Kind zu sein ist kein Spass
Fijáte 287 vom 18. Juni 2003, Artikel 7, Seite 5
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Kind zu sein ist kein Spass
Guatemala, 6. Juni. Sieben von zehn Kindern werden in guatemaltekischen Krankenhäusern wegen körperlicher Misshandlung behandelt. Diese reiche von Verbrennungen bis zu Knochenbrüchen, so Miguel Angel López von der Nationalen Kommission gegen Kindesmisshandlung (Conacmi). In einer von der Conacmi durchgeführten Studie über 18 Monate registrierten die Spitäler 4´073 entsprechende Fälle. Neben absichtlichen Verbrennungen betreffen 95% der Knochenbrüche den Schädel bzw. sind Schädelhirnverletzungen der Kleinen. Offensichtlich verwechseln viele Eltern, Lehrkräfte oder Verantwortliche "Disziplin" mit "Misshandlung" und wenden strengste Züchtigung in der Erziehung ihrer Schutzbefohlenen an. Laut López seien die Mütter die häufigsten "Aggressorinnen" gegenüber den Kindern, gefolgt von den Vätern und schliesslich den LehrerInnen. Zu den üblichen Erziehungsmitteln gehörten heisse Bügeleisen, Peitschen und Holzstöcke. Aber auch der sexuelle Missbrauch, v.a. durch nahe Angehörige, gehöre zum Alltag vieler guatemaltekischer Kinder und ist Tabuthema in der Öffentlichkeit. Für López ist die Gewalttätigkeit vieler Jugendlicher Ausdruck und Indikator des Missbrauchs, dem die Heranwachsenden von Kindesbeinen an ausgesetzt seien, sowohl von Seiten ihrer Eltern als auch durch ihre soziale und kulturelle Umgebung. Diese Situation behindere den Fortschritt der Demokratie und der Entwicklung des Landes und verwandle sich vielmehr in eine Replik eines autoritären Models, das Apathie, Gleichgültigkeit, Konformität und Abhängigkeit der Personen im Erwachsenenalter schaffe, so der Kinderrechtsaktivist. Bedeutsamerweise am Internationalen Tag der Kinder, die unschuldige Opfer von Aggression sind erklärte der Kongress das Integrale Gesetz zum Schutz der Kindheit und Jugend für rechtsmässig, für das AktivistInnen 13 Jahre lang gekämpft haben. Bereits 1999 verabschiedete die Legislative den entsprechenden Kodex. Doch weder trat dieser in Kraft, noch wurde der notwendige Gesetzesrahmen für eine angemessene Anwendung geschaffen. Dies ist mit dem erwähnten Gesetz nun getan, das den "Minderjährigen-Kodex" von 1974, der schon längst nicht mehr der Realität entsprach, ablöst. Das neue Gesetz besteht aus 265 Artikeln und verfolgt als Hauptziel die integrale und nachhaltige Entwicklung der guatemaltekischen Mädchen und Jungen im demokratischen und uneingeschränkten Rahmen der Menschenrechte. Es legt die Rechte der Schutzbedürftigen fest, darunter das Recht auf angemessene Lebensbedingungen und ausserdem auf kostenlose Erziehung. Zusätzlich wird in diesem Rahmen die Nationale Kommission für die Kindheit und Jugend geschaffen, deren Aufgabe die Formulierung von politischen Ansätzen zu Gunsten der ihr anvertrauten Gesellschaftsgruppe ist. Auch der Umgang mit Jugendlichen im Zusammenhang mit dem Strafgesetz sollte nun offiziell geregelt sein. Nach oben |
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