In schlechter Verfassung
Fijáte 286 vom 4. Juni 2003, Artikel 8, Seite 5
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In schlechter Verfassung
Guatemala, 26. Mai. Knapp 3 ½ Jahre nach Amtsantritt fällt Präsident Portillo auf, dass eine Verfassungsreform die einzige Möglichkeit sei, damit sich das Land entwickle, und sich ein Guatemala bilde, das demokratischer, toleranter, friedlicher und zivilisierter sei. Um den Prozess der Friedensverträge zu revitalisieren, gehörten zu den zu reformierenden Aspekten die Nationale Verteidigung u.a. in Bezug auf die mögliche Einsetzung eines zivilen Verteidigungsministers, der Zugang zu Land und die Rechte der Indigenen Völker. Schon bei seiner Auftaktrede vor der Konsultivgruppe vor wenigen Wochen bezeichnete er die Carta Magna als eine Zwangsjacke, die sich, als sie vor 18 Jahren formuliert wurde, auf Konzessionen und Partikularinteressen gegründet habe. Deswegen kündigte er nun die Einberufung einer Konstitutionsversammlung an, die jedoch bislang von der Opposition durchweg abgelehnt wurde. Doch dieser bedarf der Präsident, denn die Regierungspartei FRG stellt im Kongress keine Mehrheit, und der Beschluss müsste mit 2/3 der Stimmen verabschiedet werden. Aber selbst die Konstitutionsversammlung verfügt nur über eine eingeschränkte Reformautorisierung der Artikel zu den Individualrechten. Diese schliessen, laut Carlos Vega vom Sozialforschungsinstitut ASIES, nicht den Artikel 186 mit ein, der es bislang Efraín Ríos Montt verbietet (ihn jedoch schon zum dritten Mal nicht von dem Versuch abhält), sich als Präsidentschaftskandidaten aufstellen zu lassen, da er bereits einmal dieses Amt (vom 23. März 1982 bis 8. August 1983) innehatte. Lediglich über eine Volksbefragung sind grundlegende Veränderungen der Verfassung möglich, doch für eine solche fehlt laut Oberstem Wahlgericht (TSE) derzeit das Geld. Nach oben |
Und der Erfolg wäre längst nicht gesichert. 1999 wurden 50 Reformvorschläge eingereicht, und alle wurden vom befragten Volk abgelehnt. Diverse gesellschaftliche Sektoren beurteilen den Vorschlag des Präsidenten als Ablenkungsmanöver von derzeit aktuellen illegalen Aktionen der FRG. Zudem sei der Zeitpunkt einer Verfassungsänderung rund sechs Monate vor den Präsidentschaftswahlen mehr als ungünstig. Dabei wird grundsätzlich nicht bestritten, dass die Carta Magna erhebliche Mängel aufweist. Jedoch, so Irma Alicia Velásquez Nimatuj, Anthropologin und Repräsentantin der Indígenas in Quetzaltenango, würde die Problematik derzeit als strategisches Instrument benutzt, um WählerInnenstimmen zu sichern, indem womöglich durch Reformen letztendlich nur die Interessen von bestimmten Sektoren befriedigt würden. Zudem sei die bisherige NichtErfüllung der Friedensverträge weniger auf die Verfassung, als vielmehr auf die entsprechende Untätigkeit der Regierung zurückzuführen. Auch Vega von ASIES weist darauf hin, dass es notwendig sei, erst einmal die vorhandenen Gesetze anzuwenden, bevor über eine Verfassungsreform nachgedacht würde. |
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