Wahlen 2003: Ergebnisse und Tendenzen
Fijáte 297 vom 18. Nov. 2003, Artikel 1, Seite 1
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Wahlen 2003: Ergebnisse und Tendenzen
Am 9. November fanden in Guatemala die Präsidentschafts-, Kongress- und BürgermeisterInnenwahlen statt. Ebenfalls wurden die VertreterInnen für das Zentralamerikanische Parlament, PARLACEN, gewählt. Im Grossen und Ganzen verliefen die Wahlen ohne nennenswerte Zwischenfälle. Zumindest kam es nicht zu den befürchteten Ausschreitungen, die von den ehemaligen Zivilpatrouillisten (Ex-PAC) angedroht worden waren. Gewalttätige Zwischenfälle in rund zwanzig Gemeinden fanden erst nach den Wahlen statt. In zwei Punkten ist man sich bezüglich der Wahlen in Guatemala einig: Die Wahlbeteiligung von rund 58% war im Vergleich zu vergangenen Wahlen überwältigend (1999 waren es rund 46%). Besonders hervorzuheben ist dabei die Beteiligung der Frauen. Dies ist auf die Arbeit verschiedener sozialer Organisationen zurückzuführen, die die Frauen im Vorfeld der Wahlen dazu anhielten, ihre Papiere in Ordnung zu bringen bzw. sich überhaupt welche ausstellen zu lassen. Der zweite Punkt, in dem Einigkeit und Zufriedenheit herrscht, ist die Niederlage von el General Efraín Ríos Montt. Trotz teurer Wahlkampagne, dem Kauf von Stimmen und dem Versuch der Manipulation der Leute durch Einschüchterung und Falschinformation ist es ihm nicht gelungen, die Bevölkerung für sich zu gewinnen. In diesem !Fijáte! werden wir ausschliesslich über die Wahlen berichten und versuchen, neben den zahlenmässigen Ergebnissen auch etwas von der Stimmung dieser fiesta cívica, wie die Wahlen in Guatemala genannt werden, wiederzugeben. Guatemala, 12. Nov. Die Gran Alianza Nacional GANA mit ihrem Kandidaten Oscar Berger (34,48% der Stimmen) und die Unidad Nacional de Esperanza UNE mit Alvaro Colom (26,48%) werden am 28. Dezember in einer Stichwahl gegeneinander antreten, um denjenigen zu bestimmen, der ab dem 15. Januar 2004 die Präsidentschaft in Guatemala übernimmt. Die GANA hat ihre Stimmen vor allem in der Hauptstadt, im Departement Guatemala sowie im Osten des Landes, also vorwiegend unter der Ladino-Bevölkerung, gewonnen. Sie wird mit 49 Sitzen von den insgesamt 158 im Kongress vertreten sein. Dementsprechend hat sie nicht, wie die Regierungsparteien in den Jahren zuvor, die notwendige Mehrheit, um im Alleingang Gesetzesänderungen verabschieden zu können. Weiter besetzt die GANA 69 Bürgermeisterämter, u.a. in den Hauptorten der Departements Chimaltenango, San Marcos, Alta- und Bajaverapaz, Chiquimula, Santa Rosa und Petén. Die GANA wird mit 7 Sitzen (von insgesamt 20) im Zentralamerikanischen Parlament PARLACEN vertreten sein. Alvaro Colom von der UNE hat seine Stimmen vornehmlich in den Departements des Südwestens und Teilen des westlichen Hochlandes gewonnen (Escuintla, Sololá, San Marcos, Quetzaltenango, Totonicapán). Escuintla ist der einzige Departementshauptort, in der die UNE den Bürgermeister stellen wird. Insgesamt wird sie in 33 Gemeinden regieren. Im Kongress wird sie mit 33 Abgeordneten vertreten sein und im PARLACEN mit fünf. An dritter Stelle folgt die Frente Republicano Guatemalteco (FRG). Mit 19,21% aller WählerInnenstimmen liegt ihr Präsidentschaftskandidat, Efraín Ríos Montt, weit hinter Berger und Colom zurück. Bedenklich ist dabei jedoch, dass Ríos Montt einmal mehr in den Departements Quiché, Baja Verapaz und Huehuetenango absahnte, Regionen, die stark unter dem Krieg gelitten haben. Mit seiner Niederlage verliert Ríos Montt nun seine Immunität. Gustavo Meoño von der Rigoberta Menchú-Stiftung wird bereits in den nächsten Tagen nach Spanien reisen, um den dort eingeleiteten Prozess gegen Ríos Montt wegen Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen voranzutreiben. Nach oben |
