Land her!
Fijáte 261 vom 5. Juni 2002, Artikel 1, Seite 1
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Land her!
Die jüngsten Zunahme von LandbesetzungenLaut Daten der regierungseigenen Instanz für die Bearbeitung von Landkonflikten, An einer Pressekonferenz Ende April 2002 gab die Nationale Indígena- und BäuerInnenkoordination ( Die Positionen der beiden Konfliktparteien, landlose BäuerInnen und Landbesitzende, sind heute die selben wie schon immer: Die BäuerInnen bezeichnen die ungerechte Land- und Reichtumsverteilung als Grundproblem und fordern eine umfassende Landreform. Die Landbesitzenden bestreiten, dass es eine Konzentration des Landes im Besitz Weniger gibt, wehren sich gegen eine Landreform und bezeichnen die Landbesetzungen als Verletzung eines verfassungsmässig garantierten Rechts: Des Rechts auf Privatbesitz, das in der ganzen Welt anerkannt ist. Explosive MischungGemäss einer Studie der Koordination der Nichtregierungsorganisationen (CONCOOP) mit dem Namen Vereinfachter Kreditzugang in den ländlichen Gebieten Guatemalasist Guatemala das 'ruralste' Land Lateinamerikas. Der grösste Teil der Bevölkerung lebt auf dem Land, wo auch am meisten Arbeitsplätze vorhanden und die meisten Devisen erwirtschaftet werden. Roberto Castañeda, Präsident der Landwirtschaftskammer bestätigte diese Angaben in einem Problem ohne LösungDie Zunahme von Landbesetzungen findet in einem Kontext zunehmender Arbeitslosigkeit statt: Tausende von LandarbeiterInnen haben durch den Anstieg des Preises von Kaffee und anderen wichtigen Produkten auf dem Weltmarkt ihre Existenzgrundlage verloren. Dazu kommen die Dürren, die im letzten Jahr in der Region geherrscht haben und in Guatemala einen Ernteverlust von 19,2 Mio. US-$ zur Folge hatten. Auch hat sich das im 19. Jahrhundert entwickelte landwirtschaftliche Exportwirtschaftsmodell langsam erschöpft. Die Auf der anderen Seite wurden die BäuerInnenorganisationen, die für eine Verbesserung ihrer Situation kämpfen und bereits der Repression während des Krieges standgehalten hatten, durch das Die durch die Friedensabkommen ins Leben gerufenen Institutionen wie der Landfonds (FONTIERRAS) und CONTIERRA sind nicht in der Lage, die ihnen zugeschriebenen Aufgaben zu bewältigen. Von den 70 Mio. Quetzales, die FONTIERRA ursprünglich zugeteilt wurden, hat die Regierung nur 15 Mio. ausbezahlt. Dies mag mit ein Grund sein, aber sicher nicht der einzige, weshalb der Kauf und die Überschreibung von Land so langsam vorangeht. Jorge Mario Während die BäuerInnenorganisationen den mangelnden politischen Willen der Regierung beklagen, sich um eine integrale Lösung des Problems zu bemühen bzw. alle bisherigen 'Massnahmen' im Sand verlaufen sind, und damit ihre Landbesetzungen legitimieren, sieht die Landwirtschaftskammer zwei mögliche Szenarien: Entweder die InvestorInnen geben dem Druck nach und ziehen sich aus Guatemala zurück, was ihrer Meinung nach eine wirtschaftliche |
FONTIERRAS - ein AuslaufmodellDiese jüngste Diskussion um die Landproblematik und FONTIERRAS hat einmal mehr die Frage aufgeworfen, ob diese als Resultat der Friedensabkommen geschaffene Institution dem Problem überhaupt gerecht werden kann. Schon bevor FONTIERRAS per Regierungsdekret 24-99 geschaffen wurde, gab es Stimmen, die sagten, dass diese Institution an mangelnden finanziellen Ressourcen scheitern werde in einem Land wie Guatemala, das eine unzureichende Steuerpolitik betreibt. Ausserdem wurde darauf hingewiesen, dass das von der FONTIERRAS (und andere ähnlich problematische Institutionen) wurde trotzdem gegründet. Angesichts der aktuellen Krise liess nun die staatliche US-amerikanische Entwicklungsbehörde Das heute angewendete System von Kauf von Land durch den Staat, das mit Abzahlungsverträgen und staatlichen Krediten an BäuerInnen weiterverkauft wird, ist für den Staat ein Verlustgeschäft, das durch keine andersweitigen Einnahmen ausgeglichen wird. Ein grosses Problem besteht auch darin, dass die Preise von Agrarland in Folge der Kaffeekrise eigentlich sinken, der Staat aber die Fincas meist zu überrissenen Preisen kauft, nicht selten von Die von der Studie abgegebenen