"Mein Körper gehört mir!"
Fijáte 417 vom 27. August 2008, Artikel 3, Seite 4
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"Mein Körper gehört mir!"
Guatemala, 14. Aug. Mit dem Argument, sie seien in den T-Shirts mit dem Aufdruck "Freie und säkulare Staaten" nicht angemessen gekleidet, wurde Mitte des Monats eine Gruppe von Feministinnen durch den ersten Sekretär Roberto Alejos aus dem Kongress verwiesen. Sie protestierten gegen die Unterzeichnung des so genannten "Buches für das Leben", eine Initiative, die in Honduras von religiösen und konservativen Gruppen veranlasst wurde, um jeglichen Gesetzesvorschlag zu verhindern, der die Abtreibung erlaube. Alejos selbst, der sich als "praktizierenden und devoten Katholiken" bezeichnet, warnte seine KollegInnen, sie würden die Verfassung verletzen, wenn sie nicht unterschrieben, denn darin sei festgelegt, dass der Staat das menschliche Leben ab seiner Empfängnis garantiere und schütze. Auch Bischof Víctor Hugo Palma legte den Abgeordneten in einer symbolischen Zeremonie nahe, sie seien vom Volke auserwählt, "um das Leben zu bewahren, eine Gottesgabe". Teil nahmen VertreterInnen von evangelikalen Kirchen und der Direktionsvorstand des Kongresses. Kardinal Rodolfo Quezada nahm ebenfalls Stellung und verurteilte die Abtreibung als Verbrechen. "Man muss die Dinge bei ihrem Namen nennen: Ein Verbrechen kann sich niemals in ein Recht wandeln", so der Kirchenmann, der bereits in der Diskussion um das Gesetz zur Familienplanung im Frühjahr 2006 diese diabolisierte, werde sie doch zur Abtreibung geradezu auffordern und die christlichen Familienwerte verletzen. (¡Fijáte! 359). Derweil trommelten draussen die DemonstrantInnen und riefen: "Weder der Kirche, noch den Priestern: mein Körper gehört mir!" Während schliesslich 70 der 158 Abgeordneten das Dokument firmierten, kritisierte Ana Silva Monzón vom Kollektiv und Radioprogramm Frauenstimmen, den Rausschmiss der Demonstrierenden als klare Diskriminierung, während nämlich FürsprecherInnen trotz Belästigung der Kongressmitglieder nicht des Gebäudes verwiesen wurden. Das zeige einmal mehr auf, dass in Sachen BürgerInnenschaft deutlich differenziert würde und die Legislative nicht als einschliessend bezeichnet werden könne. Monzón forderte eine öffentliche Entschuldigung von den Abgeordneten wegen der Einschränkung des BürgerInnenrechtes, an öffentlichen Akten im Hause des Volkes teilzunehmen. Ausserdem wies die Feministin auf die doppelte Moral der Unterzeichnenden hin: Auf der einen Seite deklarierten sie sich zu FürsprecherInnen des Lebens, auf der anderen bewahrten sie Stillschweigen angesichts verhinderbarer Todesfälle, Unterernährung und Mutter-Kind-Sterbefälle. In einem Kommuniqué benannte Monzón auch, dass jene Gruppen die in Straflosigkeit verbleibenden Morde an Frauen, Jugendlichen, Mädchen und Jungen nicht beachteten, die bedingt seien durch die machistische Gewalt und die Effekte der Wirtschaftspolitik, die einer umfassenden Entwicklung von Tausenden von GuatemaltekInnen entgegenwirkten. Nach oben |
Konkret zum Thema Abtreibung meinte Alma Odeth Chacón von der Frauenorganisation Tierra Viva, dass die rund 65´000 unsicheren Abtreibungen, die jährlich in Guatemala praktiziert werden, das Ergebnis davon seien, dass die Frauen keinen Zugang zu Gesundheitsleistungen und Familienplanung hätten. So begrüssten die Frauen die von Präsident Colom sanktionierten Gesetzesreformen zur "Verantwortlichen Vaterschaft", wonach nun eine DNA-Analyse der einzige Nachweis für eine Vaterschaft ist und die Weigerung eines Mannes, sich eines entsprechenden, vom Richter anzuordnenden Tests zu unterziehen, als "Bekenntnis" gewertet wird, solange kein Gegenbeweis vorliegt. Die Reformen beinhalten zusätzlich noch Mechanismen zum Schutz und zur Unterstützung alleinerziehender Mütter und deren Kinder und binden dabei auch den Staat verpflichtend mit ein. |
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