guatemala.de > Guatemalagruppe Nürnberg e. V. > Fijate
Fijáte
 

Der Politkrimi

Fijáte 305 vom 10. März 2004, Artikel 4, Seite 4

PDF Original-PDF 305 --- Voriges Fijáte --- Artikel Nr. 1 - 2 - 3 - 4 - 5 - 6 --- Nächstes Fijáte

Der Politkrimi

Doch nicht nur von der Steuerbehörde erhielt die UNE Unterstützung, um ihre Wahlpropaganda zu finanzieren. Auch die staatliche Rechnungsprüfungsstelle (VGCGCNNF) liess etwas springen. Via einer Nichtregierungsorganisation namens "Freunde in Aktion" überwies der Rechnungsprüfer Oscar Dubón Palma insgesamt US$ 600'000, teilte diese jedoch unter der UNE und der VGPANNF auf. Dubón Palma, gegen den aufgrund spontaner Flucht ein internationaler Haftbefehl ausgestellt war, wurde am 3. März an der Grenze zwischen VGNicaraguaNF und VGCosta RicaNF verhaftet und nach Guatemala überführt. Er wird nicht nur wegen des Wahlgelderskandals vor Gericht gestellt, sondern auch wegen seiner Beteiligung am Millionenbetrug im Sozialversicherungsinstitut VGIGSSNF und wegen Hinterziehung von Geldern der Telefongesellschaft VGGUATELNF. Gegen insgesamt sieben UNE- und PAN-Leute wurden ebenfalls Haftbefehle ausgestellt, gegen Ex-Präsidentschaftskandidat Colom wurde zumindest ein Ausreiseverbot erlassen. Einordnungsversuch Einerseits muss man es Präsident Berger zu Gute halten, dass er der VGKorruptionNF verdächtigte Leute der vergangenen FRG-Regierung zur Rechenschaft zieht. Gleichzeitig muss diese Entwicklung auch skeptisch betrachtet werden, scheint es doch ganz so, dass er die Entlassenen einfach durch ihm nahe stehende und der Partei gegenüber loyale Personen ersetzt. Dazu schreit er mit lauter Stimme "Skandal, Skandal!" und unternimmt derweil nichts, um die sozialen Probleme des Landes anzugehen. Auffallend ist auch die Rolle der Presse in diesem Spiel, veröffentlicht sie doch seit Wochen auf ihren Titelseiten fast täglich Exklusivstories über neue Korruptionsgeschichten, die manchmal die Entscheide des Präsidenten kommentieren, manchmal diese erst erzwingen. Zur Rolle der Presse ein Kommentar von Tania Palencia Prado in VGSiglo XXINF: "Herzlichen Glückwunsch an die Presse für ihre Unterstützung beim Aufdecken der FRGKorruption! Doch es grenzt an Manipulation, wenn nicht gleichzeitig hinterfragt wird, welches Vorgehen Berger seinerseits beim Aussuchen seiner Regierungsleute wählt. Es wird mit sehr geringem medialen Interesse verfolgt, was für eine Wirtschaftspolitik die Regierung betreibt, kein Wort darüber, dass diese in erster Linie einem rein finanziellen Interesse entspricht. Berger verspricht Frieden, doch er weigerte sich, ein Gesetz vor den Kongress zu bringen, das die VGFriedensabkommenNF in Staatsabkommen umwandeln würde. Seine neu eingesetzten Kommissare haben selten gekannte Macht für gewöhnliche Staatsangestellte und schaffen neue Hierarchien, die stark genug sind, den Staat und seine soziale Funktion zu schwächen. Derweil werden Bestrebungen unterstützt, den öffentlichen Dienst zu privatisieren: Licht, Telefon und VGGesundheitNF, drei Bereiche in denen "Modernisierung" bedeutet, den Geldbeutel der Bevölkerung zu schröpfen. Berger hat einen philanthropischen Kommissar für den "Kampf gegen den VGHungerNF" ernannt, doch die VGKaffeekriseNF ist offensichtlich nicht Problem genug, um ihn zum Handeln zu bewegen. Dies alles stinkt nach einer illustren Elite, die einen dekadenten demokratischen Diskurs führt. Für wen

regiert Berger eigentlich?" Für den Analysten Héctor Rosado dagegen ist das, was im Moment stattfindet, nichts anderes als ein legaler und legitimer Machtwechsel, der einfach etwas brüsk vonstatten gehe. "Die FRG muss mit noch Schlimmerem rechnen. Portillo und Co. sind sich nicht sicher, ob sie vor ihrem Weggang aus der Regierung alle Spuren verwischt und alle ZeugInnen zum Schweigen gebracht haben. Was aber passiert, wenn die Wechsel in der Staatsanwaltschaft, in der Steuerbehörde und bei der Rechnungssprüfungstelle Wirkung zeigen und das ganze Ausmass der Korruption während der FRG-Regierung an den Tag kommt? Die Flucht von Portillo ist nur ein Vorgeschmack auf das, was noch kommt. Das Schlimmste was es gibt, ist eine Mafia die ihre Immunität und die Institutionalität verliert, welche den Verantwortlichen Schutz vor dem Gesetz bietet. (...) Die einen werden jetzt auf "lieb Kind" machen und versuchen, in ein Zeugenschutzprogramm zu kommen. Die anderen werden wie eine verletzte Bestie reagieren. Es erstaunt mich z.B. nicht, dass die Tankwagen, die während des Streiks der LKW-Fahrer letzte Woche die Haupteinfahrtsstrassen der Hauptstadt blokkierten, dem ehemaligen Vizepräsidenten gehören. Jetzt wo sie die Sicherheit nicht mehr haben, die ihnen ein Verbleib von Marco Tulio Abadío, Carlos de León und andere boten, bleibt ihnen nur noch, Stunk zu machen. Und wenn es so weitergeht, wird die FRG noch zu ganz anderen Mitteln greifen. Wie gesagt, dies ist erst der Beginn." In dieses Bild passen auch die jüngsten Gerüchte darüber, dass die Informationen über die Geldverschiebung der Steuerbehörde an die UNE von FRG-Leuten weiter gegeben wurden. Mit dem Skandal um die UNE wird das in letzter Zeit allseits gelobte VGkooperativeNF Verhalten von Álvaro Colom, wie auch die Partei an sich und deren Position im Kongress geschwächt und die FRG kann sich als DIE oppositionelle Partei in Szene setzen. Wobei hier die Rechnung wohl nicht ganz aufgeht, haben doch am 3. März sieben FRG-Kongressabgeordnete die Partei verlassen und sich unabhängig erklärt, womit es insgesamt seit Januar bereits zehn sind, die der ehemaligen Regierungspartei den Rükken gekehrt haben. Zwar ist sie zahlenmässig immer noch die zweitstärkste Partei im Kongress, hat jedoch mit 33 nur noch fünf Sitze mehr als die UNE, die mittlerweile nur noch 28 von vormals 32 Kongresssitze innehat.


PDF Original-PDF 305 --- Voriges Fijáte --- Artikel Nr. 1 - 2 - 3 - 4 - 5 - 6 --- Nächstes Fijáte