Korruption = DNA-Strang des Kongresses?
Fijáte 412 vom 18. Juni 2008, Artikel 2, Seite 3
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Korruption = DNA-Strang des Kongresses?
Guatemala, 12. Juni. Diesmal ist es ein Finanzskandal im Kongress, der die Gemüter erhitzt. Gerade noch hatte die Tageszeitung Siglo VVI lapidar festgestellt, dass "unvollständige Prozedere, Veruntreuungen, zweifelhafte Anschaffungen, Missbrauch und Exzess im Umgang mit Staatsgeldern Teil der genetischen Codes der öffentlichen Verwaltung Guatemalas zu sein scheinen". Dieser Kommentar bezog sich auf die Veröffentlichung der Rechnungsprüfung des Staatshaushaltes 2007 durch den Rechnungshof CGC. Dessen Leiter, Carlos Mencos, denunzierte mehr als 900 Fälle von Anomalien in der staatlichen Buchführung. Ausserdem seien Bussgelder in Höhe von 111 Mio. Quetzales verhängt, Anklagen formuliert und 22 Strafanzeigen eingereicht worden. Der Audit-Prozess selbst sei erschwert worden durch die Politik, die einige der untersuchten Institutionen übernommen hatten: nämlich, internationale Organisationen anzustellen für die Kanalisierung der staatlichen Fonds. Darunter sind das Doch dann überschlugen sich die Ereignisse. Um den 20. Mai herum hatte Kongresspräsident Eduardo Meyer, der der Regierungspartei der Nationalen Einheit der Hoffnung ( Anfang Juni verkündete Meyer selbst, dass jener Byron Sánchez hinter seinem Rücken dem Finanzdirektor des Kongresses, José Benvenuto Conde Fernández, aufgetragen hatte, 82 Mio. Quetzales, etwa die Hälfte des vom Kongress ersparten Geldes, an das private Aktienhaus Mercados de Futuros (MDF) zu überweisen, das in Risikoaktien investiert und hohe Provisionen zusagte. Niemand vom Direktionsvorstand habe von dieser Transaktion gewusst, beteuert Meyer. Laut Conde existiert über den Auftrag, von dem Sánchez behauptet hatte, er stamme von Meyer, denn auch kein Schriftstück. Der staatliche Rechnungsprüfer Mencos weist dagegen darauf hin, dass das Bankengesetz vorschreibt, alle Gelder staatlicher Institutionen müssten bei der Staatsbank Banco de Guatemala oder aber zumindest in einer Bank des offiziellen Bankensystems angelegt sein. MDF-Chef Raúl Girón eröffnete jetzt, dass die Geschäftsbeziehungen seiner Firma und der Regierung bereits im letzten Jahr aufgenommen wurden, als ihm 20 Staatsmillionen zur Anlage anvertraut wurden, damals mit einem Zinssatz von 8,75% im Jahr. Für die jetzt angelegten 82 Mio. wurde ein Satz von 9,5% vereinbart. Die Verhandlungen führte Byron Sánchez, der für seinen Einsatz eine Provision von 1,5% jährlich erhalten sollte, die ihm in monatlichen 100´000 Quetzales-Überweisungen zukommen sollten. 300´000 hat er seit Vertragsbeginn bereits kassiert. Und wird inzwischen von Interpol gesucht, denn er hat seit seiner Kündigung durch Eduardo Meyer und dessen Information der Öffentlichkeit über die Anlage-Funde ausreichend Zeit gehabt, das Land Richtung |
Auch gegen Eduardo Meyer hat sich die Schlinge schnell enger gezogen. Sollte er tatsächlich nichts von dem Vorgang gewusst haben, spricht dies nicht unbedingt für seine Qualifikation als oberster Chef des Kongresses. Ausserdem widerlegt ein Brief von MDF-Chef Girón an Meyer dessen vermeintliche Unwissenheit. In dem Schriftstück detailliert der Aktienmakler auf Meyers Antrag hin die Tranche-weise Rückführung der angelegten Gelder auf das Staatskonto bis Anfang 2009. Möglicherweise wollte der Kongresspräsident die Sache ohne grosses Aufheben ungeschehen machen und hoffte auf die gleiche Behandlung, die der Generalrechnungsprüfer Mencos dem vorherigen Kongresspräsidenten Rubén Dario Morales zukommen gedenkt, nämlich von einer Anzeigen gegen ihn - der im letzten Jahr die Aktieninvestition von Staatsgeldern ebenfalls verschwieg - abzusehen, schliesslich seien die Gelder ja wieder im Staatssäckel angekommen. Doch Alejandro Urízar, Koordinator des Transparenz-Programms der BürgerInneninitiative Acción Ciudadana, stellt Mencos Nachsichtigkeit in Frage: "Ich bezweifle, dass im Fall von Morales wirklich kein Delikt vorliegt, denn wir wissen nicht, ob jemand Provision bekommen hat." Und tatsächlich hat die Staatsanwaltschaft jetzt festgestellt, dass der ehemalige Kongresspräsident Morales von der In der Zwischenzeit forderten die meisten Kongressfraktionen empört Meyers Entlassung, liessen sich jedoch auf dessen Vorschlag ein, dass er sich erst einmal für zwei Monate ohne Gehaltszahlung vom Amt zurückziehe, um die Rechtslage zu klären. Solange übernimmt der Vizepräsident des Kongresses, Arístedes Crespo von der Doch neben Meyer gibt es noch weitere Instanzen, die bei der Transaktion hätten hellhörig werden müssen. Zum einen ist da die erwähnte Zweigstelle des Rechnungshofes unter Yax Tiu, dann hätte die Banco Uno, von der aus das Geld auf die Konten von MDF überwiesen wurden, den Auftrag nicht annehmen dürfen, da nur der Finanzdirektor Conde, jedoch niemand des Vorstandes unterzeichnet hatte. Und angesichts der Tatsache, dass etwa die Hälfte des gesamten Sparfonds des Kongresses bewegt wurde, ist nicht auszuschliessen, dass der Währungsfond nicht auch etwas davon mitbekommen hat. Dies würde den Vertreter dieser Institution vor dem Kongress, den Abgeordneten Fernando Pérez von der FRG mit in die Verantwortung ziehen. Präsident |
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