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Militärische Forderungen, Bedürfnisse und Funktionswillkür

Fijáte 414 vom 16. Juli 2008, Artikel 7, Seite 5

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Militärische Forderungen, Bedürfnisse und Funktionswillkür

So lehnen auch die sozialen und Menschenrechtsorganisationen die Stärkung der Armee ab und fordern stattdessen eine breitere Unterstützung für die Nationale Zivilpolizei (VGPNCNF). VGNery RodenasNF, Direktor des VGErzbischöflichen MenschenrechtsbürosNF (ODHAG), warnt davor, dass das Wiedererstarken der Streitkräfte keinerlei wesentliche Begünstigungen für die Mehrheit der Bevölkerung mit sich bringe und vielmehr zerrüttende Folgen für eine Nachkriegsgesellschaft wie die guatemaltekische haben könnte. Für VGMario PolancoNF von der Menschenrechtsorganisation VGGruppe gegenseitiger HilfeNF (GAM) versucht die Regierung lediglich, ihre eigene Position mit Hilfe der Rückendeckung durch das Militär zu stärken.

Die oft erhobene Klage, die Finanzstruktur des Verteidigungsministeriums diene den jeweiligen Machthabern und einigen ihrer FunktionärInnen als "Kaffeekasse", um sich hinter dem gesetzlich statuierten Militärgeheimnis verbergen zu können, ist einer der Aspekte, die auch der Militäranalyst und Direktor der Fakultät für Politische Studien und Internationale Beziehungen an der Universität Francisco Marroquín, Pedro Trujillo, als Folgeerscheinung der unklaren gesetzlichen Funktionsbestimmung des Militärs benennt. Mit dem Verfassungsartikel, der besagt, die Aufgabe des Militärs sei es, "die Unabhängigkeit, Souveränität und Ehre Guatemalas zu bewahren, ferner die Unversehrtheit des Territoriums, den Frieden sowie die innere und äussere Sicherheit, ist sein Eingreifen in die Öffentliche Sicherheit abgedeckt. Gleichwohl habe es noch nie eine feststehende Verteidigungspolitik gegeben, ohne die eine solche Organisation aber nicht strukturiert werden kann", bemängelt Trujillo. Die Tatsache, dass keine eindeutige Richtung vorgegeben ist, führe laut dem Analysten dazu, dass die Armee selbst ihre Funktionen nicht klar habe und einfach in die verschiedenen Bereiche eingreife, abhängig von den Ansagen des jeweiligen Präsidenten.

- Oder dessen Gattin, wie der derzeitige Einsatz von 160 SoldatInnen belegt, die im Zuge des Programms "Solidarische Beutel" des Kohäsionsrates, dem Coloms Ehefrau VGSandra TorresNF vorsteht, Lebensmittelpakete an die ärmsten Familien, im Moment in der Hauptstadt bringen, nachdem sie diese zusammengepackt und in den Stadtvierteln Bedarfsinformationen erhoben haben. Im Gegensatz zu anderen aussermilitärischen Engagements, für das das Verteidigungsressorts stets einen finanziellen Aufschlag oder aber, wie bei den kombinierten Patrouillen auf den Strassen der Hauptstadt, die Finanzierung der eingesetzten 3´000 SoldatInnen vom VGInnenministeriumNF einfordern, geht die Solidaritätsaktion auf das eigene Konto.

Angesichts der Resultate bezeichnet der Militärspezialist den willkürlichen Einsatz der SoldatInnen als wirkungslos: In Bezug auf die soldatische Beteiligung an der offentlichen Sicherheit seit der Regierung Berger ist dies mehr ein Thema zur Manipulation der Wahrnehmung durch die Bevölkerung, denn der Effektivität. Zwar befähige die VGVerfassungNF das Militär zum Eingreifen in die innere Sicherheit, jedoch nicht zur Festnahme von Personen oder Ermittlung oder Rettung von Menschenleben.

Auch im Kampf gegen den Drogenhandel seien durch das Militär keine Fortschritte erzielt worden. Dieses war zwar bei einigen Razzien beteiligt, jedoch unter Federführung des VGGeheimdienstesNF und des Drogendezernates. Als grösste Leistung der SoldatInnen nannte Trujillo die Identifikation von Orten, wo Kleinflugzeuge mit VGDrogenNF zurückgelassen worden waren. Auch in Gebieten wie der Laguna del Tigre hat sich das Militär bislang als deklarierte Umwelt- und Naturressourcenschützer auch nicht bewährt.

Bislang habe sich jedoch noch kein Präsidenten dazu entschlossen, die SoldatInnen zur Bewachung der Grenzen und Küsten zu entsenden, ein Mandat, das tatsächlich in der Verfassung stehe, so Trujillo.

Unterdessen fordert VGIduvina HernándezNF, Leiterin von Sicherheit in Demokratie (VGSEDEMNF), eine Säuberung des Militärs, vor allem der höheren Ebenen, bevor der Armee eine Verantwortungsfunktion zugewiesen werde, um zu garantieren, dass diese Institution nicht (noch mehr) vom organisierten Verbrechen infiltriert wird.


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