Die Jugend von heute
Fijáte 417 vom 27. August 2008, Artikel 2, Seite 3
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Die Jugend von heute
Guatemala, 15. Aug. 2008 ist als Iberoamerikanisches Jahr der Jugend ausgerufen worden, der 12. August wurde 1999 von der UNO zum Internationalen Tag der Jugend deklariert, doch die aktuellen Nachrichten zur Situation der Jugend in Guatemala sind wenig erfreulich. Charakterisiert ist sie in allen Bereichen durch eine beständige, zum Teil gar offensichtlich vorangetriebene Marginalisierung dieses Bevölkerungssektors, der laut der Vertreterin des UN-Bevölkerungsfonds UNFPA, Nadine Gasman, 70% der GuatemaltekInnen ausmacht. Dabei fordern die guatemaltekischen Jugendorganisationen nicht erst seit diesem Jahr, dass ihre Generation an der nationalen Gestaltung des Landes beteiligt werde. Es gibt zwar auch Jugendabteilungen zumindest der "grossen" Parteien, doch von diesen ist bislang noch keine politische Äusserung zu vernehmen gewesen, offenbar dienen sie vor allem in Wahlzeiten zum Plakate kleben und Luftballons verteilen. Die sozial und politisch aktiven und organisierten Jugendlichen engagieren sich dagegen sowohl auf lokaler als auch nationaler Ebene durchaus, doch selten wird darüber in den Medien berichtet. Auch sind ihre Mühen, zumindest in ihrem Umfeld etwas zu verändern und dafür die Unterstützung der zuständigen Autoritäten zu gewinnen, nur mit kärglichem Erfolg gekrönt. Das müssen die Organisationen, allen voran das Nationale Netzwerk von Jugendlichen für die politische Einflussnahme (IncideJoven), derzeit wieder einmal feststellen, die den Kongress zur Ratifizierung der Iberoamerikanischen Konvention über die Rechte der Jugend auffordern. Damit, so hoffen die Jugendlichen, würde die staatliche Arbeit zugunsten ihrer Generation gestärkt, denn der Staat würde verpflichtet, eine Jugendpolitik und entsprechende Nationale Pläne ein- und auszuführen. Nichtsdestotrotz, so bedauert Roberto Luna, Koordinator von IncideJoven, hätten erst wenige der 22 iberoamerikanischen Parlamente das internationale Dokument ratifiziert, das die jungen Menschen als Rechtssubjekte, strategische EntwicklungsakteurInnen und als Personen anerkennt, die in der Lage sind sowohl die Pflichten als auch die Rechte, die in den 44 Konventionsartikeln aufgezeigt sind, auszuüben. Luna berichtet, dass die Verhandlungen um die Konvention vor der Iberoamerikanischen Organisation der Jugend (OIJ) von Guatemala politisiert wurden, so dass sich die sozialen Organisationen gezwungen sahen, diese Tendenz zu melden und einen lateinamerikanischen Raum zu schaffen mit Entscheidungsmacht in jener internationalen Institution. Bereits 2005 wurde das Regelwerk von den OIJ-Mitgliedsstaaten beschlossen und auch sofort von der guatemaltekischen Regierung anerkannt. Dennoch stellt die Ratifizierung seither einen permanenten Kampf für die Jugendgruppen dar, bislang erfolglos. Doch nicht nur die Jugendlichen selbst beobachten kritisch, wie der Staat auf den verschiedenen gesellschaftlichen Ebenen mit ihnen umgeht und noch nicht einmal um die Beiträge der Jugendlichen zur lokalen Entwicklung wüsste, wie die organisierten Jugendlichen im Departement Sololá bei einem lokalen Treffen feststellten. Sie würden einfach nur stigmatisiert, anstatt dass nach Lösungen für ihre Probleme gesucht würde, resümierten die Tagenden. Alberto Portillo als Pädagoge der lokalen Zweigstelle des Menschenrechtsprokurats (PDH) konstatiert, dass in den weiterführenden Schulen den Lernenden jede Möglichkeit genommen wird, sich eine eigene Meinung zu bilden, eigene Kriterien aufzustellen und Lösungsvorschläge zumachen, indem den SchülerInnen stets Themen und die Art der Bearbeitung für Seminar- und Abschlussarbeiten der Sekundarstufe II vorgegeben würden. Zwar sei es zu begrüssen, dass Phänomene wie häusliche Gewalt, Kindesmissbrauch und die Situation der Gewerkschaften thematisiert würden, doch dürfe dies nicht zum Nebelschleier werden, hinter dem sich die unsauberen Geschäfte von lokalen wie nationalen FunktionärInnen verbergen könnten. Politisch konjunkturelle Themen wie der aktuelle Millionenverlust im Kongress müssten in den Schulen analysiert werden, um die Lernenden zu sensibilisieren, fordert Portillo. Nach oben |
Auch Frank LaRue, ehemaliger Präsidialer Kommissar für Menschenrechte, appellierte am Tag der Jugend in seiner Kolumne in der Tageszeitung Prensa Libre, dass darüber nachgedacht werden müsste, welche Art und Qualität von Institutionen an die Jugend vererbt würden, die sich dann mit den herrschenden Problemen der Schwäche der öffentlichen Verwaltung konfrontiert sähen. Es sei schlicht eine ungeheure Herausforderung für die Jugend, wenn ihr eine Staatsinstitutionalität übergeben wird, die zum einen nicht über ausreichend Ressourcen verfüge und zum anderen schwer geschädigt ist durch die Korruption. Die regelmässige Enthüllung von Regierungsskandalen müsse die junge Generation ja demotivieren, sich aktiv am Dienst für die BürgerInnen beteiligen zu wollen. Und just am Tag der Jugend wurden 6 Jugendliche ermordet aufgefunden, zwei Tage nachdem drei Mitglieder der Christlichen Jugendvereinigung (ACJ) auf dem Heimweg von einem Vereinstreffen offensichtlich aussergerichtlich hingerichtet wurden, wie das Menschenrechtszentrum CALDH ob der Tatsache feststellte, dass die drei Anfang 20jährigen Zeichen von Folter trugen und alle durch einen Gnadenschuss getötet wurden. Mario Minera, Direktor von CALDH, glaubt zudem, dass staatliche Sicherheitskräfte an dieser Tat beteiligt seien. Das unterstreicht die Befürchtung dieser und anderer Menschenrechtsorganisationen, dass die Gewalt gegen die Jugendlichen generell weiter ansteigen wird, und wird von den offiziellen Statistiken bereits belegt. Minera fordert das Innenministerium auf, mit der Säuberung der Polizei fortzufahren, die ganz offensichtlich als Ausführende einer Art von Säuberungspolitik gegen die Jugend agiert, mit der diese Generation von Vornherein stigmatisiert wird. Ein Ohrring oder ein Tattoo reichen dabei als "Beweis" schon aus, dass es sich um eine kriminelle Person handeln soll. |
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