Neues Jahr, neue Preise, neue Proteste
Fijáte 276 vom 15. Jan. 2003, Artikel 6, Seite 5
Original-PDF 276 --- Voriges Fijáte --- Artikel Nr. 1 - 2 - 3 - 4 - 5 - 6 - 7 - 8 - 9 --- Nächstes Fijáte
Neues Jahr, neue Preise, neue Proteste
Guatemala, 10. Jan. Als eine seiner letzten Amtshandlungen vor Weihnachten erliess Präsident Portillo eine 10%-ige Erhöhung der Einfuhrzölle auf Mehl, Weizen, gelben Mais, Diesel und Propangas. Die Massnahme wurde als temporär angekündigt (gültig während 30 Tagen und jederzeit verlängerbar), nachdem das Verfassungsgericht die Erhebung einer sogenannten Steuer auf die Verteilung von Brennstoffen als ungültig erklärte mit der Begründung, dies wäre bereits die dritte Steuer, die auf Brennstoffe erhoben würde. Diese Ankündigung hatte eine sofortige Erhöhung des Brotpreises zur Folge. In verschiedenen Lebensmittelgeschäften wurden vorsorglich auch gleich die Preise für Bohnen, Reis und Mineralwasser erhöht, wie der Gewerkschafter Victoriano Zacarías bekannt gab. Julio Coj vom Gewerkschaftsverband UNSITRAGUA bezeichnete die Massnahme als unpopulär und beschuldigte neben der Regierung auch den Unternehmerverband für die Preiserhöhung diverser Produkte des Grundwarenkorbes. Die UnternehmerInnen würden jede Gelegenheit nutzen, um die Bevölkerung noch mehr auszubeuten in ihrem Bestreben um höhere Gewinne. Von der Regierung fordern die Gewerkschaften eine Erhöhung des Mindestlohnes sowie begleitende Massnahmen wie die Einfrierung der Preise für Grundnahrungsmittel und die Sanktionierung von Unternehmen, die den Mindestlohn nicht bezahlen. Aufgrund der Proteste machte am 4. Januar die Wirtschaftsministerin Patricia Ramírez einen Rückzieher und erklärte mit dem Regierungsdekret 1-2003 den Beschluss über die Erhöhung der Einfuhrzölle als ungültig. Die offizielle Erklärung lautete, es sei ein Irrtum gewesen, die Einfuhrzölle eines derart allgemeines Konsumguts wie Propangas zu erhöhen. Man habe 'herausgefunden', dass 80% des Propangases von Privathaushalten konsumiert würden. Somit kostet nun das Gas theoretisch wieder gleich viel wie vor dem 28. Dezember, wobei die Grosshändler versicherten, sie könnten die Preise nicht gleich sofort wieder senken. Die Gewerkschaften befürchten, dass auch die Detaillisten die einmal erhöhten Preise nicht mehr senken werden. Aufgeschlagen haben auch die Preise für Schulutensilien und Einschreibegebühren (Ende Januar beginnt das neue Schuljahr). Fünf StudentInnen, Mitglieder der Studentenvereinigung AEU, begannen aus Protest dagegen einen Hungerstreik vor dem Präsidentenpalast. Sie fordern die sofortige Absetzung der Wirtschaftsministerin Patricia Ramírez wegen Inkompetenz. Nach oben |
Ebenfalls breiten Protest hat das 'Weihnachtsgeschenk' des Obersten Gerichtshofes (CSJ) hervorgerufen, welches den Preis für die Abgabe eines Strafregisterauszugs erhöhte, und zwar deutlich von 5 Quetzales und 60 Centavos auf 50 Quetzales (rund 6 US-$)! Am meisten betroffen von dieser Massnahme sind die Arbeitslosen, ist doch ein Strafregisterauszug ein unabkömmliches Requisit bei einer Stellenbewerbung und nur drei Monate lang gültig, danach muss eine neue Bescheinigung gekauft werden. Somit wird einmal mehr eine Verantwortung der Regierung auf die Bevölkerung abgewälzt: Da der Kongress dem Justizwesen nur 600 Mio. Quetzales für´s Budget 2003 zugestand, anstelle der geforderten Milliarde, muss dieses Staatsressort nun schauen, wie es zu seinen Einnahmen kommt. Zwar bezieht das Justizwesen auch internationale Gelder, doch sind diese oft an eine Justizreform und an die Modernisierung des Justizsystems gebunden, welche wiederum nicht durchgeführt werden kann mit dem geringen Etat, das der Staat zur Verfügung stellt. Die Gewerkschaften führten bereits Demonstrationen vor dem Obersten Gerichtshof durch und drohen mit weiteren Massnahmen, falls die angekündigte nicht noch einmal überdacht werde. |
Original-PDF 276 --- Voriges Fijáte --- Artikel Nr. 1 - 2 - 3 - 4 - 5 - 6 - 7 - 8 - 9 --- Nächstes Fijáte