Aus der Geschichte gelernt?
Fijáte 286 vom 4. Juni 2003, Artikel 6, Seite 4
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Aus der Geschichte gelernt?
Washington, 15. Mai. Bis in die jüngste Gegenwart hatte die ,,offizielle Version" der guatemaltekischen Geschichte Bestand, die die Ursache des 36 Jahre dauernden Krieges dem sich in Lateinamerika verbreitenden Kommunismus zuschrieb. ,,Das Militär sah sich gezwungen, die aufkommenden bewaffneten Gruppen, die das Land an sich reissen wollten, zu bekämpfen", ist bis heute gängiges Argument gewisser Militärs und Zivilpersonen, die glaubten, Guatemala sei das Nadelöhr, durch das der Kommunismus den Kontinent eroberte. Um dies zu verhindern, wurde 1954 mit finanzieller, ideologischer und militärischer Unterstützung der USA der guatemaltekische Präsident Jacobo Arbenz gestürzt. Mit der konkreten Umsetzung des Planes wurde der damalige US-amerikanische Botschafter in Guatemala, John Peurifoy, beauftragt. Die ,,kommunistische Gefahr", die von Arbenz und seiner Regierung ausging, waren soziale und landwirtschaftliche Reformen, die die Interessen US-amerikanischer Unternehmen, z.B. der United Fruit Company, im Land gefährdeten. Der Rest lässt sich in den Geschichtsbüchern bzw. hoffentlich bald in guatemaltekischen oder internationalen Gerichtsakten nachlesen. Letzte Woche wurde dieser Geschichte ein weiteres Kapitel zugefügt. Nach einem über ein halbes Jahrhundert andauernden Schweigen bzw. lauthalsen Abstreiten, erkannte das US-amerikanische Aussenministerium seine Beteiligung am Sturz von Arbenz an. Bereits 1990 gaben einzelne CIA-Mitglieder die Durchführung elf geheimer Operationen in Lateinamerika zu, eine davon in Guatemala. Nun wurden während zwei Tagen in Washington bisher unveröffentlichte Dokumente vorgelegt, in denen die CIA zugibt, den Sturz von Arbenz finanziert und geleitet zu haben. Nach oben |
Ausserdem wurde die Existenz des ,,Handbuch des Tötens" bestätigt, das zu jener Zeit den CIA-Agenten in Guatemala gegeben wurde. Aus den Dokumenten geht u.a. hervor, dass Peurifoy die Ermordung von Arbenz' nahestehenden Personen anordnete. Die USA gibt also 50 Jahre später ihre Einmischung in nationale Angelegenheiten offen zu, die dazu führte, dass die politische Macht in die Hände von ultrarechten Militaristen kam, die, inspiriert vom fundamentalistischen Antikommunismus, eine blutige Jagd gegen alle Andersdenkenden begannen. In ihren Kommentaren über diese ,,Aufdeckung der Wahrheit", die ein offenes Geheimnis war, äusserten sich globalisierungskritische JournalistInnen durchaus deutlich. Carolina Vásquez Araya schrieb in elPeriódico: ,,Die Intervention der USA hatte unter anderem zum Ziel, ihre Handels- und Wirtschaftsinteressen zu sichern und den Zugang zu den Naturressourcen zu garantieren. Dieses selbe Ziel verfolgen sie heute mit den Freihandelsabkommen. Die Öffnung der Archive der CIA gehören nicht zum Abschluss einer vergangenen Zeit sondern sind der Beginn dessen, was in den nächsten Jahren auf die lateinamerikanische Wirtschaft zukommt." |
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