DR-CAFTA: zurück zum Diskurs des kalten Krieges
Fijáte 341 vom 17. Aug. 2005, Artikel 2, Seite 2
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DR-CAFTA: zurück zum Diskurs des kalten Krieges
Radikalisiert und im Ton verschärft hatte sich der Diskurs der US-amerikanischen Regierung gegenüber den GegnerInnen des Feihandelsabkommens mit Zentralamerika und der Dominikanischen Republik (DR-CAFTA), je näher die Abstimmung im US-Kongress rückte. Sowohl der Sekretär für Handelsfragen der USA, Carlos Gutiérrez, wie auch Präsident George W. Bush selber bezeichneten bei verschiedenen Gelegenheiten die Opposition gegen das Freihandelsabkommen als antidemokratisch und kommunistisch. Sie bewerteten die GegenerInnen des Abkommens gar als identisch mit denjenigen Kräften, die sich in den 80er-Jahren gegen ,,Freiheit und Frieden wehrten". Diese Beschuldigungen verliefen parallel zum zunehmenden Widerstand sozialer Gruppierungen gegen den DR-CAFTA und andere Themen, wie die transnationalen Investitionen in Minenbau und Wasserkraftwerke in der Region. VertreterInnen dieser Widerstandsbewegungen sprechen von einer gezielten Kampagne, die Überfälle auf ihre Büros und Morddrohungen umfasst. Die ,,Zielscheiben" dieser Übergriffe sind sich einig darüber, dass ihre BedroherInnen Rückendeckung im konfrontativen Diskurs der US-Regierung gefunden hätten, genauso wie vor einem Vierteljahrhundert, inmitten des kalten Krieges, als Ronald Reagan die US-Präsidentschaft übernahm. Der US-amerikanische Diskurs hat sich schrittweise von ökonomischen Argumenten entfernt und einen ideologischeren Unterton angenommen. Grundtenor der Debatte war die ,,Verteidigung der Demokratie, des Friedens und der Sicherheit im Kontext des Kriegs gegen den Terrorismus". In seiner Rede vor der Organisation Amerikanischer Staaten (OEA) vom 21. Juli begann Bush mit dem Krieg gegen den Terror und erklärte das Freihandelsabkommen als ,,Mittel für die Verbreitung von Demokratie und Frieden, und als eine ,,Ideologie der Hoffnung", um damit die ,,Ideologie des Hasses" zu bekämpfen. Am 28. Juli legte US-Handelssekretär Gutiérrez in der Dominikanischen Republik nach und intensivierte den Diskurs des kalten Krieges: Die Personen, die sich dem Freihandelsabkommen widersetzen, hätten die selben Nachnamen wie diejenigen, die in Zentralamerika die kommunistische Revolution machen wollten. Jeff Vogt, Direktor der Nichtregierungsorganisation WOLA (Washingtoner Büro für Zentralamerika) bestätigte, dass man die Namen Daniel Ortega, Fidel Castro und Hugo Chávez nie so oft gehört habe, wie in der Senatsdebatte um das Freihandelsabkommen. Der US-amerikanische Diskurs fand aber auch in den guatemaltekischen Zeitungskolumnen seine Resonanz. Da werden die Opposition gegen das Feihandelsabkommen und die Volksabstimmungen über ausländische Investitionen in Megaprojekte in den selben Antidemokratie-Kontext gestellt. Und auch in Guatemala haben einigen Kolumnisten der historischen Rechten auf die Rhetorik des Krieges zurückgegriffen. So schrieb z. B. Humberto Preti in der Prensa Libre vom 2. Juli: ,,Diejenigen, die früher versuchten, ausländische Investitionen durch das Streuen von Claymore-Minen und Bomben zu verhindern und so zur Armut im Land beitrugen, sind heute die Vorkämpfer der zivilgesellschaftlichen Organisationen und verkleiden sich als Umweltschützer." Die polarisierte und ideologisch verfärbte Sprache, die an die 80er-Jahre erinnert, wird nicht nur gegen die GegnerInnen der Freihandelsabkommen eingesetzt, sondern allgemein gegen VertreterInnen des sozialen Protests. So wurden auch die OrganisatorInnen der Volksabstimmungen in Sipacapa und Río Hondo als Ex-Guerilleros bezeichnet. Nach oben |
Dieser radikale Diskurs wird von ebensolchen Taten begleitet. Gemäss Iduvina Hernández von der Organisation Sicherheit in Demokratie (SEDEM) zeichnete sich im Jahr 2005 eine eindrückliche Zunahme von Angriffen auf soziale Organisationen ab, bis zur Jahresmitte waren die Zahlen des letzten Jahres erreicht. Jüngstes Erreignis in dieser Kette ist das Anbringen eines Grabkranzes am Eingang der Guatemaltekischen Gewerkschaftsunion (UNSITRAGUA) mit den Namen von Mitgliedern der Organisation auf der Schleife. Gustavo Meoño von der Rigoberta Menchú-Stiftung zweifelt keinen Moment daran, dass es sich um ein sich wiederholendes Muster handelt, Beweis dafür sei die Art und Weise der Drohungen und die Kontrolle, die offenbar über die Organisationen geführt wird. Ziele dieser Aktionen sind laut Meoño und anderen Analysten, Informationen über die Organisationen zu sammeln, AngstPsychosen und Verunsicherung unter den sozialen Gruppen zu streuen und die Bewegung zu neutralisieren. Im Kontext der zunehmenden Drohungen gegen AktivistInnen hat der Diskurs der ,,antidemokratischen Opposition" (Zitat Bush: ,,Es gibt Leute in unserer Nachbarschaft, die sich der Demokratie widersetzen, sie provozieren Resentiment und Wut und entfernen uns von unseren Freunden") fatale Konsequenzen für die sozialen Bewegungen die sich gegen das Freihandelsabkommen wehren, da sie mit ,,undemokratisch" als eine Gefahr für die Demokratie und die Stabilität im Land abgestempelt werden. Damit wird den Sicherheitskräften ein Blanko-Scheck ausgestellt, sie zu überwachen. Für Miguel Angel Albizures vom Menschenrechtszentrum CALDH wird durch den aktuellen Diskurs das repressive Vorgehen nicht nur legitimiert, sondern gefördert. ,,Guatemala folgt der ideologischen Linie der USA in Sachen nationaler Sicherheit, was eine direkte Einschränkung der Meinungsfreiheit nach sich zieht", so Albizures. In einer Presseerklärung vom 25. Juli in der Tageszeitung elPeriódico prangerten 16 soziale Organisationen die staatliche Repression an. ,,Wir verurteilen aufs Schärfste das Vorgehen der drei Staatsmächte, welche die Forderungen des Volkes ignorieren, den sozialen Kampf kriminalisieren und die Kluft zwischen der Regierung und den sozialen Organisationen vertiefen". |
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