Wahlbarometer
Fijáte 287 vom 18. Juni 2003, Artikel 10, Seite 6
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Guatemala, 7. Juni. Die Basis der URNG (Nationale Revolutionäre Einheit Guatemalas) hat die von der nationalen Parteiführung vorgeschlagenen Kandidaten bestätigt: Rodrigo Asturias (Gaspar Ilóm) als Präsidentschafts- und Pablo Ceto Sánchez als Vizepräsidentschaftskandidat. Als AspirantInnen für einen Kongresssitz kandidieren u.a. die Parteisekretärin Alba Estela Maldonado, Wilson Romero (Mitglied der nationalen Parteiführung), Carlos Fuentes (LehrerInnenbewegung), Miguel Sanic Itzep (Indígenaführer) und Sandino Asturias Valenzuela, (Mitglied der nationalen Entminungskommission und Sohn von Rodrigo Asturias). Einmal mehr betonte die URNG, dass sie sich nicht auf Allianzen einlasse: Es gäbe eine linke Kraft, und das sei die URNG, meinte Parteisekretärin Maldonado. Damit beweist sie einiges an Selbstbewusstsein, wird doch ein Alleingang für die URNG kein Sonntagsspaziergang. PolitologInnen gehen davon aus, dass die etwa 15% "LinkswählerInnen" ihre Stimmen zwischen der URNG und der Bewegung für eine BürgerInnenrevolution (MRC) aufteilen werden. Diese Bewegung für eine BürgerInnenrevolution (MCR) ist der Zusammenschluss aller Parteien und Gruppierungen, die die Kandidatur des quetzaltekischen Bürgermeisters Rigoberto Quemé Chay unterstützen. Neben rund 125 Organisationen gehören der MCR die drei sich in Gründung befindenden Parteien CASA (Zentrum für soziale Aktion), Transparenz und (seit neustem) die ANN (Allianz Neue Nation) an. Die Tatsache, dass Transparenz mit von der Partie ist, hat bereits einen ersten Skandal ausgelöst: Der ANN-Kongressabgeordnete Alfonso Bauer Paíz bezeichnete Transparenz als eine rechte Partei und hat seinen Austritt aus der ANN sowie seinen Rücktritt aus dem Kongress angekündigt. "Ich habe nichts gegen eine Allianz mit Quemé, aber ich habe Probleme mit einigen Leuten von Transparenz, die eine düstere politische Vergangenheit haben". Allgemein geht man davon aus, dass die Aufnahme der im Jahr 2001 gegründeten Transparenz in die MCR in erster Linie finanzielle Gründe hat. Zu ihren Mitgliedern gehören mehrere, dem Portillo-Flügel angehörende Regierungsfunktionäre sowie Militärs und Unternehmer, die eher dem traditionellen denn dem linken Politspektrum zuzuordnen sind. Unter anderem Alfonso Cabrera, Wahlkampagnenleiter der FRG vor vier Jahren. Am 30. Mai liess die Republikanische Front Guatemalas (FRG) ihre Kandidaten für die Präsident- und Vizepräsidentschaft beim Obersten Wahlgericht (TSE) eintragen. Eine Woche zuvor sprach sich die FRG-Basis eindeutig für Efraín Ríos Montt als Präsidenten und Edín Barrientos als Vizepräsidenten aus. Bereits seit Monaten wird darüber spekuliert, ob eine Kandidatur Ríos Montts legal ist oder nicht, bzw. darüber, ob er genügend Macht auf die zuständigen Gerichte ausüben kann, damit (legal oder nicht) seine Kandidatur angenommen wird. Schon in den Jahren 1990 und 1995 reichte der im März 1982 durch einen Staatsstreich an die Macht gelangte Ríos Montt seine Kandidatur ein. Beide Male wurde sie abgelehnt, da die guatemaltekische Verfassung die Kandidatur eines ehemaligen Putschisten ausschliesst. Eigentlich ein klarer Fall, doch argumentieren die Anwälte von Ríos Montt damit, dass dieser Verfassungsartikel aus dem Jahre 1985 stammt und keine rückwirkende Gültigkeit hat. Am 6. Juni, dem Tag, an dem Ríos Montt in Totonicapán vor 20 Tausend Personen offiziell seine Wahlkampagne eröffnete, entschied das Oberste Wahlgericht erwartungsgemäss gegen