnen zu stationieren. Dafür hat das Verteidigungsministerium bereits Ausschreibungen lanciert, mittels deren es Freiwillige rekrutieren will, die in Playa Grande, Ixcán, Militärdienst leisten wollen, um "ihrer Verpflichtung gegenüber dem Vaterland nachzukommen", so Verteidigungsminister Abraham Valenzuela. Indes artikulierten die lokalen Volksorganisationen ihren Widerstand gegen die Installation der Kaserne im Munizip Ixcán, wo sowohl RückkehrerInnen aus dem Exil und aus den Bergen, sowie Mitglieder der Widerstandsgemeinden (CPR) leben. Doch aufgrund der immer noch herrschenden Angst habe niemand etwas gesagt, meint Marcelino López, Vertreter der örtlichen Sozialpastorale. Gleichwohl hätten die Organisationen eine bezahlte Anzeige geschaltet, um ihre Haltung kundzutun. Doch in den Dörfern herrsche die Angst, dem Staat zu widersprechen. Gemäss López seien die herrschende Gewalt und der Drogenhandel nicht die einzigen Gründe für die angekündigte Militärpräsenz, dahinter steckten noch andere, nicht deklarierte Motive. In Sachen Sicherheit für die Bevölkerung sei es derweil viel nötiger, dass mehr PolizistInnen in die Region geschickt würden. Rund zehn Tage vor der geplanten Eröffnung der Kaserne, verkündete das Finanzministerium, dass es die gebilligten Gelder doch nicht ans Militär weiterleiten werde, denn das originale Haushaltsgesetz beinhaltet bereits diesen Posten: "Innerhalb des Ausgabenetats des Verteidigungsministeriums wird der Posten für die Modernisierung und Professionalisierung der Armee sowie die Ausweitung von Militärbasen im Land in Höhe von 150 Mio. Quetzales berücksichtigt," so Artikel 3, Absatz 4. Eine weitere Militärbasis ist unterdessen für 2010 im ebenfalls an Mexiko grenzenden Departement San Marcos geplant. Bisher gibt es funktionierende Kasernen in Petén, Zacapa, Jutiapa, Suchitepéquez und Huehuetenango. Währenddessen beantragten BürgermeisterInnen aus verschiedenen Munizipien in Quetzaltenango sowie der Bürgermeister vom hauptstädtischen Vorort Mixco, verstärkte Sicherheitsmassnahmen und Unterstützung im Kampf gegen Überfälle, Geiselnahmen, Erpressungen, Morde und den Drogenhandel. In diesen Verwaltungsgebieten wird derweil explizit die Präsenz des Militärs gefordert, allein in Quetzaltenango sollen demnach sieben Kasernen geöffnet werden. Doch auch eine Aufstockung der Polizei sei vonnöten. So berichtet Quetzaltenangos Bürgermeister Jorge Barrientos: "Wir haben zurzeit einen Polizisten für 3´965 EinwohnerInnen, das kann doch nicht sein!" Bürgermeister Amílcar Rivera forderte für das Munizip Mixco indes acht Militärstationen und eine Stärkung der Polizeikommissariate. Mixco gehört zum Grossdepartement Guatemala, in dem die Stadt Guatemala, das westlich liegende Mixco und der im Süden befindliche Vorort Villa Nueva als die am stärksten von der Kriminalität betroffenen Verwaltungsbezirke des Landes gelten. |
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