Jahresrückblicke 2001
Fijáte 251 vom 26. Dez. 2001, Artikel 6, Seite 5
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Jahresrückblicke 2001
Guatemala, 21. Dez. Das Jahresende naht, was viele PolitikerInnen und AnalytikerInnen dazu veranlasst, Bilanz zu ziehen, einen Jahresrückblick zu machen und eine Prognose für die Zukunft zu wagen. Wir zitieren im Folgenden Ausschnitte aus den Jahresrückblicken von IPES und CERIGUA sowie aus einer Bilanz der URNG über die Umsetzung der Friedensabkommen: IPES (Arnoldo Noriega) Das zu Ende gehende Jahr verging atemberaubend schnell und war geprägt von einer Reihe unterschiedlicher und komplexer Geschehnisse, die nicht unmittelbar zusammenhängen. Dies hinterlässt den Eindruck, nicht zu verstehen, wohin sich Guatemala bewegt. Auffallend ist das Fehlen einer artikulierten parteipolitischen Opposition, die ein Gegengewicht zur Regierungspartei bilden könnte. Diese Rolle wurde vielmehr vom CACIF übernommen, der im Verlaufe des Jahres Annährungsversuche an verschiedene Sektoren gemacht hat. Doch ist es ihm nie gelungen, die Pläne der FRG wirklich zu durchkreuzen, nicht einmal mit Aktionen wie dem nationalen Streik vom 1. August, zu dem der CACIF aufgerufen hatte. (...) Die politischen Parteien entfernen sich immer mehr von den nationalen Problemen, einige scheinen gar unter Geistesabwesenheit zu leiden wenn es um den zunehmenden Zerfall des Landes geht. Viele Parteien schweigen, wenn es um die nationale Realität geht, und widmen sich dafür mit Inbrunst ihren Kandidaturen für die nächsten Wahlen. (...) Auffallend war in diesem Jahr auch der wirtschaftliche Zerfall. Dafür gibt es externe Gründe wie den Anstieg des Benzinpreises, den Fall des Kaffeepreises und die allgemeine Rezession in den Vereinigten Staaten und Zentralamerika. Es gibt aber auch interne Gründe wie die immer noch nicht vollzogene Steuerreform, den Mangel an Investition, die Unsicherheit, die politische Polarisierung und das Fehlen einer Regierungspolitik, die eine Stärkung der Wirtschaft zur Folge hätte. (...) Das beschriebene Panorama weckt keinen Optimismus. Im Gegenteil, es deutet alles darauf hin, dass das Jahr 2002 noch schlimmer wird. Gelingt es aber der guatemaltekischen Gesellschaft, ihrer Organisationen und ExponentInnen, ein gemeinsames strategisches Ziel ins Auge zu fassen, kann diese Krise auch eine Chance sein, um die Situation noch einmal zu überdenken und nationale Alternativen zu entwickeln, um das Land aus dem Schlamassel zu ziehen, in dem es steckt. Ein Gleichgewicht zu finden zwischen den Friedensabkommen, einer politischen Reform, dem Kampf gegen die Armut und ihren Ursachen und einem neuen Wirtschaftsmodell, ist nicht nur ein Imperativ, sondern die einzige Möglichkeit, das Land zu retten. CERIGUA (Ileana Alamilla) Die Bilanz dieses Jahres verzeichnet für die GuatemaltekInnen einen negativen Saldo. Steigende Lebenshaltungskosten, Arbeitslosigkeit, Wohnungsmangel, Trockenheit und der Rückgang der Geldsendungen aus dem Ausland sind einige Themen, die der Bevölkerung dieses Jahr zu schaffen machten. Die Meldungen über die Korruption auf Staatsebene und über die wachsende Hungersnot haben am eindrücklichsten gezeigt, dass gute Nachrichten noch in weiter Ferne liegen für unser Land, das immer noch unter dem Trauma der Repression, des Krieges und des Völkermordes leidet. (...) Die Korruption ist