Die Stichwahl: Who ist who?
Fijáte 297 vom 18. Nov. 2003, Artikel 2, Seite 2
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Die Stichwahl: Who ist who?
Guatemala, 12. Nov. Viele GuatemaltekInnen haben am letzten Sonntag nicht für einen Kandidaten gewählt sondern in erster Linie gegen Ríos Montt. Nachdem dieser nun definitiv aus dem Rennen ist, muss sich die Bevölkerung am 28. Dezember zwischen Alvaro Colom von der UNE und Oscar Berger von der GANA entscheiden. Wer sind diese beiden, welchen politischen Hintergrund haben sie, und welche Regierungspläne vertreten sie? Die GANA ist eine Allianz von drei Parteien: Die Partido Reformador steht unter der Leitung von Jorge Briz, der den Handelssektor vertritt, die Partido Solidaridad Nacional ,,gehört" Castillo Sinibaldi (Vertreter der Alkoholproduzenten) und die Partido Patriota wird von Ex-General Otto Pérez Molina angeführt, einem Militär aufstandsbekämpferischer Herkunft. Die GANA wurde gegründet, nachdem Berger wegen internen Streitigkeiten mit Leonel López Rodas die PAN verlassen hatte (welche bereits angekündigt hat, in der Stichwahl die UNE zu unterstützen). Der Allianz angeschlossen haben sich VertreterInnen der Landwirtschafts, Handels-, Industrie- und Medienbourgeoisie, also Leute aus dem Umfeld des UnternehmerInnenverbandes CACIF. Auch Teile der Frente Democrático, der verschiedene Nichtregierungs- und Menschenrechtsorganisationen angehören, sympathisieren mit der GANA. So z.B. hegt CALDH die Hoffnung, dass mit einer GANA-Regierung der Gerichtsprozess gegen Ríos Montt endlich geführt werden kann. Die Frente Democrático wurde nach den von der FRG initiierten, gewalttätigen Ereignissen von Ende Juli gegründeten. Die GANA ist eine Zeiterscheinung, hat eine sehr schwache Basis und als Partei keine politische Tradition. Eine Regierung der GANA würde nur wenig Veränderung bringen im Vergleich zur FRG. Sie spricht sich für eine neoliberale Politik und weitere Privatisierungen aus. Die Tatsache, dass sie ein konjunkturelles Phänomen ist, lässt befürchten, dass die Koalition, erst einmal an der Regierung, schnell wieder auseinanderfällt und ihre Kongressabgeordneten zu anderen Parteien überlaufen bzw. sich unabhängig erklären. Die Stärke der GANA ist die Person von Oscar Berger, der als ehemaliger Bürgermeister der Hauptstadt über einen gewissen Bekanntheitsgrad verfügt. Bei den letzten Präsidentschaftswahlen hat er sich bereits einen Namen gemacht. Berger ist Unternehmer im Kaffeesektor, dem ausbeuterischsten und repressivsten im Lande, und vertritt den stärksten Wirtschaftssektor, dem er, im Falle eines Wahlsieges, wieder an die Macht verhelfen würde. Die UNE ist ein Konglomerat verschiedener Abspaltungen und Gruppierungen der kleinen Bourgeoisie. Viele ihrer Mitglieder sind DissidentInnen anderer Parteien oder Mitglieder früherer Militärregierungen. Nach oben |
Zentrale Figur und Präsidentschaftskandidat ist Alvaro Colom, ein Maquilaunternehmer (Textilindustrie) aus San Marcos. Sein Vizekandidat ist Fernando Andrade Díaz-Durán, Ex-Funktionär verschiedener Militärregierungen. Die UNE hat ihre Basis laufend gestärkt und vergrössert, dank der Oppositionsposition, die Colom in den letzten Jahren innehatte. Es ist schwierig, die Partei politisch festzulegen, da sie zusammengesetzt ist aus Personen verschiedenster Herkunft. Ursprünglich entstand die UNE in der linken Ecke, Colom war vor vier Jahren Präsidentschaftskandidat der linken Allianz ANN. Doch die UNE hat sich in den letzten Jahren stark von der Linken abgewendet. Einerseits rühmt sie sich als die einzige Partei, die den Ex-PAC nicht die Auszahlung von Entschädigungsgeldern verspricht und zieht dabei ethische Gründe ins Feld, andererseits lanciert sie Werbespots, in denen Colom sich für die Todesstrafe ausspricht. Auch wenn sie oft als Partei der Mitte oder gar der Mitte-Linken bezeichnet wird, ist die UNE in ihrer Zusammensetzung und Praxis eher ein Ausdruck der opportunistischen Rechten. Kurz vor den Wahlen wurde bekannt, dass die Wahlkampagne von Alvaro Colom unter anderem von Julio Girón (Privatsekretär von Alfonso Portillo) und Francisco Alvarado Macdonald (umstrittener Bankenbesitzer, der bereits die Kampagne von Portillo vor vier Jahren unterstützt hat) finanziert wird. Die UNE ist auch der ideale Partner für die Vereinigten Staaten, um das Projekt 'Freihandelsabkommen' durchzuziehen. Da die UNE nicht von der Oligarchie dominiert ist und ein nichtssagendes Regierungsprogramm hat, birgt sie keinen Anlass zur Befürchtung, das Land in einen Zustand der Unregierbarkeit hineinzumanövrieren. Die GANA hingegen integriert gewisse Landwirtschafts- und Industriesektoren, die sich durch die Öffnung des nationalen Marktes beeinträchtigt sehen. So hat sie denn auch bereits einige Abkommen im Rahmen des USA-Zentralamerikanischen Freihandelsabkommens (TLC bzw. CAFTA) angefochten. Dazu kommt, dass die Mitglieder der GANA sich traditionellerweise gegen die Abgaben von Steuern wehren, was in den Augen der USA die Regierbarkeit des Landes gefährdet. Zweifellos werden aber die USA mit ihrem Pragmatismus sowohl mit Colom wie auch mit Berger ins Geschäft kommen. Sei es mit Versprechen oder mit Druckausübung politischer, wirtschaftlicher oder militärischer Art. |
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