Ein erster Fehltritt von Oscar Berger?
Fijáte 304 vom 25. Feb. 2004, Artikel 4, Seite 4
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Ein erster Fehltritt von Oscar Berger?
Guatemala, 19. Feb. Die Ernennung der 22 GouverneurInnen durch Präsident Oscar Berger hat in der Zivilgesellschaft einzelner Departements Unmut ausgelöst. Auf die Ermunterung von Berger hin, und sich auf das Gesetz zur Dezentralisierung stützend, fanden regionale Auswahlverfahren zur Nominierung von "WunschkandidatInnen"statt. In vielen Fällen waren dies Personen, die sich durch beruflichen bzw. politischen Einsatz in der Region ausgezeichnet haben und ein gewisses Ansehen in der Bevölkerung geniessen. Allgemein wurden diese Auswahlverfahren als eine demokratische Öffnung gelobt und als ein Zeichen für das zunehmende Interesse und die Partizipation der organisierten Bevölkerung an politischen Entscheidungsprozessen gewertet. In Sololá forderten über 50 lokale Frauenorganisationen explizit, dass die einzige kandidierende Frau als Gouverneurin ernannt werde. Ihre Begründung: Männer hätten lange genug öffentliche Posten bekleidet, es sei nun an der Zeit, dass Frauen an den Entscheidungsprozessen teilnähmen. Verschiedene VertreterInnen der regionalen Entwicklungsräte forderten im Vorfeld der Ernennung den Präsidenten auf, die Vorschläge der Zivilgesellschaft zu berücksichtigen und ernst zu nehmen, um damit auch das Ansehen und die Glaubwürdigkeit öffentlicher Institutionen zu stärken. Gross war dann die Überraschung und Frustration, als Berger am 9. Februar die Namen der von ihm designierten GouverneurInnen bekannt gab. Laut Berger wählte er die KandidatInnen aufgrund ihres Charismas, ihrer Verwurzelung und Anerkennung im Departement, ihrer akademischen Karriere und ihrer Dialogbereitschaft aus. Weiter sollten sie möglichst einer der Parteien angehören, die die Regierungsallianz GANA bilden. So erstaunt es nicht, dass viele enge MitarbeiterInnen der Wahlkampagne von Berger, diverse Kongressabgeordnete der GANA, sowie Angehörige der guatemaltekischen Handelskammer unter den neuen GouverneurInnen sind. In diversen Departements (u.a. Escuintla, Alta- und Bajaverapaz, Chiquimula, Chimaltenango, Huehuetenango, Sololá und Suchitepéquez) protestierten die in den Entwicklungsräten vertretenen Nichtregierungsorganisationen gegen das Ernennungsverfahren. Nach oben |
Der Präsident habe sich über die Zivilgesellschaft lustig gemacht, indem er sie zuerst zur Beteiligung aufgefordert und sich danach über ihre Vorschläge hinweggesetzt habe, hiess es in einer gemeinsam veröffentlichten Presseerklärung. Aus Escuintla wurde ihm zusätzlich vorgeworfen, seine Wahlversprechen sehr schnell vergessen zu haben, derweil es im Departement Alta Verapaz hiess, Berger habe das Gesetz bezüglich der lokalen Entwicklungsräte verletzt. Seitens einiger Indígenaorganisationen wurde die Ernennung der GouverneurInnen zusätzlich als rassistisch verurteilt, in Alta Verapaz wird von den IndígenavertreterInnen gar in Betracht gezogen, juristisch gegen die Ernennung einiger GouverneurInnen vorzugehen. Es soll jedoch nicht unerwähnt bleiben, dass es Departements (z.B. Jalapa und Zacapa) gibt, in denen die Bevölkerung zufrieden ist mit der Ernennung "ihres" bzw. "ihrer" GouverneurIn und die Hoffnung besteht, durch diese Personen regionale Interessen und Bedürfnisse an die Regierung zu kanalisieren. |
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