Petrocaribe - Guatemala ist dabei!
Fijáte 414 vom 16. Juli 2008, Artikel 3, Seite 3
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Petrocaribe - Guatemala ist dabei!
Guatemala, 13. Juli. Mit Álvaro Coloms Unterschrift hat sich Guatemala jetzt in das 18. Mitglied der 2005 von Venezuelas Präsident Hugo Chávez gegründeten Initiative Petrocaribe verwandelt, die unter speziellen Konditionen täglich rund 200´000 Barrel Rohöl und Erdölprodukte an Länder der Karibik und in Zentralamerika verkauft. Da dies trotz allem eine Neuverschuldung bedeutet, bedarf es erst noch des grünen Lichts vom Kongress, das in etwa einem Monat erwartet wird, bevor Guatemala beginnt, täglich 20´000 Barrel Diesel aus Venezuela zu beziehen. Damit ist etwas mehr als ein Viertel des nationalen Tagesbedarfs an Diesel gedeckt. Im Vorfeld versuchten Guatemalas zuständige Minister noch einen günstigeren Preis auszuhandeln, doch Venezuelas Mitgliedschaft in der Organisation erdölexportierender Länder (OPEC) untersagte jeglichen Spielraum. Der mit Petrocaribe geschlossene Vertrag sieht vor, dass 50% der Rechnung innerhalb von drei Monaten nach Lieferung zu zahlen sind, die anderen 50% nach einer Laufzeit von 25 Jahren mit 1% Zinsen und zwei Jahren Wechselfrist. Im Alltag sieht das so aus, dass die Regierung das Produkt zu Petrocaribe-Preisen an die Händler in Guatemala zum vollen Preis weiterverkauft und die 50%-Fristgelder in soziale Massnahmen investieren kann. Planmässig sollen dies 400 Mio. Quetzales (ca. US-$ 54 Mio.) monatlich sein. Auf Grundlage dieser Perspektive hat Colom bereits die ersten Zusagen gemacht. So sollen unter anderem die Munizipalverwaltungen mit Extra-Geldern für lokale Projekte bedacht werden, kündigte der Präsident auf der ausserordentlichen Versammlung der Nationalen Munizipalvereinigung (ANAM) an. Zunächst ist die Vereinbarung auf ein Jahr angelegt, die dann automatisch verlängert wird, wobei beide Seiten jederzeit von dem Vertrag zurücktreten können. Dieser beinhaltet zudem einen Absatz, nachdem sich Venezuela bei Interesse auch darauf einlassen kann, dass Guatemala die Rechnungen mit Produkten, Gütern oder Dienstleistungen begleicht. Aussenminister Haroldo Rodas sah sich veranlasst klarzustellen, dass der guatemaltekische Beitritt zu dem venezolanischen Programm ein reines Handelsvorhaben ist und keinerlei politische Kosten für Guatemala in seinen Beziehung zu anderen Ländern mit sich bringe. Eine klare Ansage an die USA also, die gerade mittels der Initiative Mérida ein dem Plan Colombia ähnliches Drogenbekämpfungsprogramm in Zentralamerika installieren. Rodas fügte hinzu, dass der guatemaltekische Erdölversorgungsplan auch auch in keiner Weise einen Anschluss an die Bolivianischen Alternative für Lateinamerika und die Karibik (ALBA) nach sich ziehen werde, die ebenfalls von Chávez vorangetrieben wird und ein lateinamerikanisches Gegengewicht zur von den USA initiierten Freihandelszone ALCA darstelle. Nach oben |
Nach Belice, Nicaragua und Honduras ist Guatemala das vierte zentralamerikanische Land im Petrocaribe-Verband, Costa Rica evaluiert derzeit seinen Beitritt. Für Venezuelas Energie- und Erdölminister Rafael Ramírez stellt Guatemalas Schritt ein wichtiges Signal dafür dar, dass die Initiative mehr und mehr Vertrauen auch in Mittelamerika gewinnt. Im Land und vor allem im Kongress ist man derweil noch zurückhaltend bis ablehnend, auch wenn sich Colom vor seiner Reise nach Venezuela zur IV MinisterInnenkonferenz der Petrocaribe-Länder noch persönlich um die Stimmen für sein Vorhaben bemüht hat. Neben der ideologischen Skepsis und der auf Jahreangelegten Mehrbelastung und Verschuldung des Staatshaushaltes bemängeln die KritikerInnen - darunter Nineth Montenegro von der Partei Encuentro por Guatemala (EG) und auch Otto Pérez Molina von der Patriotischen Partei - dass es weder eine fundierte Analyse des guatemaltekischen Bedarfs und der Konsequenzen des Beitritts, keinen Finanzplan und auch keine abgestimmte Prioritätensetzung für die Investition der Fristgelder gebe. Obwohl der Präsident bereits kurz nach Amtsantritt sein Interesse an Petrocaribe kundgetan hatte, bleibt abzuwarten, welche Folgen seine Entscheidung mit sich bringt, mehr oder weniger im Alleingang Tatsachen zu schaffen anstatt in Abstimmung mit dem Kongress ein generell fundiertes und funktionierendes Regierungs- oder zumindest Energieversorgungsprogramm auf die Beine zu stellen und durchzuziehen. |
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