Wie viel 'Maya' darf´s sein?
Fijáte 274 vom 11. Dez. 2002, Artikel 7, Seite 5
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Wie viel 'Maya' darf´s sein?
Guatemala, 16.Nov. In Guatemala befindet sich die Debatte um die Identität der Mayas im Niedergang. Dies vor allem nach der ersten Euphorie über das Abkommen über die Identität und Rechte der indigenen Völker und besonders nach der gescheiterten Volksbefragung zum Thema im Jahr 1999. Zu diesem Schluss kommt eine Studie des Institutes für Interethnische Forschung (IDEI) der Universität San Carlos (USAC). Der Rückgang sei unter anderem darauf zurückzuführen, dass die ladinische Bevölkerung keinerlei Notwendigkeit der Erörterung bzw. der Anerkennung irgendeiner ethnischen Identität sehe. Gemäss der Untersuchung hat innerhalb der Maya-Bewegung parallel dazu dennoch eine starke Vermehrung von Organisationen stattgefunden, mit dem Ziel, gemeinsame Forderungen zu formulieren und durchzusetzen. Doch fänden derzeit keine Verhandlungen im eigentlichen Sinne statt, sondern lediglich den Versuch des Staates, einige Aspekte des genannten Abkommens in den allgemeinen Diskurs einfliessen zu lassen. Die Untersuchung kommt zum Schluss, dass in einer hypothetischen Eigenregierung des Maya-Volkes ihre FührerInnen auf jeden Fall die Fähigkeit besässen, eine ihrer Kosmovision entsprechende Regierungsform aufzubauen. Jedoch sei die aktuelle nationale Konjunktur sehr weit von diesem Ziel entfernt. Auch ohne grossartige akademische Untersuchung lassen sich alltäglich viele Details finden, die eine deutliche Sprache sprechen: Von der Maya-Vereinigung der Universitäts-Studierenden (AMEU) wurde bekannt gegeben, dass der Beschluss des Ministeriums für Kultur und Sport, der die Durchführung von Maya-Zeremonien regulieren soll, eine eindeutige Verletzung des Abkommens über die Identität und Rechte der indigenen Völker darstelle. Jener Beschluss fordert, dass die Maya-PriesterInnen ein Identifikationsdokument bei sich zu führen haben, wenn sie eine Zeremonie an den heiligen Stätten durchführen wollen. Ausserdem dürften die Rituale nur zwischen 6 Uhr morgens und 6 Uhr abends stattfinden. Soviel zum Thema freie Religionsausübung und Befürwortung der Interkulturalität des Landes. Die Verantwortlichen des Ministerium versuchten sich zu rechtfertigen. Die Forderung nach dem Identifikationsnachweis diene dem Schutz der archäologischen Stätten, während das "Nachtverbot" darauf hinauslaufe, dass keine Musikanlagen, Lautsprecher und Blasinstrumente benutzt werden dürfen, welche nämlich ebenfalls der Archäologie Schaden zufügen könne. Wenige Tage vor der Veröffentlichung der Studie des IDEI hat sich auch die Organisation der Amerikanischen Staaten (OAS) mit diesem Thema beschäftigt. Diese ist dafür zuständig, das Projekt der amerikanischen Deklaration der Rechte der Indigenen Völker auszuarbeiten. Dabei wird besonderer Nachdruck auf die traditionellen Formen von Eigentum und kulturellem Überleben und damit dem Recht auf Land und Territorien gelegt. Nach oben |
Die OAS teilte dabei mit, dass an ihrem Treffen herausragende internationale Fachleute und VertreterInnen der indigenen Völker teilgenommen hätten, die ihre jeweiligen Standpunkte zum Thema ausgetauscht haben. Die aktuelle indigene Bevölkerung in Lateinamerika schwankt zwischen 40 und 50 Mio. Personen, die mehr als 400 identifizierbare Gruppen repräsentieren. Dazu gehören kleine Gruppen, die im Regenwald leben, aber auch die bäuerlichen Gesellschaften der Anden. Im kommenden Februar wird eine ähnliche Veranstaltung in Washington, dem Sitz der OAS stattfinden. Auch wenn nicht ausdrücklich die Rede davon ist, sei doch angemerkt, dass auch dieses 'Forschungsprojekt' seinen Teil zur Ausarbeitung der Freihandelszone der Amerikas (ALCA) beitragen wird. Die Frage nach Form und Nutzen muss dabei wohl nicht extra gestellt werden. |
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