Empfehlungen lassen erahnen, in welche Richtung eine von den internationalen Finanzinstitutionen unterstützte 'Lösung' des guatemaltekischen Landproblems in Zukunft gehen kann : - Die vier Jahre Fristerstreckung (im Moment müssen die KreditnehmerInnen erst nach vier Jahren mit der Rückzahlung des Kredits beginnen) soll reduziert werden. KreditnehmerInnen, die bereit sind, die Fristerstreckung zu verkürzen, sollen bevorzugt behandelt werden. Wer ganz darauf verzichtet, bekommt den Kredit zu besseren Konditionen. - Es sollen nicht mehr wie bisher nur an Gruppen Kredite vergeben werden, sondern auch an Einzelpersonen. Weiter sollen diejenigen bevorzugt werden, die um kleine Kredite nachsuchen, damit das Geld weiter reicht. - SchuldnerInnen, die ihre Zinsen oder Rückzahlungen nicht fristgemäss bezahlen, sollen Verzugszinsen verrechnet werden. - Gruppierungen, die Fincas besetzten oder mit anderen Aktionen Druck auf FONTIERRAS ausüben, sollen von sämtlichen Unterstützungsleistungen ausgeschlossen werden. Diese Empfehlungen fehlt jeglicher Bezug zur Realität, in der die guatemaltekischen BäuerInnen leben und sind ein Beweis dafür, dass es sich hier um eine weitere Schreibtischstudie handelt, deren Umsetzung die Verzweiflung und Wut der Campesin@s noch weiter steigern würde. Wie weiter?In einem Radiointerview erklärte Präsident Portillo kürzlich, er habe mit der Annahme der neuen Finanzgesetze sein Regierungsziel erreicht. Die Lösung der weiteren Probleme nationalen Ausmasses, speziell die Landfrage, überlasse er seinem Nachfolger. So erstaunt es auch nicht, dass seine einzige Idee, dem sich zuspitzenden Konflikt zu begegnen, die Schaffung einer weiteren Regierungsinstanz ist: Das Sekretariat für Agrarfragen. Dessen Aufgabe ist die "Ermöglichung eines juristischen und institutionellen Rahmens für die Entwicklung und Stärkung des Landbesitzes". Dazu gehört u.a. die Einberufung eines Dialogs mit den involvierten Sektoren, um "gemeinsam an der Lösung der Landproblematik zu arbeiten". Als Leiter des Sekretariats für Agrarfragen wurde Die CNOC argumentiert, dass Palma Lau in seiner bisherigen Funktion als Chef von CONTIERRA bewiesen habe, dass er inkompetent sei und nichts zur Lösung der Landfrage habe beitragen können. Die Landwirtschaftskammer hingegen kritisiert die Ernennung von Palma Lau (Ex-Comandante Pancho), zum Leiter dieses Sekretariats und beschuldigt ihn, mit seiner Nicht nur die Wahl des Leiters des Sekretariats, sondern auch die Tatsache, dass es sich sowohl CONTIERRA mitsamt seinem Budget sowie die technisch-juristische Abteilung der Katastereinheit einverleibt, stärken die Befürchtungen, dass es sich nicht wirklich um etwas 'Neues' handelt, das auch neue Impulse in die verfahrene Diskussion einbringen könnte. Nach einer über vierstündigen Sitzung mit der neuen Instanz zogen sich die VertreterInnen der BäuerInnenorganisationen denn auch prompt zurück und stellten der Regierung ein neues Ultimatum von 75 Tagen, das am 24. Juli abläuft, um die leeren Versprechungen beiseite zu lassen und die Landkrise zu lösen. Liegen bis dann keine gangbaren Lösungen vor, drohen die BäuerInnen mit konkreten Massnahmen wie z.B. einer grossen Demonstration aus den einzelnen Landesteilen in die Hauptstadt. Auch Kongresspräsident Der Unionista-Abgeordnete im Kongress, Mariano Rayo, wurde noch konkreter: Er schlug vor, kurzerhand die Budgets des Präsidenten, der Armee und des Ministerium für Kommunikation u.a. zu kürzen und dafür dasjenige von FONTIERRAS um 500 Mio. Quetzales (rund 62 Mio. US$) zu erhöhen. Die Eine einfache Lösung, mit der die 1,2 Milliarden Quetzales für den Kauf von genügend Land für die landlosen Campesin@s aufgebracht werden können, schlägt Rafael Gonzáles von der BäuerInnenorganisation vor: Keine weiteren Budgeterhöhungen für das Militär, keine Rundflüge im Präsidentenjet für Millionäre wie den Designer Oscar de la Renta oder den Sänger Julio Iglesias, keine zinsfreien Bankkonten für Ministerien und sonstige staatliche Instanzen und auch keine Ausreden mehr, es stünden keine finanziellen Mittel zur Verfügung! |
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