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Guatemalas Kaffeewirtschaft in der Krise

Fijáte 232 vom 5. April 2001, Artikel 5, Seite 4

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Guatemalas Kaffeewirtschaft in der Krise

Andererseits schiebt ANACAFE die Schuld für die Krise eindeutig der Politik in die Schuhe: Der Staat stelle keine Kredite zur Verfügung, die Zinsen seien zu hoch und vor allem seien die einschlägigen Regierungsdekrete dafür verantwortlich, die den landwirtschaftlichen VGMindestlohnNF um 46% angehoben hätten.

Niedriges Lohnniveau, Arbeitslosigkeit, VGMigrationNF

Aufgrund der Krise in der Kaffeewirtschaft strömen Tausende Arbeitsuchende nach Mexiko. Nach den Neujahrs- und Dreikönigsfesttagen haben nach Angaben der örtlichen Migrationsbehörde von El Carmen mindestens 5000 TagelöhnerInnen die Grenze passiert. Hunderte von Männern, Frauen und Kindern harrten meist unter freiem Himmel aus, nachdem sie zig-kilometerlange Fußmärsche hinter sich gebracht hätten, in der Hoffnung darauf, dass sie frühmorgens ein mexikanischer Arbeitsvermittler verdinge.

Jorge Masilla, Verwalter der Finka Nuevo Mundo in Malacatán, Depto. San Marcos, bestätigte, dass er kürzlich 50 seiner ständigen Arbeiter entlassen musste und sehe aufgrund des finanziellen Engpasses kaum eine Möglichkeit, saisonale ArbeiterInnen zu beschäftigen. Genauso äußerte sich der Arbeitsvermittler Daniel López Gabriel, dass er wohl niemanden von den sonst 6000 KaffeepflückerInnen unterbringen könne, die nach Malacatán strömen. Der VGGewerkschafterNF Dueñas weist darauf hin, dass die niedrigen Löhne auch der Grund der Migrationswelle ins Nachbarland seien. Das sei nichts Neues, schon ungefähr zehn Jahre lang sei das so, dass die landwirtschaftlichen WanderarbeiterInnen nach Tapachula, Mexiko, ziehen. Seit der Mindestlohn damals von sieben auf zehn Quetzal erhöht worden sei, und die Cafetaleros diesen nicht auszahlten, oftmals erst auf arbeitsgerichtlichen Druck. In Mexiko bekäme man dagegen im Tagesdurchschnitt 28 bis 30 Quetzal bezahlt. Er könne sich nicht erklären, weshalb in Mexiko für einen Quintal geernteter Kaffeekirschen 30 Quetzal bezahlt werde, in VGCosta RicaNF sogar 40 Quetzal, und hier gerade einmal 25. Die guatemaltekischen Cafetaleros hätten keine Verluste erlitten, sondern lediglich sei ihr Gewinn geschmälert worden.

Nach Untersuchungen von Campesin@-Organisationen werde auf vielen Plantagen nicht der heute gesetzliche Mindestlohn bezahlt oder umgangen; das Tagesleistungssoll werde hochgeschraubt, ohne die Bezahlung zu erhöhen. So werde z.B. auf für eine Tonne geschnittenen VGZuckerrohrsNF nur sechs bis sieben Quetzal angerechnet.

In der Presseverlautbarung von ANACAFE vom 3.12.2000 ist zu lesen, dass die Herstellungskosten von einem Quintal Café Pergamino (getrocknete Kaffeebohnen) im Verlauf des Jahres von 625.- Quetzal auf 703.- Quetzal gestiegen seien. Fünf Quintales Kaffeekirschen ergäben einen Quintal Café Pergamino; dafür müssten 125.- Quetzal Pflücklohn und weitere 125.- Quetzal für andere Arbeiten (Pflege der Plantagen und Weiterverarbeitung der Kirsche) ausgegeben werden.

Die Antwort auf die Frage, wie sich die restlichen Produktionskosten von 453.- Quetzal zusammensetzen, abgesehen von den Lohnkosten, blieb ANACAFE schuldig. Dagegen meint Dueñas vom Gewerkschaftsverband CGTG, dass die Cafetaleros nicht nur die Kreditkosten, falls sie Geld aufgenommen hätten, einrechnen würden, sondern auch sämtliche Kosten des kompletten und großzügigen Automobilparks der jeweiligen VGGroßgrundbesitzerfamilieNF. Mittels derartigen Kalkulationen würden die Gewinne minimiert werden, was dann wieder als Rechtfertigung herangezogen würde, dass sie nicht in der Lage seien, bessere Löhne zu bezahlen oder gar noch Steuern.

Angedachte Problemlösungen

Die Interessensverbände der Cafetaleros und somit auch Regierungsstellen schlagen vor, den Anbau von qualitativem Hochlandkaffee zu fördern und dagegen die niederer gelegenen Kaffeeplantagen umzustellen auf rentablere Produkte; insbesondere ist an VGKautschukNF und Zuckerrohr gedacht.

Dabei sollte allerdings in Betracht gezogen werden, dass die Weltmarktpreise auch dieser Produkte seit Jahren tendenziell fallen. Ein Blick auf die Deviseneinnahmen bestätigt dies: Nach knapp 600 Mio. $ im Jahr 2000 für den Export von Kaffee erwartet Guatemala für 2001 nur noch ca. 250 Mio. $. Der VGTourismusNF sei mit seinen 707 Mio. $ an die zweite Stelle als Devisenbringer getreten nach den nicht-traditionellen Exportgütern, die mit ihren 1410 Mio. $ Umsatz an erster Stelle stünden. Auch die bisherigen Exportstandbeine Zucker und VGBananenNF gehen kontinuierlich in die Knie.

Seitens Herrn Töpke von ANACAFE sei ins Auge gefasst, neue Märkte für den besten Kaffee der Welt zu finden (bisher gehen 48% in die USA, 14% nach VGDeutschlandNF, 9% nach VGJapanNF) und für Gourmet-Kaffee zu werben, auch auf dem nationalen Markt.

Die Kammer der UnternehmerInnen für nicht-traditionelle landwirtschaftliche Exportprodukte (AGEXPRONT) kommt in Zusammenarbeit mit der VGInteramerikanischen EntwicklungsbankNF (BID) nach Untersuchungen zu dem Schluss, Guatemala könne sich rentabel verlegen auf den Anbau von vielerlei Zierpflanzen und bereits bekannten und exotischen Früchten, auch die industrielle Verarbeitung von Lebensmitteln wie Artischockenherzen, Sahne, Liköre, KakaoNF-Pulver und Nüsse böte sich an. Dafür stünde ein Förderungsprogramm mit 2,5 Mio. $ zur Verfügung.

VGDaniel PascualNF, Sprecher der Nationalen Koordination der Campesin@-Organisationen (VGCNOCNF) bringt in diesem Zusammenhang auch die ökologische, organische Anbauweise ins Gespräch.

Nach der Untersuchung von VGIPESNF (Institut für politische, soziale und ökonomische Studien) seien von der aktuellen Krise drei Viertel der kleinen KaffeebäuerInnen in ihrer Existenz bedroht. Sie könnten nicht von heute auf morgen ihre Produktion umstellen, sie lebten mehr oder weniger von der Hand in den Mund und bräuchten finanzielle Soforthilfen.

(Der Mehrzahl der Kaffee-ArbeiterInnen bleibt indes nur: "Abwarten und Kaffeetrinken." Letzteres gilt allerdings mehr für die hiesigen KonsumentInnen, meint der Übersetzer.)


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