Guatemala: Schuldig im Fall Carpio Nicolle
Fijáte 316 vom 11. Aug. 2004, Artikel 8, Seite 6
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Guatemala: Schuldig im Fall Carpio Nicolle
Guatemala 18. Juli. Als wertvolles Exempel mit internationaler Bedeutung für den Kampf gegen nicht verfolgte Verbrechen gegen JournalistInnen der Region wertete die Interamerikanische Presse-Sozietät SIP die Übernahme der Verantwortung von Seiten des guatemaltekischen Staates für den Mord an dem Politiker und Journalisten Jorge Carpio Nicolle. In einer Pressemitteilung drückte die SIP ihre Zufriedenheit über die Entscheidung der Regierung Bergers aus, vor dem Internationalen Menschenrechtsgericht (CIDH) die staatliche Schuld für das Verbrechen anzuerkennen. Carpio Nicolle wurde am 03. Juli 1993 gemeinsam mit zwei Bodyguards und seinem Schwager ermordet, als sie im Rahmen des Präsidentschaftswahlkampfes, für den Carpio kandidierte, in Chichicastenango, Quiché, unterwegs waren und von einer Gruppe von mindestens 15 maskierten und bewaffneten Männern angegriffen wurden. Diese Männer waren Mitglieder der Zivilpatroullien (PAC). Gemäss dem Zentrum für Justiz und Internationales Recht (CEJIL), mit dessen Beratung der Fall nun vor das CIDH getragen worden ist, waren die nationalen Ermittlungen und das entsprechende Verfahren von vornherein unsauber. Wichtige Beweise für das Verbrechen, dem eindeutig politische Motive zugrunde lagen, wurden verborgen, die Akte verlor sich, die StaatsanwältInnen, die sich des Falles annahmen, wurden bedroht, ebenso die ZeugInnen. Die einzige beschlagnahmte Waffe, die mit dem Verbrechen in Beziehung gesetzt wurde, verschwand auf illegale Weise aus dem Land. Auch der jetzige Gerichtsprozess, der Anfang Juli vor dem CIDH in San José, Costa Rica, stattgefunden hat, blieb nicht ohne Begleiterscheinungen. So wurde die Journalistin und ehemalige Staatsanwältin gegen die Korruption, Karen Fischer, vor ihrem Haus von drei bewaffneten Männern bedroht, einer ihrer vom Staat gestellten Bodyguards wurde bei diesem Übergriff schwer verletzt. Nach oben |
Karen Fischer, Schwägerin des Ermordeten, war, was offiziell bekannt gegeben worden war, als wichtige Zeugin zum Prozess geladen. Auch Frank LaRue, derzeitiger Menschenrechtsbeauftragter der entsprechenden Präsidentialen Kommission, wurde zur Zielscheibe. Er erhielt zwei Tage nach dem Vorfall mit Fischer per Telefon Morddrohungen, die sich sowohl auf ihn als auch auf Karen Fischer bezogen. Nur in Bezug auf den Fall Carpio habe Kontakt zwischen ihnen bestanden, also seien beide Ereignisse mit dem Gerichtsprozess in Verbindung zu bringen, so Fischer. Karen Fischer und die Witwe von Carpio Nicolle, Marta Arrivillaga, die nun beide in San José angehört wurden, waren bereits Nebenklägerinnen in dem Gerichtsprozess gewesen, der in Guatemala gehalten wurde und bei dem fünf ehemalige PACs verurteilt und später wieder entlastet wurden. Das Urteil vom CIDH wird in den nächsten Monaten erwartet. Auch von Seiten der Europäischen Union geniesst die Entscheidung Bergers, im Namen des Staates Verantwortung zu übernehmen, Zustimmung. Für Joao Melo de Sampaio, Verhandlungsabgeordneter der Europäischen Kommission in Guatemala, ist die Botschaft eindeutig: Auch wenn der Fall nicht die internationale Aufmerksamkeit erhielt wie andere, sei dennoch erreicht worden, dass der Staat seine Schuld anerkenne. "Der Fall der Anthropologin Myrna Mack war eine Antwort auf den internationalen Druck. Währenddessen zeugt der Fall Carpio von der Glaubwürdigkeit der Institutionen, die auf dem Weg zu demokratischen Prozessen sind," so Melo de Sampaio. |
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