Verbotene Abtreibung und Müttersterblichkeit
Fijáte 342 vom 31. Aug. 2005, Artikel 4, Seite 5
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Verbotene Abtreibung und Müttersterblichkeit
Guatemala, 26. Aug. Aufklärungsund Sensibilisierungkampagnen sind laut Edgar Kestler vom Zentrum für sexuelle und reproduktive Gesundheit die wichtigste und dringendste Massnahme, um illegalen Abtreibungen vorzubeugen. Jährlich sterben in Guatemala über 100 Frauen in Folge einer Abtreibung, weltweit steht diese Todesursache bei Frauen an vierter Stelle. Konkret heisst das gemäss der Weltgesundheitsorganisation WHO, dass jährlich 45 Mio. Frauen sogenannte klandestine Abtreibungen vornehmen lassen, wobei 68'000 daran sterben. Das Problem ist, dass in vielen Ländern die Abtreibung verboten ist, was dazu führt, dass sie im Versteckten und oft unter unhygienischen Verhältnissen durchgeführt wird, was zu Infektionen und zu Blutungen führen kann. Das Tabu und die Illegalität, die über dem Thema schweben, verhindern in vielen Fällen, dass Frauen mit Komplikationen aufgrund einer Abtreibung in professionelle Behandlung gebracht bzw. von ÄrztInnen oder Krankenhäusern aufgenommen werden. In Quetzaltenango wurde kürzlich ein Arzt zu einer Gefängnisstrafe von acht Jahren und neun Monaten verurteilt, weil er eine tödlich endende Abtreibung an einer jungen Frau vorgenommen hat. Dieses Urteil ist insofern interessant, da es die Doppelmoral aufzeigt, mit der das Thema Abtreibung behandelt wird. Oftmals verweigern nämlich ÄrtztInnen in den Spitälern den Frauen ihre Unterstützung, um dann in irgend einem Hinterzimmer ihrer Privatkliniken und für teures Geld die Abtreibung vorzunehmen. Ebenfalls widerspricht dieses Urteil dem Vorurteil, es seien vor allem die (traditionellen) Hebammen, welche Abtreibungen realisieren würden. Kestler sieht in der sexuellen Aufklärung das Werkzeug, um dem Problem zu begegnen. In erster Linie gehe es darum, unerwünschte Schwangerschaften zu verhindern, und dazu brauche es Aufklärung. Eine solche Aufklärungskampagne wird zur Zeit vom Gesundheitsministerium in Koordination mit dem Präsidialen Frauensekretariat SEPREM in einigen Departements des Landes durchgeführt. Aber auch Frauen die gebären, sind gesundheitlichen Risiken ausgesetzt. Guatemala ist das Land mit der zweithöchsten Müttersterblichkeitsrate in Zentralamerika. Gemäss einem Bericht der Koordinationsinstanz für Gesundheit und Entwicklung von Frauen hat die Müttersterblichkeit in sieben Departements zugenommen, dazu gehören Tontonicapán, Izabal, Sololá, die Verapaces, Huehuetenango und Quiché. Nach oben |
Der Landesdurchschnitt sind 153 Todesfälle der Mütter auf 100'000 Geburten, in diesen Departements steigt die Anzahl auf über 200. Gemäss Statistiken sterben 53% der Frauen an Blutungen, 14% an Infektionen, 12% an überhöhtem Blutdruck und 10% an Aborten. Auch die Vertreterinnen der Koordinationsinstanz sehen in der Aufklärung den ersten und wichtigsten Schritt zur Senkung der Müttersterblichkeit. Viele Frauen, vor allem in ländlichen Gegenden, würden sich keine Erholungsphasen zwischen den Schwangerschaften leisten (können), da ihre Partner auf ein nächstes Kind drängten. Um dem entgegenzuwirken, müssten die Frauen erst auf ihr Recht auf freie Entscheidung pochen lernen. Verhütung und Familienplanung betreffe aber nicht nur die Frau, sondern auch den Mann, weshalb mit der Aufklärungsarbeit in Schulen und mit religiösen Persönlichkeiten begonnen werde, damit diese das Thema in ihren Kirchen ansprechen. Das erklärte Ziel der Regierung Berger ist, die Müttersterblichkeit um 15% zu verringern. Dazu braucht es finanzielle Mittel, wie von der 27 Organisationen umfassenden Koordinationsinstanz anlässlich der öffentlich geführten Debatte ,,Finanzierung der reproduktiven Gesundheit: eine Priorität für die Sozialpolitik", an der AkademikerInnen, ÄrztInnen, Kongressabgeordnete und Leute vom Gesundheitsministerium teilnahmen, gefordert wurde. Laut Rebeca Guizár von der Koordinationsinstanz heisst es im Regierungsbeschluss 366-2004, dass 15% der Einnahmen aus den Alkoholsteuern in Aufklärungs- und Familienplanungsprogramme fliessen sollen, Geld, dessen Schicksal bislang unbekannt sei. Um wieviel Geld es genau geht, darüber ist man sich uneinig. Guizár rechnet, dass die 15% rund 53 Mio. Quetzales sind, Alejandro Silva vom Gesundheitsministerium spricht von Q 32 Mio. Tatsache ist, dass es, wie die steigende Müttersterblichkeit beweist, zuwenig oder falsch angelegt ist. |
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