Mutige Initiative der Menschenrechtsorganisationen
Fijáte 277 vom 29. Jan. 2003, Artikel 7, Seite 5
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Mutige Initiative der Menschenrechtsorganisationen
Guatemala, 16. Jan. Das Wissen darum, dass eine erfolgreiche Aufdeckung und Auflösung der klandestinen Strukturen nur gelingen kann, wenn eine internationale Kommission sich an diese Arbeit macht, besteht bei den guatemaltekischen Menschenrechtsorganisationen schon seit längerem (siehe auch Interview mit Michael Moerth und Clara Arenas in ¡Fijáte! 274). Nun haben es 20 Organisationen geschafft, sich zusammen zu schliessen und die entsprechende Lobbyarbeit zu machen, und präsentierten zusammen mit dem Menschenrechtsombudsmann Sergio Morales einem Vorschlag zur Einsetzung einer solchen internationalen Kommission. Um der Sache noch etwas mehr Gewicht zu verleihen, fand sich auch der US-amerikanische Botschafter ein, als die Petition dem Präsidenten Portillo überreicht wurde. Die Kommission soll zusammengesetzt sein aus VertreterInnen der internationalen Gemeinschaft, der UNO, der Organisation Amerikanischer Staaten OEA und der guatemaltekischen Regierung. Untersucht werden sollen die klandestinen, illegalen oder parallelen Strukturen, die seit 1996, also seit der Unterzeichnung der Friedensabkommen, im Land operieren. Gemäss der Menschenrechtsaktivistin Ruth del Valle solle die Kommission vorerst für ein Jahr eingesetzt werden und ihre sämtlichen Erkenntnisse an die Staatsanwaltschaft weitergeben, damit diese die entsprechenden Strafuntersuchungen einleiten könne. Wörtlich heisst es in der Erklärung der nationalen Menschenrechtsbewegung: "Die Attentate gegen und die Ermordung von PolitikerInnen, MenschenrechtsaktivistInnen und Angestellte des Justizwesens sind ein klarer Beweis für die Existenz klandestiner Körper innerhalb des guatemaltekischen Staates." (...) "Diese Taten sind keine Zufälle. Der Staat ist von seinen verdeckten Kräften in Beschlag genommen worden, die sich als klandestine Körperschaften manifestieren und systematisch die Menschenrechte verletzen. Während der FRG-Regierung hat sich die Situation drastisch verschlechtert. Letztes Jahr wurden 154 Anschläge auf MenschenrechtsaktivistInnen verzeichnet, dieses Jahr hat mit zwanzig Anschlägen auf RechtsanwältInnen und Justizpersonal und drei Anschlägen auf MenschenrechtlerInnen begonnen." (...) "Die guatemaltekische Regierung hat im Mai letzten Jahres akzeptiert, dass diese Anschläge von klandestinen Kräften aus gehen. Trotzdem hat die Regierung bisher nichts unternommen, um diese Strukturen aufzudecken. Die Staatsanwaltschaft war nicht in der Lage, ihre Untersuchungen zu Resultaten zu bringen. Es ist deshalb höchste Zeit, dass drastische Massnahmen ergriffen werden, die der Realität Guatemalas entsprechen." (...) Nach oben |
Die Initiative des Menschenrechtsprokurats und der Menschenrechtsorganisationen wurde sofort unterstützt von Amnesty International, Human Rights Watch, aber auch vom guatemaltekischen Kongress. Im Kongress wurde auf Vorschlag der ANN eine entsprechende Resolution verabschiedet, die von 90 Abgeordneten, darunter auch solche der FRG, unterzeichnet wurde. Amnesty International wies in einer Presserklärung darauf hin, dass eine solche Kommission nur Erfolg haben könne, wenn sie autonom sei sowohl von der guatemaltekischen Regierung wie auch von internationalen Akteuren Interessen. Das guatemaltekische Aussenministerium verkündete, man habe bereits die Zusage vom Direktor von Human Rights Watch, José Miguel Vivanco, bei der Vorbereitung für eine solche Kommission mitzuarbeiten. Vivanco sei von Präsident Portillo persönlich angefragt worden, hiess es aus dem Ministerium. Diese Nachricht verärgerte sowohl den Ombudsmann Sergio Morales wie auch die Menschenrechtsorganisationen: Sie erfuhren von der Anfrage an Vivanco durch die Presse, noch bevor sie überhaupt eine Antwort von Präsident Portillo auf ihre Initiative erhalten hatten. Zwar schätzen sie den Chilenen Vivanco sehr, befürchten aber, dass das ganze eine Öffentlichkeitskampagne von Präsident Portillo sei, mit der er vom eigentlichen Thema ablenken wolle. |
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