eine klare Folge der mangelnden Transparenz in der Geschäftsführung des Staates, die zu einer ineffizienten Verteilung der Gelder führte. Dies ist ein Vorwurf, den fast alle staatlichen Einrichtungen zu hören bekamen. Und obwohl sogar der staatliche Rechnungsprüfer Unregelmässigkeiten feststellen konnte, unternahm die Regierung nichts dagegen. (...) Banken in den Konkurs treiben, Betrug und Unterschlagung öffentlicher Gelder, der Kauf von Luxusautomobilen auf Staatskosten und vieles andere, das normalerweise als Delikt geahndet wird, sind die Haupttätigkeiten vieler staatlicher Funktionäre. All dies führt dazu, dass es keine Gelder gibt für Entwicklungsprojekte, für Erziehung und Gesundheit. (...) Die Armut zu überwinden, in der ein grosser Teil der guatemaltekischen Bevölkerung lebt, wird die grösste Herausforderung für die Zukunft sein. (...) Diese Aussicht beunruhigt auch die internationale Gemeinschaft, die anfänglich so glücklich war über die Regierung Portillo. (...) Und trotzdem, die guatemaltekische Gesellschaft behält die Hoffnung, die FRG-Katastrophe zu überleben und eines Tages die ersehnte neue Nation zu erbauen, von der in den Friedensabkommen die Rede war. Nach oben |
URNG (Rodrigo Asturias) Die aktuelle wirtschaftliche, politische und soziale Krise ist eine Konsequenz der Nichteinhaltung und Nichtumsetzung der Friedensabkommen. Verantwortlich dafür sind die Regierungen PAN und FRG, die eine neoliberale Politik angestrebt haben, die Arbeitslosigkeit, Armut und Hunger für einen Grossteil der GuatemaltekInnen bedeutet. Diese Krise hat sich im letzten Jahr verschärft durch zunehmende Intoleranz und Autorität der Regierung. Auf der Seite der Bevölkerung führte das zu Frustration und Enttäuschung und zu Reaktionen, die ebenfalls den Friedensprozess gefährden (...) Der Friedensprozess befindet sich in einer schwierigen, komplexen und gefährlichen Situation. Es sind Dynamiken in Gang gekommen, die den Friedensprozess rückgängig machen könnten, z.B. die jüngste Remilitarisierung des Staates und der Gesellschaft. Die Ernennung eines Militärs zum Innenminister ist eine klare Verletzung der Friedensabkommen. (...) Ebenfalls eine Verschlechterung ist bei den Menschenrechten zu verzeichnen. Die selektiven Drohungen, die Behinderung von Prozessführungen und die Parallelstrukturen sind alles Verletzungen der Menschenrechte. (...) Der Ende 2000 neu aufgestellte Zeitplan für die Umsetzung der Friedensabkommen, der die Jahre 2001- 2004 umfasst, ist dieses Jahr nicht eingehalten worden. (...) Wir möchten einmal mehr festhalten, dass die Friedensabkommen das nationale Programm sein müssen, um der gegenwärtigen Krise etwas entgegenzusetzen. Die Friedensabkommen enthalten die Basis für den Aufbau einer neuen Nation, die auch im internationalen Kontext bestehen kann. Die Friedensabkommen sind der einzige Weg, um sicheren Schrittes Richtung Demokratisierung, sozioökonomischer Entwicklung, gleichberechtigter Beziehung zwischen den Geschlechtern und den Ethnien zu gehen. (...) Dies kann aber nur erreicht werden, wenn sich die Regierung, die Parteien, die Gerichte, diejenigen, die wirtschaftliche Macht haben, die sozialen Organisationen und die gesamte guatemaltekische Gesellschaft verpflichten, sich für die Umsetzung und Einhaltung der Friedensabkommen einzusetzen. |
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