Plan de Sánchez: Besser spät als nie und immer noch zu wenig
Fijáte 340 vom 03. Juli 2005, Artikel 7, Seite 6
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Plan de Sánchez: Besser spät als nie und immer noch zu wenig
Guatemala, 18. Juli. 23 Jahre dauerte es, bis der guatemaltekische Staat im Fall des am 18. Juli 1982 begangenen Massakers von Plan de Sánchez, Rabinal, Baja Verapaz, seine institutionelle Verantwortung anerkannte und sich öffentlich bei den Überlebenden und Hinterbliebenen entschuldigte. Dies nicht ganz freiwillig, sondern aufgrund einer moralischen Verurteilung durch den Interamerikanischen Menschenrechtsgerichtshof (CIDH) vom 24. November 2004. Im Namen der Regierung und in Begleitung einer offiziellen Delegation sowie der Sonderbeauftragten für Menschenrechte der Organisation Amerikanischer Staaten (OEA), Susana Villarán, bat Vizepräsident Eduardo Stein die Anwesenden, Überlebende und Familienangehörige, um Verzeihung. Zuvor besuchte er die Kapelle, in der die Reste der Massakeropfer ruhen. Die Feierlichkeiten fanden am Ort des Geschehens statt aufgrund des Wunsches der Hinterbliebenen ohne die Präsenz von Militärs. SchülerInnen der Sekundarstufe spielten in einer Theatervorstellung die Geschehnisse von vor 23 Jahren nach. Dieses Projekt wurde von Fachleuten psychologisch begleitet und Mitorganisator Fernando Suazo erklärte, es sei sehr schwierig gewesen, die Unterstützung der LehrerInnen für diese Theateraufführung zu gewinnen. Viele der Gemeinden seien damals von Paramilitärs dominiert gewesen, denen es bis heute mit Einschüchterungsversuchen gelingt, die Bevölkerung unter Kontrolle zu halten. Die Theateraufführung endete mit dem Satz: ,,Dies ist nicht bloss Theater, es ist die Geschichte unserer Familien, die sich nie wiederholen soll und die wir nie vergessen wollen". Am 18. Juli 1982 tötete die Armee in Plan de Sánchez 268 Personen. Gemäss Aussagen von Überlebenden griff das Militär das Dorf eines Sonntagmorgens von zwei Seiten her an, im Laufe des Tages erschien ein Kommando von rund 60 Männern, zusammengesetzt aus Militär, Zivilpatrouillisten, zivilen Denunzianten und vier Gerichtsvollstreckern. Die Frauen und Mädchen wurden zusammengetrieben, misshandelt, vergewaltigt und dann umgebracht. Ältere Frauen, Männer und Kinder wurden an einem anderen Ort ermordet und verbrannt. Am nächsten Tag, als einige DorfbewohnerInnen, die flüchten konnten oder am Vortag nicht im Dorf waren, zurückkehrten, fanden sie die Häuser niedergebrannt. Später kamen Militärkommissare die sie zwangen, die Leichen sofort und am Ort des Geschehens zu begraben. Plan de Sánchez ist nur eines von 626 Massakern, die in Guatemala zwischen 1960 und 1982 begangen wurden. Es ist jedoch das bisher einzige, im Rahmen der Strategie der ,,verbrannten Erde" durchgeführten Massaker, für das sich die Regierung offiziell entschuldigt hat. Guatemala ist das von der CIDH am häufigsten verurteilte Land. Im Zusammenhang mit dem bewaffneten Konflikt hat das Gericht bisher zwölf Fälle verfolgt, 73 weitere Anzeigen liegen noch vor. Zehn Urteile wurden bereits gesprochen, u.a. im Fall der Ermordung der Anthropologin Mirna Mack, des Journalisten Jorge Carpio und des Guerilla-Kommandanten Efraín Bámaca. Nach oben |
Die letzte Woche durchgeführte Zeremonie ist einer von zehn Punkten, die das Urteil der CIDH umfasst. Eine weitere Konsequenz des Richtspruchs ist das Versprechen der Regierung, die Hinterbliebenen mit 8 Mio. US-$ zu entschädigen und ihnen psychologische Hilfe zukommen zu lassen. Über die Herkunft des Geldes für diese Programme ist man sich laut Vizepräsident Eduardo Stein aber noch nicht so ganz im Klaren. Ebenso wenig wurde bisher die Verurteilung der Schuldigen erreicht, obwohl diese z. T. bekannt sind. Dies ist denn auch die Hauptkritik der Hinterbliebenen am Versöhnungsakt. ,,Es ist gut, wenn sie kommen und uns um Verzeihung bitten, aber damit reicht es noch nicht", reklamierte Buenaventura Manuel, einer der Überlebenden des Massakers von Plan de Sánchez. ,,Damit ist noch lange nicht garantiert, dass die Staatsanwaltschaft den Fall wieder aufnimmt und die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden", sind sich andere Gemeindemitglieder einig. Die juristische Klage der Hinterbliebenen ist eine der 22 gegen Ríos Montt, Lucas García und deren militärische Hintermänner gerichteten Klagen, die vom Menschenrechtszentrum CALDH unterstützt und juristisch begleitet werden. Gemäss CALDH-Anwalt Fernando Pérez wurde im letzten Januar der zuständige Staatsanwalt zurückgezogen, seither sei nichts mehr geschehen. Am 20. Juli, zwei Tage nach den Feierlichkeiten, ernannte die Staatsanwaltschaft Hans Aaron zum neuen Staatsanwalt für diesen und ähnliche Fälle (Dos Erres, Río Negro die ,,Militärtagebücher", etc.). Offenbar fühlt sich die Regierung unter Druck gesetzt, es wird nicht als Zufall gewertet, dass die Ernennung von Aaron mit dem Besuch der Sonderbeauftragten Susana Villarán zusammenfällt, ebenso wenig wie es Zufall war, dass just vor der UNO-Menschenrechtssitzung im vergangenen April die Schaffung einer speziell für Kriegsverbrechen und Genozidfälle zuständige Sonderabteilung der Staatsanwaltschaft angekündigt wurde. Auch in Sololá fanden Zeremonien statt, in deren Rahmen der Staat Hinterbliebene von während des Krieges ermordeten Personen um Verzeihung bat. In diesem Fall besuchte der Direktor der Präsidialen Menschenrechtskommission (COPREDEH), Frank LaRue, die Familienangehörigen von José María Ixcayá, der vom Militär im Mai 1981 entführt und ermordet wurde. Im Fall von Perdro García Chic, ebenfalls ein Opfer der Militärrepression im Departement Sololá, wurde in seinem Heimatdorf Argueta ein Denkmal zu seinen Ehren errichtet und von LaRue eingeweiht. |
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