Das Geflecht der Aktien im Kongress
Fijáte 418 vom 10. September 2008, Artikel 4, Seite 4
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Das Geflecht der Aktien im Kongress
Guatemala, 29. Aug. "Die freiwillige Auslieferung von Raúl Girón, dem Geschäftsführer des Aktienhauses Mercado de Futuros S.A. (MDF), mittels dem 82 Mio. Quetzales aus dem Sparfonds des Kongresses hinterzogen wurden, zeitigt einmal mehr die Schwäche des Justizsystems in Guatemala, denn hätte sich Girón nicht gestellt, hätte man wohl noch lange nach ihm gesucht", so beginnt Inforpress Centroamericana seinen Artikel über das äusserst labile Kartenhaus, das sich Kongress nennt, und alle an der Geldanlage direkt und indirekt Beteiligten. (¡Fijátes! 412 und 416) Mittlerweile ist der Bilanzprüfer, der gleich nach der Skandalenthüllung eingesetzt wurde, auch schon ersetzt worden, da er seine Pflichten nicht ordnungsgemäss erfüllt habe. Immer mehr Anzeichen kommen auf, die die Ehefrau und Söhne von Ex-Kongresspräsident Rubén Morales in die Affäre mit hineinziehen. Unter Morales soll im letzten Jahr das erste Mal eine Geldanlage von Kongressgeldern über MDF abgewickelt worden sein. In diesem Zusammenhang seien Gelder auf den Konten der direkten Angehörigen von Morales überwiesen worden, die Gattin soll damit recht bald ein ansehnliches Anwesen erstanden haben. Im Moment ist noch nicht entschieden, wie gegen Eduardo Meyer vorgegangen wird und rechtlich vorgegangen werden kann, der Präsident des Kongresses war, als der aktuelle Anlagefall publik wurde. Bislang haben weder Meyer noch Girón geredet. Gerade von letzterem werden Informationen und vor allem Namen von weiteren Abgeordneten erwartet, die in das Aktiengeschäft involviert waren und sind. Das bedeutet gleichzeitig, dass Giróns Leben in Gefahr ist. Just diese Angst soll den ehemaligen MDF-Geschäftsführer dazu bewogen haben, sich zu stellen und Unterstützung beim Menschenrechtsprokurat zu beantragen. Inzwischen sitzt er unter verstärkten Sicherheitsmassnahmen im Untersuchungsgefängnis, da ihm keine Ersatzmassnahmen gewährt wurden. Jetzt wird ermittelt, wer ihm half, sich die ganze Zeit zu verstecken. Auch Meyer fürchtet, umgebracht zu werden, sollte er auspacken. Von der Festnahme Giróns erhofft er sich indes, endlich seine Unschuld beweisen zu können. Unabhängig davon wurde der Druck von Seiten aller Kongressparteien, einschliesslich seiner eigenen, der Nationalen Einheit der Hoffnung (UNE) so gross, er solle ausgeschlossen werden, dass er lieber selbst den Hut nahm. Meyer gehört zu den Gründern der UNE und ist seit 1991 Parlamentsmitglied. Zwar wird sein Parteiaustritt einerseits als politischer Preis bezeichnet, der Meyer jetzt ohne "politischen Regenschirm" stehen lasse. Für andere zeitigt Meyers Rücktritt eher die fortschreitende Fraktionierung der Partei. "Im Fall von MDF gibt es viel zu viele Leute, di mit drin stecken, von den PolitikerInnen, die auf den öffentlichen Geldern herumreiten, bis zu den GesellschafterInnen des Unternehmens und ihrer BeraterInnen, und schliesslich die KomplizInnen, die sich darum kümmerten, die Kontakte zu den ehrgeizigen Kongressmitgliedern zu knüpfen. Alle müssen für ihr Handeln einstehen und ihre Schuld sühnen. Auch wenn unsere Gesetze wertlose Strafen für Korrupte vorsehen, muss zumindest das Stigma auf ihnen lasten, strafrechtlich überführt worden zu sein." Auf diese Weise zeigt die Tageszeitung La Hora auf den grossen Kreis der Involvierten im "Fall MDF". "Die Wahrheit ist, dass es in den Ermittlungen Fortschritte gegeben hätte, wenn die Staatsanwaltschaft gewillter gewesen wäre", meint Juan Luis Font, Direktor der Tageszeitung elPeriódico. "Aber die Staatsanwaltschaft hat bislang einfach keine Lust gehabt, die nötigen Ermittlungsschritte einzuleiten. Sie wollen keine Probleme mit den Abgeordneten, die am Jahresende für die Zuweisung der Gelder aus dem Staatshaushalt sind. Deswegen ist die Aussage von Raúl Girón wesentlich. Und man wird gut daran tun, ihn gut zu bewachen." Nach oben |
Gleichwohl schürten die Aussagen von Raúl Falla Ovalle, dem ersten Bilanzprüfer, das Feuer, der noch behauptete, "Es bleibt kein Centavo (von den Kongressgeldern, die Red.), der zurückgezahlt werden könnte", was die Investoren des Aktienhauses aufschreckte. Eine Woche später wurde Falla vorgeworfen, plötzlich seine Version geändert zu haben, sein vorheriger Kommentar wäre eine vorläufige Beobachtung gewesen. Noch sind keine weiteren Namen hinsichtlich der Hochrisikoinvestitionen des Kongressgeldes öffentlich geworden, doch einiges deutet auf die Patriotische Partei (PP) hin, seit relativ zu Beginn des "Show-downs" bekannt gemacht wurde, dass deren Generalsekretär, Otto Pérez Molina, mehr als 600 Mio. Quetzales von MDF überwiesen worden waren. Molina rechtfertigte diese Zahlung bisher als Kredit, den er aufgenommen hatte, um seine Wahlkampagne zu finanzieren. Derzeit warte er darauf, dass Girón oder eine andere Person von MDF sich bei ihm melde, damit er seine Schulden begleichen könne. Nachher wollte er jedoch die Gelder lieber direkt der Justiz übergeben. Eine weitere Beteiligte bleibt die Banco Uno, die bislang noch nicht in den Fokus der Medien gelangt ist und von der die Kongressgelder an MDF weitergeleitet wurden. Nichtsdestotrotz haben die Kongressmitglieder bereits rechtliche Schritte gegen dieses Geldinstitut vorbereitet, Meyer selbst hatte bereits gleich beim Bekanntwerden des Skandals Anzeige wegen Geldwäsche eingereicht, da die Bank nicht zeitnah über die Überweisung der Staatsgelder informiert hatte. Die jedoch beruft sich auf das Bankgeheimnis. |
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