guatemala.de > Guatemalagruppe Nürnberg e. V. > Fijate
Fijáte
 

Geheime Dienste

Fijáte 347 vom 9. Nov. 2005, Artikel 1, Seite 1

PDF Original-PDF 347 --- Voriges Fijáte --- Artikel Nr. 1 - 2 - 3 - 4 - 5 - 6 - 7 - 8 - 9 - 10 - 11 --- Nächstes Fijáte

Geheime Dienste

Präsidialer Geheimdienst

Während des bewaffneten Konflikts oblag die Sicherheit des Präsidenten einer militärischen Struktur, die finanzielle Autonomie genoss und ein grosses Machtpotential in sich vereinte. Der Generalstab des Präsidenten (VGEMPNF) hatte seinen eigenen Geheimdienst, der mit ehemaligen Offizieren des militärischen Geheimdienstes bestückt wurde. Von den VGUSANF unterdessen freigegebene Dokumente über diese Zeit beweisen, dass in Sachen Aufstandsbekämpfung eine enge Zusammenarbeit zwischen den beiden Geheimdiensten (präsidial und militärisch) bestand. Die Friedensabkommen enthalten diverse Komponenten, mit denen der EMP in zwei zivile Bereiche aufgeteilt werden sollte: In das Sekretariat für administrative Belange und die Sicherheit des Präsidenten (VGSAASNF) und das Sekretariat für strategische Analysen (SAE). Damit wollte man die Sicherheit des Präsidenten von politisch-strategischen Entscheidungen trennen und zugleich beide Bereiche entmilitarisieren. Das für die Sicherheit des Präsidenten und dessen Familie zuständige SAAS wurde im Jahr 2000 gegründet. 644 zivile AgentInnen wurden während zwei Jahren für teures Geld (56'000 US-$ pro Person) ausgebildet. Im Oktober 2003 wurde dann der Generalstab des Präsidenten offiziell aufgelöst, was aber nicht heisst, dass der Einfluss der militärischen Kräfte nachgelassen hätte, denn zahlreiche Mitglieder des ehemaligen EMP wurden in das zivile SAAS integriert.

Die Aufgabe des zivilen Sekretariat für strategische Analysen (SAE) ist es, ,,Gefahren oder Risiken verschiedener Art, welche die Demokratie bedrohen, vorauszusehen oder vorzubeugen". Das SAE darf keine eigenen verdeckten Ermittlungen durchführen, sondern muss mit den vom VGInnenministeriumNF und vom militärischen Geheimdienst zur Verfügung gestellten Informationen arbeiten. Das SAE hat seit seiner Schaffung einige Rückschläge zu verzeichnen, nicht unproblematisch ist z. B., dass mit jedem Regierungswechsel das Personal des SAE ausgewechselt wird. Eine kürzlich eingereichte Initiative des Kongressabgeordneten und ehemaligen Generals Sergio Camargo schlägt vor, dass dem SAE die Kompetenz übertragen werden soll, auch operativ zu handeln und sog. ,,sozialen Geheimdienst" zu betreiben, mit dem klaren Ziel, soziale Proteste zu unterdrücken und die sozialen Bewegungen zu kontrollieren.

Polizeilicher Geheimdienst

Ein wichtiger Aspekt der Reformbestrebungen im Geheimdienstwesen ist die Schaffung eines Departements für einen zivilen Geheimdienst und Informationsanalyse (DICAI), welches dem Innenministerium unterstellt sein soll. Hauptaufgabe dieser Institution sollen Untersuchungen und Geheimdienstaktivitäten im Zusammenhang mit polizeilichen Ermittlungen sein, in enger Zusammenarbeit mit dem Justizapparat. Bis zum heutigen Tag konnte jedoch das DICAI nicht gesetzeskonform gestaltet und eingesetzt werden. Aktuell gibt es innerhalb des Sicherheitsapparates drei Abteilungen, die je einen Bereich abdecken (VGDrogenbekämpfungNF, kriminalistische Untersuchungen und interne Sicherheit). Während der Regierungszeit von VGAlfonso PortilloNF wurde das DICAI umgewandelt in die Generaldirektion für zivile Geheimdienst- und Informationstätigkeit (DIGICI). Unter anderem soll damit das Departement zu einer Generaldirektion aufgewertet werden, analog zur Generaldirektion des militärischen Geheimdienstes. Das Gesetz zur Schaffung der DIGICI wurde wie erwähnt Mitte Oktober vom Kongress angenommen (siehe dazu separater Artikel).

Kontrollmechanismen

Die Friedensabkommen sehen ,,demokratische Kontrollmechanismen" vor, um die Tätigkeiten der verschiedenen Geheimdienste zu überwachen und Menschenrechtsverletzungen zu verhindern. Dafür gibt es interne Mechanismen bezüglich der Selektion des Personals oder dessen Ausbildung, aber auch externe Kontrollinstanzen wie z. B. eine entsprechende Kommission des Kongresses, das Justizwesen, oder die Zivilgesellschaft inkl. Presse. Um eine solche Kontrolle zu ermöglichen, müsste aber in erster Linie eine klare Aufgaben- und Kompetenztrennung innerhalb der einzelnen Geheimdienste bestehen, was mit dem Rahmengesetz erst noch bestimmt werden muss. Um wirklich eine ,,demokratische Kontrolle" über die Geheimdienste ausüben zu können, bräuchte es noch andere Massnahmen: Ein Gesetz über den freien Zugang zu Informationen, die Aufhebung diverser ,,Staatsgeheimnisse", vor allem im militärischen Bereich, und ein Gesetz über das Sammeln und Aufbewahren persönlicher Daten (Habeas Data). Parallel dazu bräuchte es eine personelle ,,Säuberung" sowohl des Sicherheits- wie des Justizapparates, d. h. eine Verabschiedung aller aktuellen und ehemaligen Militärangehörigen und in VGKorruptionsfälleNF involvierte Personen aus den zivilen Institutionen. Die Armee ihrerseits müsste diejenigen Mitglieder, die während des Krieges Menschenrechtsverletzungen zu verantworten haben, aus ihren Reihen ausschliessen. So ist denn auch eine der Schlussfolgerungen des Dokuments von Iduvina Hernández, dass nach einer integralen Lösung gesucht werden muss, die sowohl den Friedensabkommen, wie den nationalen und internationalen (Menschen-) Rechtsbestimmungen entspricht.


PDF Original-PDF 347 --- Voriges Fijáte --- Artikel Nr. 1 - 2 - 3 - 4 - 5 - 6 - 7 - 8 - 9 - 10 - 11 --- Nächstes Fijáte