Ein (weiteres) FRG-Jahr der Skandale - ein Rückblick
Fijáte 276 vom 15. Jan. 2003, Artikel 3, Seite 4
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Ein (weiteres) FRG-Jahr der Skandale - ein Rückblick
Guatemala 30. Dez. Ein Jahr bevor die FRG-Amtsführung von Alfonso Portillo ihr Ende erreicht, haben die Ineffektivität des Kampfes gegen den Drogenhandel, das organisierte Verbrechen und die Korruption, verschärft durch den Druck der FunktionärInnen der USA und der Internationalen Gemeinschaft die Regierungspartei ausgelaugt Während der ersten zwei Regierungsjahre der FRG verhielt sich die nordamerikanische Botschaft in Guatemala wenig kritisch gegenüber dieser, obwohl der Drogenhandel, die Gefährdung der öffentlichen Sicherheit, die Verletzungen der Menschenrechte, Arbeitslosigkeit, Korruptionsfälle und die Verstärkung des Militärs bereits erschreckende Formen angenommen hatte. Doch dann lief das Fass wohl über. Diverse regierungsinterne Widrigkeiten wurden publik. So verbitterte der unangemessene Umgang mit den öffentlichen Finanzen in einigen Ministerien nicht nur die GuatemaltekInnen, sondern auch die Spender-Länder. Dass diese Anomalien darauf zurückzuführen seien, dass das guatemaltekische Staatsoberhaupt die korrupten Funktionäre schützte, war eine naheliegende Erklärung. Als instabilstes Ressort seit Regierungsübernahme der FRG zeigte sich das Regierungsministerium. Laut kürzlicher Aussagen nordamerikanischer Funktionäre stellte der Mangel eines konkreten Programms für den Kampf gegen Delinquenz, organisiertes Verbrechen und Drogenhandel das Haupthindernis für die Realisierung von Entwicklungsprogrammen im Land des ewigen Frühlings dar. Das Innenministerium machte seine schlimmste Krise unter Leitung des Abgeordneten Byron Barrientos durch, während dessen Amtszeit mehr als 80 Mio. Quetzales auf das Konto des im selben Ministerium angestellten Jarol Gil Muñoz flossen, der, so wie weitere 20 Verdächtige, immer noch vor der Justiz flüchtig ist. (siehe ¡fijáte! 248). Barrientos wurde kurzerhand ersetzt und kehrte auf seinen Sitz im Kongress zurück, von wo aus er durch heftige Kritik am Regierungsministerium hervorstach. Zwar wurde gegen den Ex-Minister ein gerichtlicher Prozess wegen Komplizenschaft im Millionen-Skandal geführt, doch anstatt im Gefängnis verbrachte er lieber eine Zeit im Sanatorium, währenddessen es seine Anwälte erreichten, dass er nach Zahlung einer Kaution seiner Haftstrafe entledigt wurde. Andere Funktionäre niedrigeren Ranges wurden ebenfalls mit dem Fall in Verbindung gebracht, jedoch nicht zu Gefängnisstrafen verurteilt. Bis heute ist Barrientos in den Prozess involviert. Die Staatsanwaltschaft versucht indes, ihn doch noch hinter Gitter zu bringen, wofür laut verantwortlicher Staatsanwälte sogar genügend Material vorliege. Das Ministerium für Kommunikation, Infrastruktur und Wohnungsbau (MICIVI) war ein weiteres "problembeladenes" Ressort, in dem sich Luis Rabbé, als erster Leiter dieses Amtes für die fragwürdige Etatverwaltung dieser Institution zu verantworten hatte. Die Antikorruptions-Staatsanwaltschaft konnte die Schuld des Ex-Funktionärs nicht belegen. Statt dessen gab es jedoch Beweise für die Verbindung von Manuel Maza Castellanos, ehemaliger Finanzminister, zu diesem Fall, der ebenfalls durch Bezahlung einer Kaution dem Gefängnis entkam, während zahlreiche Angestellte wegen ihrer vermutlichen Beteiligung am Verschwindenlassen von Geldern und Vergabe von zweifelhaften Verträgen im Knast landeten. Ein weiterer Skandal der Regierungsmitglieder war die Öffnung von persönlichen Konten in Panama mit öffentlichen Geldern der GuatemaltekInnen (¡fijáte!256). In diesen waren Präsident Portillo, sein Vize Juan Francisco Reyes López, dessen Sohn Francisco Reyes Wyld, Direktor des Instituts für Stadtförderung sowie Julio Girón, Privatsekretär der Präsidentschaft verwickelt, u.a. wurde ihnen ferner der Gebrauch des Präsidenten-Flugzeuges für diese "Geschäfte" vorgeworfen. Nach oben |
Als schlimmes Scheitern der FRG wird der ineffektive Kampf gegen den Drogenhandel und gegen das organisierte Verbrechen angesehen, dessen Köpfe laut Experten der internationalen Gemeinschaft inzwischen einige staatliche Organe für sich gewonnen haben, wo obskure Persönlichkeiten die Kontrolle über den staatlichen Sicherheitskörper, den Zoll und dessen Funktionäre ausüben und den Weg für den Handel ebnen. Portillo und seine Gefolgschaft sahen sich in der Klemme, als der stellvertretende US-Staatssekretär für die Westhemisphäre, Otto Reich diese Anzeichen in seinem Bericht an den nordamerikanischen Kongress bestätigte, unterstützt vom US-Botschafter in Guatemala und der dortigen Zivilgesellschaft. Zuvor waren mehr als 1000 Kilo Kokain in den Lagerräumen des Antidrogendepartements (DOAN) von der Nationalen Zivilpolizei (PNC) sichergestellt worden, von Seiten diverser Gesellschaftssektoren wurde diesem Sicherheitskörper selbst die Verantwortung für den Raub und somit Verbindung zum Drogenhandel zugeschrieben. Portillo ordnete flugs die Auflösung des DOAN an, während die Staatsanwaltschaft die Ermittlung gegen sechs Militärs im Kontext Drogen, Mafia und organisiertes Verbrechen und Manipulation der Regierung - Vorwürfe der US-Funktionäre - aufnahm. Zudem wurde von der internationalen Gemeinschaft die Untersuchung diverser Korruptionsvorfälle gefordert. Dafür wurde Mitte Dezember eine spezielle Antikorruptions-Komission eingerichtet, von der nun konkrete Ergebnisse erwartet werden. Aber die Kritik sowohl auf nationaler als auch internationaler Ebene wurde auch von anderen wichtigen Aspekten genährt, die die FRG während ihres bisherigen Agierens links liegen gelassen hat: die katastrophale Situation der öffentliche Sicherheit, die ständigen Verletzungen der Menschenrechte, das Thema Arbeit und das Eigentum von Land sind nur einige von diesen. Erst neulich wurde von Amnesty International das Ansteigen der Menschenrechtsverletzungen, die Verfolgung von BäuerInnen- und IndígenaführerInnen und konkret die Geiselnahme und der folgende Mord an dem Queqchí-Anwalt Antonio Pop Caal und die Attentate auf den ehemaligen Abgeordneten Amílcar Méndez (beides siehe ¡fijáte! 275) und den Generalstaatsanwalt Carlos De León Argueta verurteilt, was von zahlreichen indigenen und BäuerInnen- Organisationen unterstützt wird. |
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