Neue Pyramiden braucht der Tourismus
Fijáte 305 vom 10. März 2004, Artikel 2, Seite 3
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Neue Pyramiden braucht der Tourismus
Guatemala, 23. Feb. Noch grössere Pyramiden als die von Tikal sollen in Zukunft 80´000 TouristInnen jährlich ins Naturreservat der Biósfera Maya im Departement Petén locken, so die derzeitigen Erwartungen seitens der Regierung. Hauptinteressent an der Ur- und Nutzbarmachung des geplanten Megatourismusprojekts ist der nordamerikanische Archäologe Richard Hansen, der bereits in der Legislaturperiode von Präsident Alfonso Portillo diesen und die damalige Kultusministerin Otilia Lux zur Verabschiedung einer entsprechenden Regierungsvereinbarung überreden konnte. Aufgrund der eingereichte Beschwerde der Umweltorganisation CALAS ob der Widrigkeit dieser Entscheidung gegen bestehende Forst- und Naturschutzgesetze, suspendierte das Verfassungsgericht Anfang des Monats das Dekret. CALAS und die lokale Bevölkerung werfen Hansen persönliche wirtschaftliche Interessen vor, deren Folge die Zerstörung von Tausenden Hektar Primärwald und die Schädigung von rund 79´000 anrainenden BäuerInnen wäre, deren Existenz hinsichtlich der ihnen vom Nationalrat der Naturschutzgebiete (CONAP) gewährten Forstkonzessionen in Gefahr gebracht würde. Laut Yuri Melini von CALAS, sei es Hansen mit schmutziger List gelungen, staatliche Funktionäre wie Portillo zu manipulieren. In einer Presseerklärung verurteilte Melini die Anschuldigungen von Seiten der Projektbefürwortenden gegen die BewohnerInnen der Forstkommunen des Petén (Acofop), die diese als Plündernde und Schmuggelnde von Mayaschätzen sowie DrogenhändlerInnen betitelten. Dies zeuge von völliger Ignoranz hinsichtlich der Arbeit der Vereinigung Acofop, so Melini. Die Kommunen erinnerten den am Megaprojekt durchaus interessierten Präsidenten Oscar Berger, der bereits ankündigte, sich um die finanzielle Unterstützung des Projekts und der nötigen Infrastruktur u.a. durch die Interamerikanische Entwicklungsbank (BID) zu bemühen, daran, dass der kommunale Forstprozess eins der wenigen Resultate sei, welches direkt auf die Friedensverträge rekurriert und bereits von den Vereinten Nationen ausgezeichnet wurde. Nach oben |
Hier sei das erste Mal in der Landesgeschichte die Beteiligung der ländlichen Gemeinden an der Verwaltung und Bewirtschaftung von Schutzgebiete erreicht worden. Ausserdem habe Berger noch kürzlich bei einem Treffen mit der Acofop die Förderung des Forstprozesses versprochen. Grundsätzlich, so CALAS, sei gegen den Schutz, die Erforschung und die Nutzbarmachung des archäologischen Reichtums im Becken El Mirador nichts einzuwenden, ihre Forderung ziele vielmehr auf die strikte Einhaltung der Gesetze. Berger hat in Begleitung seiner Frau und Richard Hansens bereits einen Wochenendausflug per Hubschrauber zum Kennen lernen des zur Diskussion stehenden Gebietes unternommen, was den UmweltaktivistInnen als potentielle Beeinflussung des Verfassungsgerichts missfällt. Doch der Präsident hat sein Wort gegenüber der Acofop ohnehin längst gebrochen. Entgegen der Vereinbarung traf er sich hinter geschlossenen Türen mit Hansen und gewährte die Beteiligung von Acofop am Prozess um das Megaprojekt auch sonst nicht. Dessen Zusammenhang mit der Entwicklung der zentralamerikanischen Freihandelszone Plan Puebla Panama ist nicht von der Hand zu weisen. Luis Leal, Rektor der Universität San Carlos (USAC), die den Forstprozess der Acofop seit längerem begleitet, schlug derweil eine interdisziplinäre Kommission, bestehend aus Fachleuten der Region, vor, um der Problematik der durch die Regierung immer wieder versuchten Erweiterung des Nationalparks mit einer fundierten Stellungnahme zu begegnen. Die endgültige Entscheidung liegt weiterhin beim Verfassungsgericht. |
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