guatemala.de > Guatemalagruppe Nürnberg e. V. > Fijate
Fijáte
 

Auslieferungsantrag von Alfonso Portillo in die Wege geleitet

Fijáte 340 vom 03. Juli 2005, Artikel 3, Seite 4

PDF Original-PDF 340 --- Voriges Fijáte --- Artikel Nr. 1 - 2 - 3 - 4 - 5 - 6 - 7 - 8 --- Nächstes Fijáte

Auslieferungsantrag von Alfonso Portillo in die Wege geleitet

Portillos FRG-Kollegen, darunter der Parteivorsitzende Ríos Montt und Fraktionschef Arístides Crespo, sind der Meinung, dass sich der Angeklagte zwar der Justiz stellen müsse, politisch stelle das ganze Unterfangen jedoch ein geschicktes Manöver dar, um die Aufmerksamkeit der Bevölkerung von anderen virulenten Problemen abzulenken. Politanalyst VGEnrique ÁlvarezNF stellt seine Kritik in einen weiteren Rahmen: Der schlimmste Gefallen, der der schwachen und ineffizienten Justiz in Guatemala gemacht werden könne sei, Erwartungen und Illusionen zu wecken, die schwer erfüllbar seien. Das Justizwesen habe bereits zuviel Ansehen verloren, um weiterhin als Instrument öffentlicher Meinungsmache dienen zu können. In Ex-Präsident Portillo konzentrieren sich viele der Frustrationen, unter denen zahlreiche GuatemaltekInnen leiden. Viele davon sind Produkt des politischen Systems, das wie ein Markt aufgebaut ist. In diesem muss man sich, um gewählt zu werden, in einen wahren Verkäufer von Illusionen verwandeln, von denen es egal ist, ob sie erfüllt werden können oder nicht. Denn, wie Alvarez sagt "Wir haben eine Art sadomasochistischer Beziehung zu den Wahlkampagnen entwickelt, und finden fast Gefallen daran, den Frust danach zu erleben und festzustellen, dass all das Angebotene nicht erfüllt werden wird ­ der Grossteil davon, weil er überhaupt nicht erfüllbar ist. Und wir bereiten uns darauf vor, hoffnungsvoll die neuen Heilsverkünder zu hören, die uns in der nächsten Kampagne mit wenig Kreativität die Angebote erneuern, Träume zu erfüllen, von denen wir bereits wissen, dass sie unerreichbar sind." Ex-Präsident Portillo habe sich in eine Spezie von Katalysator verwandelt. Dank der kräftigen Hilfe durch die Presse erscheine der Wunsch, ihm den Prozess zu machen und ihn zu verurteilen als das leidenschaftlichste Ziel der Bevölkerungsmehrheit. Und in dieser Art legalem Lynchprozess scheine es von geringer Bedeutung zu sein, auf rechtlichem Wege seine direkte Beteiligung an den VGKorruptionsaktenNF zu beweisen, die ihm in generalisierter Form zugeschrieben wird. All dies leugne nicht, dass zahlreiche Personen, mit denen sich der Ex-Präsident umgab, schon eine lange Liste von Verdächtigungen bezüglich wenig klarer wirtschaftlicher Aktivitäten fülltten. Kurz nach seinem Amtsaustritt sei eine wahre Kloake von Hinterziehungen, Unterschlagungen und dreister Diebstähle aufgedeckt worden. Es handle sich also nicht darum, "die Sonne mit einem Finger zu verdecken" wie das Sprichwort so schön sagt, sondern darum, reale Möglichkeiten aufzutun, Portillo auszuliefern und in Guatemala vor Gericht zu führen. Diesbezüglich scheine, so Álvarez, das Vorgehen der Staatsanwaltschaft nicht wirklich angemessen. In erster Linie imponiere die politische Show, die aus dem Haftantrag gemacht werde. Die elementaren Vorsichtsmassnahmen in solchen Fällen besagten, dass, wolle man wirklich jemanden festnehmen, es das Beste sei, die Aufmerksamkeit der Person hinsichtlich dieser Möglichkeit nicht zu wecken, um zu verhindern, dass sie die Festnahme zu verhindern versuche. Am ratsamsten sei es also, eine solide Anklage zu stellen und nur, wenn es unbedingt nötig sei oder der Erfolg so gut wie sicher, diese zu veröffentlichen. Das bisherige Vorgehen der Staatsanwaltschaft, wie es von den Medien bekannt gemacht würde, entspreche diesem Ratschlag in keiner Weise. Es bleibe der Eindruck, man habe vor, Alfonso Portillo den Prozess zu machen, einzig wegen der Überweisungen an den Präsidialen Generalstab (EMP). Doch dieser Anklagepunkt sei insofern schwach, weil Portillo in Ausübung seines Amtes und den diesem inhärenten Rechten handelte. Über die Billigung einer Überweisung hinaus, eine Routine übrigens für einen Staatsmann, müsse vielmehr der Missbrauch dieser Fonds belegt werden und dabei speziell die Beteiligung Portillos daran, was eher schwierig sein wird. Dabei hat die Staatsanwaltschaft durchaus eine beachtliche Präsenz in den Medien erreicht, was jedoch nicht ausschliesst, dass sich der Ex-Präsident verteidigen wird, in dem er sich zum Opfer politischer Verfolgung macht, woraufhin Mexiko den Auslieferungsantrag nicht weiterverfolgt und die Justiz und das Volk Guatemalas sich wieder einmal zum Gespött machen lassen.


PDF Original-PDF 340 --- Voriges Fijáte --- Artikel Nr. 1 - 2 - 3 - 4 - 5 - 6 - 7 - 8 --- Nächstes Fijáte