Kongresspräsident Meyer geht wegen Anlageskandals
Fijáte 416 vom 13. August 2008, Artikel 6, Seite 5
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Kongresspräsident Meyer geht wegen Anlageskandals
Guatemala, 08. Aug. Die Flucht vor der Justiz von Raúl Girón, dem Geschäftsführer des Aktienhauses Mercados de Futuro S.A. (MDF) war letztendlich Auslöser für Eduardo Meyer von der Regierungspartei Nationale Einheit der Hoffnung (UNE), sein Amt des Kongresspräsidenten endgültig aufzugeben. In gewisser Weise war diese Entscheidung schon in dem Moment gefordert worden, als Meyer selbst Anfang Juni bekannt gab erfahren zu haben, dass sein Privatsekretär hinter seinem Rücken 82 Mio. Quetzales aus dem Sparfonds des Kongresses dem privaten Anlageunternehmen MDF für Hochrisikoinvestitionen anvertraut hatte. (¡Fijáte! 412). Arístedes Crespo von der Republikanischen Front Guatemalas (FRG), der Meyer seit Mitte Juni bereits vertreten hatte, während dieser seine Situation klären wollte - schliesslich steht er als Kongresspräsident für alle Vorgänge im Parlament in der Verantwortung, auch wenn er sagt, nichts von den Überweisungen gewusst zu haben - wird bis Ende des Jahres das Präsidentenjahresmandat im Kongress weiterführen. Vor einer Woche war der vereinbarte Termin abgelaufen, zu dem MDF die Kongressgelder wieder zurückgeben sollte. Da ihnen das nicht möglich war, bat der MDF-Vorstand um Fristverlängerung, die jedoch nicht gewährt wurde. Daraufhin tauchte Girón, der auch die Kontaktperson zum Kongress war, unter und ist bislang trotz zahlreicher und personenstarker Hausdurchsuchungen und Haftbefehl nicht lokalisiert. Auch wenn Meyer seine Unschuld beteuert und ihm auch kein Vergehen nachgewiesen werden kann, gab er dem Druck vor allem der Opposition nach, die, die Patriotische Partei (PP) von Otto Pérez Molina voran, gar eine Klage gegen ihn anstrebt. Meyer seinerseits verklagte fünf Personen der Geldwäsche, die seines Erachtens in den obskuren Geldtransfer involviert sind, darunter gegen Girón, gegen seinen ehemaligen - und ebenfalls flüchtigen Privatsekretär Byron Sánchez, den vormaligen Bankenaufseher Willy Zapata und zwei weitere Funktionäre, die für die Finanzkontrolle zuständig sind, sowie gegen die Banco Uno, die die Überweisung trotz formeller Lücken in den Unterlagen realisiert hatte. Das Aktienhaus MDF ist in der Zwischenzeit staatlich interveniert, die Konten und Anlagegüter des MDF-Vorstandes eingefroren und Rechtsprozesse gegen die Verantwortlichen eingeleitet. Und die 82 Mio. Quetzales müssen wohl abgeschrieben werden vom Sparkonto des Kongresses. Nach oben |
Doch der "Skandal" betrifft immer noch auch weitere Politiker: den Generalsekretär der PP Pérez Molina, der während seiner Wahlkampagne als Kandidat für die Staatspräsidentschaft einen Kredit bei MDF aufgenommen hat, just von dem Konto, auf das die Kongressgelder geflossen sind und Rúben Dario Morales, Vorgänger von Eduardo Meyer als Kongresspräsident. Unter ihm hat es eine erste Anlage von Kongressspargeldern bei MDF gegeben, woraufhin Morales mit einer Provisionszahlung von 300´000 Quetzales auf sein Privatkonto bedacht wurde. Einmal mehr belegt das Geschehene den Mangel an gesetzlichen Regelungen, nicht nur zum Umgang mit öffentlichen Geldern und der Absicherung von Anlagegeschäften. "Es ist ganz klar, dass in Guatemala die öffentlichen Fonds die Privatbanken ernähren, von denen nur ganz wenige etwas abbekommen", kommentiert die Kolumnistin Marielos Monzón in der Tageszeitung Prensa Libre. "Die "Inversion", die mit Geldern des Kongresses getätigt wurden, bringen einmal mehr die reale Situation des Bankensystems aufs Tapet, das vom mächtigen Wirtschaftssektor monopolisiert wird, der wiederum als erster Begünstigter durch die Finanzen des Landes aus der Sache hervorgeht. Aber das ist ein Thema, über das im Rahmen des Skandals niemand spricht", moniert Monzón. |
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