UN-Fortschritt in Sachen gewaltsamen Verschwindens
Fijáte 344 vom 28. Sept. 2005, Artikel 8, Seite 6
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UN-Fortschritt in Sachen gewaltsamen Verschwindens
Guatemala, 20. Sept. (Kommuniqué der Gruppe gegenseitiger Hilfe GAM) ,,Das gewaltsame Verschwinden von Personen ist ein Phänomen, das Lateinamerika in ganz besonderer Weise betroffen hat, dort, wo mehr als 100.000 Fälle von Verschwundenen während der letzten 40 Jahre registriert wurden. In einigen der Länder wird diese Praxis immer noch angewendet, so in Mexiko und in Kolumbien, zudem in vielen Ländern Afrikas und Asiens. Derzeit werden die meisten Fälle von gewaltsamem Verschwinden in Asien gezählt. Das gewaltsame Verschwinden ist ein Verbrechen, das weltweit als Verbrechen gegen die Menschlichkeit gilt, unabhängig von Zeit und Ort. Deswegen braucht es dafür eine Internationale Konvention von Seiten der Vereinten Nationen, welche den Einsatz einer oder eines Sonderbeauftragten ermöglicht, die/der lokale Überprüfungen hinsichtlich des Fortschritts von Ermittlungen in Fällen gewaltsamen Verschwindens realisiert. Im Fall Guatemalas haben wir Familienangehörigen von illegal Festgenommenen und Verschwundenen, die wir uns in der Gruppe gegenseitiger Hilfe (GAM) zusammengetan haben, ein besonderes Interesse an einer solchen Konvention, ist es doch Guatemala, dieses kleine zentralamerikanische Land, dass weltweit mit 45´000 verschwundenen BürgerInnen die höchste Anzahl an Fällen vorweist. Bislang haben die Autoritäten die Ermittlungen in keinem einzigen Fall in die Wege geleitet, niemand ist bestraft worden und obwohl die Namen von vielen materiell Verantwortlichen bekannt sind, geniessen diese Freiheit, Macht und Reichtum. Eine UN-Konvention könnte sich zu einer Art Sicherheit verwandeln, dass es in Guatemala kein gewaltsames Verschwinden mehr geben, dass der Verbleib der 45´000 verschwundenen Personen aufgeklärt würde und Strafermittlungen gegen die Verantwortlichen in Gang kämen. In diesen Tagen findet in Genf das Arbeitsgruppentreffen zum gewaltsamen Verschwinden statt, bei dem ein Schlussbericht verfasst wird, der zur Billigung der UN-Menschenrechtskommission vorgelegt werden soll. Bei diesem Treffen nehmen Angehörige von verschwundenen Personen aus allen Ländern des amerikanischen Kontinents, aus Asien und Afrika teil. Es sei daran erinnert, dass just auf dem ersten Lateinamerikanischen Kongress von Angehörigen von Verschwundenen in San José, Costa Rica, im Januar 1981, bereits die Idee aufkam, dass es notwendig sei, ein neues Gesetz oder ein Internationales Instrument zu schaffen, um die Praxis des gewaltsamen Verschwindens zu verbieten und zu sanktionieren. Nach oben |
Ein erster Entwurf für eine entsprechende Konvention wurde ein Jahr später vorgelegt. Dennoch dauerte es Jahre, bis in den 90ern die Interamerikanische Konvention gegen das gewaltsame Verschwinden und die UNOSchutzdeklaration für alle Personen gegen das gewaltsame Verschwinden verabschiedet wurden. Die letzte Arbeitsetappe begann 1998 mit der Billigung einer Internationalen Konvention und der Erarbeitung einer Studie, die die Notwendigkeit einer neuen Konvention stützte. Schliesslich begann 1993 die endgültige Redaktionsarbeit. Die jetzigen Arbeitstreffen stellen die letzten fünf von allen Sitzungen dar; die Familienangehörigen haben derweil am ganzen Prozess aktiv teilgenommen. Wir vertrauen darauf, dass es bis zum 23. September einen definitiven Konsenstext gibt, der 2006 der Menschenrechtskommission präsentiert wird. Ohne ins Detail des Dokumentes gehen zu wollen, das alle Aspekte des gewaltsamen Verschwindens behandeln sollte es ist die Rede davon, dass der Schlusstext 45 Artikel umfassen wird ist es wichtig, die grundlegenden Prinzipien, auf die man sich geeinigt hat, hervorzuheben: Es gibt eine klare Definition des Gewaltsamen Verschwindens, in der deutlich die staatliche Verantwortung benannt wird und die Verantwortung, das Verbrechen zu bestrafen. Die Länder werden in ihre nationalen Gesetzgebungen dieses Verbrechen inklusive schwerer Sanktionen aufnehmen müssen. Unter gewissen Umständen stellt es ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit dar und gilt stets als ein fortdauerndes Delikt. Die Angehörigen und Nahestehenden werden ebenfalls als Opfer betrachtet und es gibt ein klares Recht auf Wahrheit. Das Recht auf Information über eine auf irgendeine Weise festgenommene Person kann nicht suspendiert werden und die geheime Festnahme ist verboten. Die Familienangehörigen haben das Recht darauf, sich zu organisieren und der Staat ist zur Entschädigung verpflichtet. Letzten Endes hat es viele Versuche gegeben, den Konventionstext abzuschwächen, aber laut Meinung aller ist es dennoch ein sehr wichtiges Dokument für den Kampf gegen das gewaltsame Verschwinden. In Guatemala ist zwar bereits das gewaltsame Verschwinden von Personen im Strafkodex enthalten, doch dieser kann aufgrund des rückwirkenden Charakters des Gesetzes nicht angewendet werden. Nach Ansicht der GAM sollte sich der guatemaltekische Staat an der Unterstützung der Konvention beteiligen, damit diese Verbrechen nirgendwo auf der Welt wiederholt werden." |
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