Verteidigungsministerium und EMP als Geldwaschanlagen
Fijáte 319 vom 22. Sept. 2004, Artikel 4, Seite 5
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Verteidigungsministerium und EMP als Geldwaschanlagen
Guatemala, 14. Sep. Nicht nur aufgrund eines entsprechenden Antrags von Nineth Montenegro, Abgeordnete der Partei Allianz Neue Nation (ANN), wird die Staatsanwaltschaft nun ihre Ermittlungen ausweiten, um die Rechtmässigkeit der gesamten Ausgabenmenge des Verteidigungsministeriums unter ExPräsident Alfonso Portillo zu überprüfen. Bereits im letzten Monat waren erhebliche Zweifel vor allem hinsichtlich des Etats des inzwischen aufgelösten Präsidialen Generalstabs (EMP) aufgekommen, welche die öffentlichen Nachforschungen beschleunigten (vgl. ¡Fijáte! 318). Wie die Superintendanz der Banken (SB), die diesen bereits seit Juli nachgeht, nun bekannt gab, hat das im EMP offensichtlich verschwundene Geld jeweils lange Reisen unternommen, um letztendlich auf Konten von EMPMitgliedern zu landen. Zu diesen gehören Offiziere, aber auch der ehemalige Leiter des EMP, Raúl Castillo, sowie der damalige Verwaltungschef, Raúl Cerna. Innerhalb von sechs Monaten ist es diesen Herren gelungen, mehr als 57,3 Mio. Quetzales (ca. US-$ 7 Mio.) des EMP beiseite zu schaffen. Möglich war dies mit Hilfe von Angestellten niedrigeren Ranges, die für angebliche, jedoch nie ausgeführte Leistungen Schecks erhielten, welche wiederum auf die Konten der ,,Oberen" eingezahlt wurden, sowie über 58 extra gegründete Scheinfirmen, die zum Teil am selben Tag angemeldet wurden und unter der selben Adresse und Telefonnummer erreichbar waren. Die StaatsanwältInnen schätzen die Gesamtsumme an gewaschenen Geldern noch deutlich höher als die in den ersten Anklagen benannten Q 906 Mio., verfügte das Verteidigungsministerium während vier Jahren doch über mehr als 5,5 Mrd. Quetzales (ca. US-$ 693 Mio.), über die dem Rechnungsprüfungshof keine Belege vorliegen. Dem EMP werden davon bereits mindestens Q 500 Mio. an unterschlagenen Geldern zugeschrieben. Neben der Schwierigkeit, die mutmasslich Involvierten zu lokalisieren, sind die ErmittlerInnen der Staatsanwaltschaft mit der generell mangelnden Dokumentation konfrontiert, schliesslich liefen alle Finanzgeschäfte des EMP unter strengster Geheimhaltung. Der Präsidiale Generalstab war zuständig für die Sicherheit des Präsidenten, des Vizes und deren Familien. Schon in den Friedensverträgen 1996 war die Auflösung dieses Stabes vereinbart. Diese erfolgte jedoch erst 2003 und kostete nochmals rund 70 Mio. Quetzales. Dabei ist bislang immer noch keine Angabe über die tatsächliche Anzahl der Demobilisierten bekannt geworden. Zum Teil haben sie im gewöhnlichen Heer, teilweise jedoch auch in der zivilen EMPNachfolgeinstitution SAAS, dem Sekretariat für Verwaltungs- und Sicherheitsangelegenheiten, Aufnahme gefunden. Gemäss eines Berichts des BeraterInnenteams von Nineth Montenegro wurden dem Verteidigungsministerium vom Kongress zwischen 2000 und 2003 etwas mehr als 3 Mrd. Quetzales zugebilligt. Mittels Extra-Überweisungen, die vom Finanzministerium autorisiert wurden, verdoppelte sich dieser Fond knapp. Rechtfertigungen für solche zusätzlichen Gelder waren 2001 beispielsweise die Bereitschaft des Militärs, sich um die Verteilung von Düngemitteln und das Programm der Schulspeisung in Form eines Kekses zu kümmern. Nach oben |
Schon 2002 wurden exzessive Ausgaben für zweifelhafte Ankäufe aufgedeckt. Unter anderem wurden 8,1 Mio. Quetzales innerhalb eines Jahres für die Essensversorgung von 20 Personen berechnet. Von sechs Militärangehörigen, darunter zwei der bereits im EMP-Fall Beschuldigten, aber auch Ex-Generalstabschef Enrique Ríos Sosa und andere Kollegen aus der Führungsetage, wurde gleich Einspruch erhoben, als bekannt wurde, dass diesem Sextett vorgeworfen wird, aus der Kasse des Verteidigungsministeriums 37 Mio. Quetzales per unsauberer Überweisungen an die staatliche Hypokreditanstalt (CHN) weitergeleitet zu haben. Die Militärs berufen sich darauf, dass das Staatsgeheimnis, dem das Verteidigungsministerium unterliege, nicht aufgehoben werden dürfe, wie es vor einigen Wochen ein Richter per Urteil bereits dekretierte. Diesem Gesuch wurde jedoch nicht stattgegeben. Allein der Versuch der Nichtbefolgung eines Gerichtsbeschlusses, der in diesem Fall die Herausgabe der ministerialen Buchhaltung anwies, bringe die wenigen erreichten Fortschritte in Sachen Rechtsprechung in Gefahr, meinte Mario Polanco, Leiter der Menschenrechtsorganisation GAM, dazu. Er verwies auf die dringende Notwendigkeit, dem Militär begreiflich zu machen, dass es sich nicht länger über die Verfassung stellen könne. Dieser Einstellung stimmt der Kongress zu. Nineth Montenegro wies derweil darauf hin, dass mittels einer fakultativen Konsultation des Verfassungsgerichts das Problem der unbestimmten Reichweite des Staatsgeheimnisses eindeutig geklärt und dieses, wie beschlossen, im aktuellen Fall aufgehoben werden müsse. Richter Víctor Hugo Herrera Ríos von der ersten Strafinstanz ordnete inzwischen die Beschlagnahmung der Buchhaltungsunterlagen an. Er verwies dabei die Anwesenden, VertreterInnen der Staatsanwaltschaft, des Generalprokurats, den Verteidigungsminister selbst, Anwälte der angeklagten Militärs und Sachverständige des Rechnungsprüfungshofs, auf Geheimhaltung der zu unternehmenden Ermittlungsschritte. Bislang kennen nur dieser Richter, der Verteidigungsminister César Méndez Pinelo, dessen Finanzchef sowie Manuel Antonio Hernández Batres, der für die Ermittlungen vom Gericht bestellte Wirtschaftsprüfer, den Inhalt der Unterlagen. |
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