Staatlicher Untergrund?
Fijáte 261 vom 5. Juni 2002, Artikel 3, Seite 4
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Staatlicher Untergrund?
Guatemala, 29.Mai. Erneut war Guatemala in den letzten Tagen Thema der internationalen Aufmerksamkeit: In dem aktuellen Bericht von Amnesty International wird auf einen spürbaren Rückgang hinsichtlich der Menschenrechtssituation im Land des ewigen Frühlings hingewiesen. Im Rahmen des Besuchs der UN-Sondergesandten Hina Jilani zirkulieren Statistiken über Aktionen von geheimen Gruppen, die unter dem Schutz paralleler Staatsmächte agieren. Hinsichtlich der Rolle von Präsident Portillo zeichnen sich zwei Folgerungen ab: Zum einen, dass sich die Macht dieser Untergrundbewegungen in dem Masse stärkt, wie sich die des Staatsoberhauptes schwächt - und dies zugunsten des wachsenden und unbestreitbaren Protagonismus des FRG-Führers General Efraín Ríos Montt - und zum zweiten, dass keinerlei politischer Wille von Seiten des Staates zu spüren ist, weder diese Gruppen aufzulösen, noch die Immunität zu bekämpfen. Statt dessen reisst sich die Regierung ein Bein für die Stärkung des Militärs aus, während enorme soziale Notwendigkeiten wie die Misere der Krankenhäuser oder die Krise der öffentlichen Sicherheit, welche sich u.a. in der bevorstehenden Schliessung der Akademie der Zivilen Nationalpolizei (PNC) wegen fehlender Mittel manifestiert, links liegen gelassen werden. Auch das Sekretariat für strategische Analyse (SAE) hat diesbezüglich einen Beitrag zu leisten und bezieht sich dabei auf die Stellungnahmen der Mission der UN für Guatemala (MINUGUA). Im ebenfalls gerade erschienenen Bericht dieser Institution ist die Rede davon, dass neben illegalen Sicherheitskräften die erwähnten Untergrundapparate v.a. von Ex-Militärs gebildet sind und für die Drohungen gegen MenschenrechtlerInnen verantwortlich gemacht werden. Anliegen dieser Gruppen seien soziale Säuberung und partikulare Interessen. Bislang habe sich jedoch keine einzige Regierungseinrichtung getraut, die Richtigkeit dieser brisanten Anzeichen anzuerkennen, die bereits des öfteren angezeigt worden sind. Hier komme die Schwäche des staatlichen Apparates deutlich hinsichtlich der Verfolgung solcher Gruppen zum Vorschein, die am Rande des Gesetzes agierend stillschweigend tolleriert werden. Auch wenn keine Namen von den vermeintlich beteiligten ehemaligen Militärangehörigen genannt werden, hinterlässt die Art der Aktionen den Eindruck von kriminellen Strukturen, die sowohl mit gut abgegrenzten Funktionen als auch "Spezialitäten" wie telefonischen Einschüchterungen und aussergerichtlichen Hinrichtungen ihr Fach auszuüben verstehen. Nach oben |
Es ist nicht verwunderlich, dass sich sowohl der Präsident wie auch der Kongresspräsident zu diesen Vorwürfen zu Wort melden. Während Portillo die Anklagen von Amnesty International diskreditierte und von den MenschenrechtsaktivistInnen forderte, alle Informationen zur Verfügung zu stellen, um diejenigen zu identifizieren, die "die Einschüchterungen verursachten", leugnete Rios Montt schlichtweg die Existenz der genannten geheimen Strukturen bzw. Paramilitärs. Jedoch erkannte er an, dass BürgermeisterInnen, Abgeordnete und Militärangehörige eine Gruppe bilden, die er als "zivile (Streit-)Kraft" bezeichnete. Der Parteiführer der FRG warf den AktivistInnen vor, lediglich einen Dikurs weiterzuverfolgen, um sich selbst zu rechtfertigen. Auch Regierungsminister Arévalo Lacs fordert konkrete Fakten, denn "die Berichte der MINUGUA beweisen gar nichts und stellen nur eine Meinung in allgemeinen Begriffen dar, die vor Gericht nicht standhalten werden". |
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