Der Sieg über Ríos Montt darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die FRG mit 42 Sitzen die zweitstärkste Partei im Kongress sein wird. Unter anderem vertreten folgende Personen die FRG im Kongress: Zury Ríos Sosa (die Tochter des Generals), Mario Bolaños (Ex-Gesundheitsminister), Pedro Palma Lau (Ex-Guerillero) und Rosenda Pérez (Anführerin der Ex-PAC im Petén). Auch auf lokaler Ebene ist die FRG weiterhin stark. In 110 (von allen 331) Gemeinden, besetzt die FRG das Bürgermeisteramt, davon sind zwei Departementshauptorte (Totonicapán und Quiché). Auch in Sipacapa, wo das comité cívico Ri Jay (siehe ¡Fijáte 296) an den Wahlen teilnahm, gewann die FRG.. Landesweit haben die comités cívicos in 24 Gemeinden gewonnen, drei davon (Mazatenango, Zacapa und Sololá) in den Departementshauptorten. Nur noch 8.3% der Stimmen erhielt die Partido de Avanzada Nacional, PAN, die in den Departementshauptorten von Quetzaltenango, Jutiapa, Puerto Barrios und Retalhuleu den Bürgermeister stellen wird. Im Kongress wird sie mit 16 Abgeordneten vertreten sein. Die Hauptstadt Guatemala wird die nächsten vier Jahre von Ex-Präsident Alvaro Arzu regiert, der für die Partei Unionistas angetreten ist. Mit Glanz und Gloria wurde Nineth Montenegro von der Alianza Nueva Nación ANN als Kongressabgeordnete wiedergewählt. Die kommende ist bereits ihre dritte Amtsperiode. Mit ihr ziehen fünf weitere ANN-KandidatInnen (u.a. Pablo Monsanto) in den Kongress ein. Auch diese Partei hat ihre WählerInnenbasis ausschliesslich in der Hauptstadt und im Departement Guatemala. Die grosse Verliererin dieser Wahlen ist die URNG die Nationale Revolutionäre Einheit Guatemalas. Mit 2.56% der erhaltenen Stimmen hat sie nicht einmal die 4%Hürde geschafft, das Minimum, um als Partei weiterbeste- hen zu können. Da sie jedoch auf drei Sitze im Kongress gewählt wurde, ist ihre Weiterexistenz als Partei gesichert. Einzug in den Kongress halten die Parteisekretärin Alba Estela Maldonado, Gregorio Chay und Victor Manuel Sales. Die URNG hat vor allem auf lokaler Ebene verloren. Sie besetzt landesweit nur noch sieben Bürgermeisterämter und verlor in Gemeinden, wo sie sich des Sieges sicher war. In mindestens sieben Gemeinden werden die Wahlen wiederholt, da der Wahlprozess bzw. die Ergebnisse angefochten wurden: Cuyotenango (Suchitepéquez); El Quetzal (San Marcos); San Sebastián Cotzal (Huehuetenango); Patzité, San Juan Cotzal und Ixcán (Quiché); Quezada (Jutiapa). Die guatemaltekische Bevölkerung ist dem Aufruf, "gekreuzt zu wählen", also die Stimme nicht nur einer Partei zu geben, sondern unter den verschiedenen Parteien aufzuteilen, gefolgt. Entsprechend heterogen setzt sich der neue Kongress zusammen (insgesamt sind neun Parteien vertreten). Ebenfalls ist es ein Novum, dass der Bürgermeister der Hauptstadt nicht der Regierungspartei angehört. |
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