ihn. Ebenfalls abgelehnt wurde die Kandidatur von Edín Barrientos, wobei die verantwortlichen Richter betonten, dass es nicht um die Person Barrientos gehe sondern darum, dass er auf der selben Liste stehe wie Ríos Montt. "Die Richter können die Verfassung nicht lesen, doch wir bleiben dran und werden die notwendigen Berufungen durchziehen, bis wir unser Ziel erreicht haben", war die Reaktion von Ríos Montt auf den negativen Entscheid. Für den ersten Einspruch hat die FRG nur drei Tage Zeit. Doch selbst wenn das Wahlgericht die Kandidatur schliesslich annehmen sollte, drohen die politischen GegnerInnen von Ríos Montt mit rechtlichen Schritten. In einigen politischen Kreisen ist man der Meinung, dass hinter dem Kandidaturwunsch von Ríos Montt der Plan steckt, sich legalerweise zurückweisen zu lassen, um sich anschliessend als Opfer zu präsentieren, das man aus Angst vor ihm nicht hat teilnehmen lassen. Nach oben |
Seine Opferrolle würde ihm eher dazu verhelfen, sich weiterhin auf der politischen Bühne zu bewegen. Alles in allem wird dieser Rechtsstreit wohl einige Monate in Anspruch nehmen. Zudem muss die FRG sich sputen und wohl einiges Geld aufbringen, will sie am 10. September, wenn die Einschreibefrist abläuft, ihre Wunschkandidaten präsentieren können. Als Verantwortliche für Logistik, in der Kampagnenleitung, als Mitglieder der Parteiführung oder als Kandidaten mischen viele pensionierte Militärs in einzelnen, erfolgsversprechenden Parteien mit und sichern sich so ihren Machteinfluss in der zukünftigen Regierung. So hat z.B. Oscar Berger, Kandidat der Allianz GANA, den ehemaligen Verteidigungsminister Marco Tulio Espinoza in seiner Kampagnenleitung. Als Allianzpartner hat sich Berger die Patriotische Partei (PP) ausgesucht, deren Gründer der pensionierte Oberst Otto Peréz Molina ist. Alvaro Colóm, Kandidat für die UNE (Nationale Einheit der Hoffnung), hat als Sicherheitsberater den ehemaligen Direktor des militärischen Geheimdienstes, Mario Mérida, beauftragt. Ricardo Bueso, der für die Christdemokraten (DC) kandidiert, hat sich die logistische Unterstützung von ExHauptmann Mauricio López Bonilla und von Ex-General und Verteidigungsminister unter Vinicio Cerezo, Héctor Alejandro Gramajo, geholt. Die FRG zählt neben ihrem Zugpferd, General Efraín Ríos Montt, noch andere berühmt-berüchtigte Militärs zu ihren Kandidaten und Unterstützern: ExGeneral Luis Felipe Miranda Trejo (aktuell Direktor des Tourismusinstitutes INGUAT), Mauricio Rodríguez (Geheimdienstchef unter Ríos Montt), sowie verschiedene Mitglieder der Vereinigung pensionierter Militärs AVEMILGUA. Gustavo Meoño, Leiter der Rigoberta Menchú-Stiftung, bezeichnet es als eine bewusste Strategie seit der Unterzeichnung der Friedensabkommen, dass Ex-Militärs sich in politische Projekte und Parteien mischen, um sich so ihren Einfluss sicher zu stellen. Inzwischen haben die internationalen BeobachterInnen in Guatemala Stellung bezogen, die von der Organisation der Amerikanischen Staaten (OEA) und der EU mit beauftragt sind, den Prozess der Wahlen zu überwachen. Von diesen Organisationen werden auch die Kosten der Wahlbegleitung getragen. Das TSE bestimmt die Normen für die Akredition der (inter)nationalen BeobachterInnen. Als solche können sich alle Interessierten mindestens 15 Tage vor den offiziellen Wahlen melden. Sie können den gesamten Wahlprozess und die Stimmenauszählung begleiten, müssen jedoch neutral bleiben. Ihre schriftlichen Berichte werden keine juristischen Konsequenzen auf den Wahlprozess haben. |
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